15 Gruselstories
wie die beiden lieben Königskinder nicht zueinanderkommen konnten«, sagte er. »Also: bon voyage und so weiter, und so weiter …«
»Du machst einen recht fröhlichen Eindruck.«
»Warum auch nicht?«
»Haben das Dr. Fosters Beruhigungstabletten bewirkt?«
Sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Eigentlich weniger. Nachdem ich ihm die Geschichte erzählt hatte, hat er sich sein Sprüchlein mit Tabletten, Ruhe, Erholung und Entspannung gleich gespart und mich sofort zu – na, du weißt schon, zu wem – geschickt. Er heißt Patridge. Hast du schon von ihm gehört?«
Das hatte ich. »Der ist in Ordnung«, nickte ich.
»Er soll so etwas wie eine Kapazität auf seinem Gebiet sein«, sagte Joe und verfiel in kurzes Schweigen. Dann murmelte er: »Nun ja – ich will dich nicht aufhalten –«
»Fühlst du dich wirklich gut?« fragte ich eindringlich.
»Aber sicher! Mir geht es großartig! Ich war auch schon bei dem Wunderdoktor. Einiges, was er von sich gibt, ist sehr einleuchtend. Ich glaube, daß mein Geist doch wohl etwas verwirrter ist, als ich annahm. Wie dem auch sei: Ich werde ab sofort zweimal wöchentlich zu ihm hinmarschieren. Der Himmel mag wissen, für wie lange! Gott sei Dank macht er das Ganze nicht so spannend, wie ich befürchtet hatte. Keine Spur von diesem berühmten Auf-der-Couch-liegen-und-entspannen. Er erzielt wirklich Erfolge.« Er zögerte kurz, ehe er fortfuhr. »Ich meine, ich war doch erst zweimal bei ihm – und sie ist schon verschwunden. Ist das nichts?«
»Der Schatten ist verschwunden?«
»Der Schuldkomplex ist verschwunden.« Er lächelte. »Du siehst, daß ich mich schon mit dem Psychiater-Kauderwelsch auskenne. Wenn du zurückkommst, habe ich mich in einen perfekten Psychiater verwandelt. Vielleicht sollte ich den Beruf wechseln. Nun ja. Mach’s gut, alter Knabe, und laß bald von dir hören.«
»Das werde ich«, murmelte ich. Mir blieb keine Zeit, mehr zu sagen, denn der Abflug meiner Maschine wurde bekanntgegeben.
In San Francisco mußte ich in die Maschine nach Manila umsteigen. Von Manila flog ich nach Singapur und von dort aus direkt in die Hölle.
Es war so heiß und prasselnd, wie es nur im Herzen der Hölle sein kann. Es gelang mir zwar, einige Meldungen an meinen Chefredakteur durchzugeben, aber ich hatte keine Möglichkeit, mich mit Joe Elliot in Verbindung zu setzen.
Sie wissen, was damals in Indochina los war. Und als auf Formosa eine Zweigstelle der Hölle eröffnet wurde, dirigierte mich mein Chefredakteur dorthin. Ich blieb so lange auf Formosa, bis die Glut der Hölle selbst für einen hartgesottenen, vagabundierenden Reporter zu heiß wurde. Dann flog ich erst nach Manila und landete schließlich in Japan. Ich habe nicht die Absicht, über diese Zeit zu berichten, ich wollte Ihnen nur erklären, wie es kam, daß ich ganze acht Monate unterwegs war.
Als ich wieder in der Redaktion erschien, bekam ich Urlaub. Außerdem erhielt ich eine Information. Es handelte sich um keine welterschütternde Information, aber sie bewirkte doch, daß ich bei der ersten günstigen Gelegenheit zu Elliots Apartment raste.
Ich verschwendete keine Zeit mit dem üblichen »Guten Tag« und »Wie geht’s?«, sondern fiel gleich mit der Tür ins Haus. »Was hat das Gerede zu bedeuten, daß du aus der Redaktion ausscheiden willst?«
Er zuckte die Achseln. »Ich will es gar nicht. Aber man hat mich auf Eis gelegt.«
»Wie ist das denn möglich?«
Er stierte vor sich hin und sagte kein Wort.
Ich kam erst jetzt dazu, ihn genauer zu betrachten. Er war wieder zum Sport Jackett zurückgekehrt. Dagegen wäre nichts zu sagen gewesen, aber das Sportjackett war schmutzig. Er hielt es offenbar nicht für nötig, sich täglich zu rasieren, geschweige denn zweimal am Tag. Er war
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