Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1472 - Wahnsinn in Manhattan

1472 - Wahnsinn in Manhattan

Titel: 1472 - Wahnsinn in Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
hat mit Ihnen nicht über das Stück gesprochen?« fragte ich.
    »Das ging nicht, Mr. Sinclair. Sie ist ja nicht zurückgekommen. Susan hat sich nach ihrem Theaterbesuch vor drei Tagen nicht mehr bei uns sehen lassen.«
    »Haben Sie sich deswegen keine Sorgen gemacht?«
    »Nein, habe ich nicht. Es kommt immer wieder mal vor, dass einer von uns länger wegbleibt. Das ist nun mal so. Wir sind ja hier nicht im Knast.«
    »Hat sie denn angedeutet, dass sie länger wegbleiben könnte?«
    »Nein, hat sie nicht.« Dora Caine schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Kann sein, dass sie einen Typ getroffen hat und bei ihm hängen geblieben ist. Das ist alles möglich.«
    »Klar, Sie haben recht.«
    »Und mehr kann ich Ihnen wirklich nicht sagen.« Dora drehte sich mit einer schnellen Bewegung um. Sie verließ das Zimmer, in dem Suko und ich noch für einen Moment zurückblieben.
    Begeistert waren wir nicht. Darüber brauchten wir nicht erst zu sprechen, das sah man unseren Gesichtern an, die einen nicht eben fröhlichen Ausdruck zeigten.
    Aber dann hörten wir den überraschten Ruf aus einem der vorderen Zimmer. Es war Doras Stimme, und es blieb nicht bei diesem Laut der Überraschung.
    »Da bist du ja, Susan!«
    Genau das war unser Stichwort. Diesmal meinte es das Schicksal gut mit uns.
    Aber wir rannten nicht wie die Wilden los, sondern schlichen durch das zweite Zimmer, um in das erste hineinschauen zu können.
    Vor der Tür stand tatsächlich die junge Frau im hellen T-Shirt und dem geblühtem Rock…
    ***
    Zum ersten Mal sahen wir sie aus der Nähe und stellten fest, dass sie noch recht jung war. Knapp über zwanzig Jahre. Aber ihr Outfit entsprach nicht dem, was andere Frauen in ihrem Alter trugen. Sie wirkte ein wenig bäuerlich. Das helle T-Shirt war schon angeschmutzt, und auch die hellen Blumen auf dem wadenlangen Rock wiesen einige Flecken auf.
    Susan Walters hatte ein rundes Gesicht. Ihr Haar zeigte eine dunkelblonde Farbe, und der Schnitt war auch nicht eben modern zu nennen. Die Augen lagen starr in den Höhlen. Sie sah aus, als wäre sie nicht recht bei der Sache.
    Eigentlich hätten wir uns jetzt zeigen müssen, aber irgendetwas hielt uns davon ab, und so warteten wir ab, wie sich die beiden Frauen verhielten. Ob bewusst oder unbewusst, jedenfalls tat uns Dora Caine einen Gefallen, indem sie uns nicht verriet und ihre Mitbewohnerin erst einmal leise ansprach.
    »Was ist denn mit dir, Susan? Du bist plötzlich wieder da?«
    »Wie du siehst.«
    »Und wo bist du gewesen?«
    Susan schüttelte den Kopf. »Das ist egal.«
    »Warum willst du es nicht sagen?«
    »Du würdest es nicht verstehen.«
    Wir hörten die Neugierde aus Doras nächster Frage. »Hast du denn das Theaterstück gesehen, von dem du erzählt hast?«
    »Klar.«
    »Und wie war es?«
    Susan überlegte nicht sehr lange. »Es ist einfach phänomenal gewesen. Es war wunderbar. Wer es sich ansieht, lernt völlig neue Dinge kennen. Der kann hinüberschweben in eine andere Welt, dem werden die Augen geöffnet.«
    »Und was hast du gesehen?«
    Für einen Moment fingen Susans Augen an zu strahlen. »Den Tod«, antwortete sie flüsternd, »ich habe den Tod gesehen. Ich weiß jetzt, wie er aussieht. Er ist etwas Besonderes. Er hat eine große Macht, und er beherrscht Manhattan. Er hat sogar die Freiheitsstatue umgekippt. Sie ist zerbrochen und der Kopf ist abgefallen. Der Tod hat gezeigt, wer die wahre Macht in den Händen hält.«
    »Und er hat dir nichts getan?«
    »Nein. Aber er hat mich mitgenommen.«
    »Sag bloß.« Dora konnte nur staunen. Es war zu sehen, dass sie eine Gänsehaut bekam. »Wohin denn?«
    »In seine Welt. In ein besonderes Reich. In eine Welt der Bilder und Versprechungen. Der Tod ist für mich ein wunderbarer Begleiter geworden. Er hat mich mit seinen Knochenfingern berührt. Ich wäre gern mit ihm ins Jenseits gegangen, aber das wollte er nicht. Dafür hat er mir die Welt gezeigt, wie er sie sich vorstellt. Es ist einfach wunderbar gewesen. Ich habe mich wahnsinnig gefreut.«
    »Und du hast keine Angst gehabt?« flüsterte Dora.
    »Zuerst schon«, gab Susan zu. »Dann nicht mehr. Er hat mir ja nichts getan, verstehst du?«
    »Nein.«
    Susan Walters lächelte. »Es ist schön gewesen. Ich habe durch ihn gespürt, wie stark ich wurde. Er zeigte mir die Welt, wie sie mal sein wird. Noch ist alles Theater, noch hat er es als Spiel aufgezogen, aber er schafft es, die Bilder oder die Kulissen lebendig werden zu lassen. Die Bühne wird

Weitere Kostenlose Bücher