15 - Geheimagent Lennet und das Kommando Sonderurlaub
einfache Funkkontakte.
Petitluron hatte offensichtlich von all dem keine Ahnung. Als Verdächtige kamen nun noch Loiseau, Anastase, Marais und...
ihr Mittelsmann in Frage: derjenige, der Sokrates' Stimme nachahmte. Wer war dieser Mittelsmann? War es vielleicht zufällig eine Frau, von der Lennet heute nachmittag so viel gehört hatte...? Es war fast elf Uhr, als die beiden FND-Leute aus dem Lieferwagen stiegen und zu Marais' Haus schlichen.
Hinter den Fenstern brannte kein Licht mehr. Der Professor und seine Tochter waren anscheinend schon zu Bett gegangen, und die Geister befanden sich wohl im Streik! Ohne die »Gorillas" hinter den Büschen zu beachten, näherten sich die beiden dem Haus. Genau wie am Vorabend erstrahlte plötzlich eines der Fenster in grellem Licht. Der Umriß eines kahlköpfigen Mannes wurde sichtbar. Er trug einen Lorbeerkranz und war in eine lange weiße Toga gehüllt.
»Julius Caesar!« rief Lennet überrascht und rannte zu dem Fenster. War das denn die Möglichkeit? Julius Caesar zwinkerte ihm mit dem linken Auge zu.
In diesem Augenblick fielen drei Schüsse. Der Schütze befand sich hinter Lennet, aber er schien es weniger auf den jungen Agenten als vielmehr auf den alten Kaiser abgesehen zu haben.
Ein Glasviereck nach dem anderen zersplitterte in dem unterteilten Fenster, das erste in Höhe von Caesars Kopf, das zweite in Brusthöhe, das dritte schließlich vor seinem Bauch.
Doch die Schüsse schienen auf Caesar nicht den geringsten Eindruck zu machen - vielleicht, weil Feuerwaffen zu seiner Zeit noch nicht erfunden worden waren. Oder Caesar war als Geist unverletzlich. Wie dem auch sei, als Lennet am Fenster angelangt war, zwinkerte ihm der Kaiser erneut zu, als ob er ihm sagen wollte: Nicht wahr, du und ich, wir wissen, daß mir nichts geschehen kann! Dann verschwand er. Lennet wandte sich um.
Hinter ihm hatte sich Dupont flach auf die Erde geworfen.
Lennet, der nicht bewaffnet war, suchte in einem Winkel der Terrasse Schutz, um sich von dem Schreck zu erholen. Aber er fühlte sich im Grunde nicht bedroht. Seiner Meinung nach waren die Schüsse auf Caesar und nicht auf ihn und seinen Begleiter gerichtet gewesen. In den Büschen wurden Stimmen laut. Lennet vermutete, daß einer der »Gorillas" hysterisch geworden war, was man ja auch recht verstehen konnte. Nach einer Viertelstunde verließ der Agent sein Versteck, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und marschierte geradewegs auf Dupont zu.
»Julius Caesar!« schrie Lennet. Im nächsten Moment fielen drei Schüsse
»Ich glaube, man hat nicht auf uns geschossen. Gehen wir also weiter.«
»In Ordnung, Herr Leutnant.« Der Sergeant steckte seinen Revolver wieder ein. Für ihn war es schon ein bißchen beunruhigend, sich so offen einem im Gebüsch verborgenen Schützen zu präsentieren. Doch es geschah nichts weiter. Lennet schloß die Haustür mit seinem Schlüssel auf und ging als erster hinein. Absolute Stille empfing sie. Hatten Silvia und ihr Vater denn die Schüsse nicht gehört, oder waren sie etwa schon wieder eingeschlafen? Dupont schaltete seine Taschenlampe ein, und Lennet führte ihn in die Bibliothek. »Das ist der Tisch", flüsterte er.
»Hier werden wir sicherlich den Sender, beziehungsweise den Empfänger finden, Herr Leutnant", meinte der Techniker.
Und wahrscheinlich auch einen kleinen Motor, der die Tischplatte antreibt, dachte Lennet.
Dupont hob den Tisch am Sockel hoch, schüttelte ihn hin und her und preßte sein Ohr gegen die Platte. Er runzelte die Stirn und stellte das Möbelstück wieder zurück auf den Boden. Dann öffnete er seine Werkzeugtasche und entnahm ihr ein rundes Instrument, das mit kleinen Lampen versehen war. Damit untersuchte er gründlich den ganzen Tisch, anschließend alle Wände, wobei er auf eine Bibliotheksleiter stieg. Seine Bemühungen blieben jedoch ergebnislos. Wäre nur eine einzige elektronische Anlage vorhanden gewesen, hätten die Lampen aufgeleuchtet. Nun, da er nichts gefunden hatte, ging er zum Tisch zurück und machte sich daran, den Verbindungsbolzen zu lösen und den Sockel abzumontieren. Das kostete Zeit und auch einige Schweißtropfen, aber es gelang ihm schließlich, Sockel und Platte zu trennen. Lennet schaute ihm dabei über die Schulter und hoffte, daß gleich ein Hohlraum im Sockel oder unter der Platte sichtbar werden würde, in dem der Motor oder der Sender verborgen waren. Doch nichts.
Dupont, der auf dem Boden kniete, hob den Kopf und
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