1491 - Im Schloss der Hexen
genau damit öffnete sich das Fenster!
***
Es war ein Strudel!
Ein roter, gelber und schwarzer Strudel, der um das Kreuz herum tanzte. Ich wunderte mich über mich selbst, dass ich noch auf dem Fleck stand und nicht zurückwich.
Aber ich hielt durch und schaute plötzlich in diesen wirbelnden Farbenwirrwarr hinein. Es war dort ein Bild zu erkennen. Ich hatte ein Tor geöffnet, ich sah eine riesige Treppe und eine dunkelhaarige Frau darauf, die ein langes Kleid trug, das an der Rückseite wie eine Schleppe über die Stufen schleifte.
Die Frau ging die Treppe hoch, und sie hielt mit den Fingern der linken Hand den Griff eines Messers mit einer sehr langen Klinge umfasst, deren Spitze blutig gefärbt war.
Das Ziel dieser mir unbekannten Frau war klar. Sie wollte die breite Tür erreichen, die am Ende der Treppe lag. Bis dorthin allerdings kam sie nicht. Vorher drehte sie sich mit einer sehr scharfen Bewegung um.
Der Wirrwarr aus Farben störte mich nicht mehr. Ich schaute direkt in ihr Gesicht. Wie es aussah, darüber hatte ich mir zuvor keine Gedanken gemacht. Nach der langen und gefährlichen Waffe in ihrer Hand zu urteilen, hätte es böse und gefährlich aussehen müssen, vielleicht auch verzerrt und mordgierig.
Es traf nichts von dem zu. Welche Züge, ein fast schon ungewöhnlich schönes Frauengesicht, das auch mich anstarrte, denn jetzt sahen wir uns beide.
Es waren Sekunden der Entscheidung, die vor uns lagen. Jeder spürte, dass sich hier zwei Feinde gegenüberstanden. Sogar sehr nahe und trotzdem weit voneinander getrennt.
Im nächsten Augenblick veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Zuerst zuckte der Mund, einen Moment später wurde er weit aufgerissen. Der Blick nahm einen bösen Ausdruck an. Ich rechnete zudem mit einem lauten und wütenden Schrei, aber ich vernahm nichts.
Es stand für mich fest, dass in diesen Augenblicken für uns beide die Welt zum Stillstand gekommen war. Hier gab es die Brücke zwischen den beiden Dimensionen, die auch weiterhin vorhanden blieb, aber zugleich für eine Bewegung sorgte, die mich wiederum überraschte, denn ich hatte damit gerechnet, dass die Person ihren Weg über die Treppe hinweg auf die Tür fortsetzen würde.
Sie tat es nicht. Dafür schüttelte sie sich und hob zugleich den rechten Arm mit dem Messer an. Es war wie eine Taktvorgabe, denn in die starre Szene kam Bewegung.
Die Treppe verschwamm vor meinen Augen. Für einen winzigen Zeitraum schwebte die Frau im langen Kleid in der Luft, aber sie war nicht mehr allein. Ein kleines Mädchen mit blonden Haaren, die einen Stich ins Rötliche hatten, war bei dieser Hexe zu sehen.
Mit der freien Hand wurde es festgehalten. Ich hätte gern den Ausdruck in seinem Gesicht gesehen, was nicht möglich war, denn die Hexe zog es mit einem heftigen Ruck zu sich heran und wollte damit wohl dokumentieren, zu wem das Kind gehörte.
Ich befürchtete, dass die lange Klinge ein menschliches Ziel treffen könnte, was glücklicherweise nicht eintrat, denn die schwarzhaarige Frau und das Mädchen wandten sich von mir ab und drehten mir den Rücken zu.
Sie schritten die Treppe hoch, um die breite Tür zu erreichen. Was da passieren würde, war nur zu ahnen. Sie stießen die Tür noch nicht auf. Es passierte etwas ganz anderes, womit ich nicht gerechnet hatte. Wieder erschienen die Farben, die sich allerdings blitzschnell veränderten und zu einer wahren Feuersbrunst wurden.
Aus dem Nichts entstand eine Schlange aus Flammen, die dann die Treppe herabjagte und uns als Ziel hatte.
War das Feuer echt oder nicht?
Ich wollte es nicht darauf ankommen lassen.
Als ich das Fauchen der Flammen vernahm und einen ersten Wärmestoß verspürte, da wusste ich Bescheid, dass die Normalität wieder Einzug gehalten hatte. Das verdammte Feuer war echt, und es fuhr auf mich zu.
Als mir dies klar wurde, warf ich mich herum. Ich sah Suko und die kleine Evi an der Tür der Hütte stehen und schrie meinem Freund zu: »Weg mit dem Kind!«
Suko reagierte sofort. Er warf sich nach rechts und schnappte sich die Kleine. Mit einem Ruck hob er das Mädchen hoch, drehte sich um und lief nach draußen.
Auch ich fing an zu rennen und stürmte ebenfalls aus der Hütte nach draußen.
Dort stolperte ich weiter, verfolgt von den Blicken der Besucher, die sich keinen Reim auf mein Benehmen machen konnten und verwundert den Kopf schüttelten.
Sekunden später sahen auch sie das Feuer in der Hütte, das sich ausgebreitet hatte. Ich erlebte, dass es kein
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