1470 - Der Arzt von Angermaddon
gerade mir das passieren?
Er hatte Mühe, sich zusammenzureißen. Die anziehende Fremdartigkeit Junicis wühlte Erinnerungen in ihm auf, die er in letzter Zeit mit Erfolg verdrängt hatte, Erinnerungen an Demeter, seine geliebte Frau, die der Tod ihm aus den Hängen gerissen hatte.
Er versuchte, sich aus der einseitigen Umarmung zu lösen, aber Junici hielt fest. Er wollte in ihrem Gesicht lesen, aber es gelang ihm nicht. „Du brauchst Hilfe. Da kommt Pfrachom!" verstand er. „Pfrachom!"
Sie ließ ihn endlich los, und er eilte auf den Cantaro zu, der ihn barsch am Handgelenk packte. Er rief der Artgenossin ein paar Dankesworte zu und machte sich mit seinem Schutzbefohlenen auf den Rückweg. „Da hat General Xattur mir etwas eingebrockt", murmelte er. „Ich werde in Zukunft etwas besser auf dich aufpassen müssen!"
Michaelson folgte ihm schweigend zurück in die Nordstadt. An Pfrachoms Stelle wäre er da nicht so sicher gewesen. Intelligenzwesen ohne Erinnerungsfähigkeit waren unberechenbar. Um ihrer völlig sicher zu sein, mußte man sie einsperren.
Aber gerade das hatte der General im bezug auf Michaelson verboten.
Er ließ sich von Pfrachom in die Klinik zurückbringen, wo robotische Pfleger ihn auf sein Zimmer führten.
Er warf sich in seinem Umhang auf das Bett und schloß die Augen.
Was sind die Cantaro nur für Wesen? fragte er sich und dachte an all das, was er bisher über sie wußte: Von Daarshol und von Shoudar, von den Widdem und schließlich von Tebye Garnoda.
Und je länger er sich mit diesen Gedanken befaßte, desto überzeugter war er, daß sie die Antwort auf alle Rätsel in Amagorta fmden würden.
Ihre Mission auf Angermaddon durfte zu keinem Fehlschlag werden
10.
Xattur hatte sich an den Anblick des Robot-Eis gewöhnt. Er stand im Hintergrund unter der Tür, während der Vario sich an dem Terminal zu schaffen machte. Er hatte mehrere Steuersegmente freigelegt und variierte mit ihrer Hilfe die Projektoren der energetischen Felder, die den Hauptbestandteil eines syntronischen Systems bildeten. Neben ihm auf dem Boden lag ein graues, faustgroßes Gebilde: Der Unterbrecher für das Log, den der Vario im Innern seines Körpers gebaut hatte.
Xattur beobachtete das rhythmische Schwingen der ausgefahrenen Tentakel, das jedesmal dänn entstand, wenn der Roboter eine neue Bewegung ausführte. Meistens war es so, daß die Tentakel gleichzeitig im Einsatz waren, und einmal fuhr das Ei sogar den Ortungskopf aus und beobachtete da's Ergebnis seiner Arbeit mit Hilfe der Sehlinsen.
Irgendwann, nach über einer Stunde, zog der Vario die Tentakel ein Stück zurück und schwebte über das Terminal, wo er hängenblieb. „Ich werde den Unterbrecher jetzt einschalten", erklärte er auf cantarisch und mit monotoner Stimme. „Ziehe dich vorsichtshalber zurück.
Ich habe den Vorgang zwar fest im Griff, aber es kann immer noch sein, daß sich spontane Sicherheitsmechanismen aktivieren und mir einen Strich durch die Rechnung machen.
Im schlimmsten Fall zerstört sich das Terminal selbst, und ich will dein Leben nicht gefährden, deshalb meine Bitte."
Xattur zog sich wortlos in den angrenzenden Raum zurück und wartete. Er verzichtete darauf, seine Module zu Hilfe zu nehmen und Taststrahlen in den Nebenraum zu schicken. Er befürchtete, daß sie den Vorgang beeinflussen könnten, und er hatte recht damit.
Die Arbeit des Vario ging geräuschlos vor sich. Der Roboter schirmte jede Art von Lärm und Emission ab. Xattur erschrak deshalb, als nach einiger Zeit der Schatten des Eies unter der Tür erschien und ihn der Ortungskopf anblickte. „Entwarnung", verkündete die Stimme, der jede kokonspezifische Modulation fehlte. „Du kannst beruhigt zurückkehren. Gibt es Nachricht von Michaelson?"
„Nein. Pfrachom Wird noch auf der Suche nach ihm sein."
„Dieser Narr," Tebye Garnoda hatte rasch herausgefunden, mit welchem Medikament und welcher Dosis Michaelson in den Zustand der suspendierten Animation versetzt worden war. Er hatte das Gegenmittel besorgt und den Zustand rückgängig gemacht. Michaelson hatte sich innerhalb weniger Minuten erholt. Er hatte die Gelegenheit zu intensiven Bewegungsübungen benutzt, und danach hatte Garnoda ihn auf seine Weise präpariert. Michaelson galt danach als völlig gesund, nur konnte er sich an nichts erinnern. Er hätte dies tatsächlich nicht gekonnt, wenn nicht der Zellaktivator gewesen wäre. Mit seiner Hilfe gelang es dem Patienten, sein Gedächtnis in
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