15 Gruselstories
auf zu schreien. Als ich durch das Holz durch war, verstummte sie nach einem letzten gellenden Aufschrei.
Die Säge färbte sich dunkelrot und tropfte von Blut.
Der Anblick verursachte mir solche Übelkeit, daß ich ganz schnell den Zauberstab hob.
Als ich wieder hinuntersah, war alles unverändert.
Ich hob den Stab noch einmal.
Und es passierte wieder nichts.
Irgend etwas war schiefgegangen. In diesem Augenblick wußte ich, daß irgend etwas nicht funktioniert hatte.
Jetzt fing ich an zu schreien. Ich schrie so lange, bis mich der Nachtportier hörte und herbeieilte; und dann kamen Sie und nahmen mich mit.
Sie sehen also, es war nichts weiter als ein Unfall. Der Zauberstab funktionierte nicht. Vielleicht hat der Teufel in dem Augenblick, als Sadini starb, die Macht wieder von ihm genommen. Ich weiß es nicht. Ich weiß überhaupt nichts – nur das eine, daß ich müde bin. Würden Sie bitte die grelle Lampe ausschalten? Ich möchte schlafen …
Das unersättliche Haus
Als sie das Haus übernommen hatten, waren sie zu zweit. Sie und er.
Dann kam es dazu.
Vielleicht aber war es schon immer im Haus und hatte nur auf sie gewartet. Wie dem auch sei: Es war da, und man konnte nichts dagegen unternehmen.
Es wäre natürlich eine Möglichkeit gewesen, aus dem Haus wieder auszuziehen; aber sie hatten einen Fünfjahresvertrag abgeschlossen und freuten sich über die billige Miete. Außer dem wäre es absurd, sich darüber beim Makler zu beschweren. Sie konnten es nicht einmal ihren Freunden erklären.
Wohin hätten sie auch ziehen sollen? Sie hatten nach monatelanger Suche endlich dieses Haus gefunden.
Zudem weigerte sich zu Beginn sowohl sie als auch er, die Gegenwart von es zur Kenntnis zu nehmen. Aber beide wußten, daß es existierte.
Sie bekam es gleich am allerersten Abend zu spüren. Sie saß vor dem hohen, altmodischen Spiegel im Schlafzimmer und kämmte sich. Der Spiegel war noch nicht abgestaubt und hatte schmierige Flecke. Außerdem flackerte das Licht über dem Spiegel ein wenig.
Darum dachte sie auch zuerst, es wäre ein zufälliger Schatten oder ein Fleck auf dem Glas. Sie runzelte die Brauen, als sie die schwankenden, verschleierten und schemenhaften Umrisse im Hintergrund wahrnahm. Dann glättete sich ihre Stirn, weil sie wußte, daß sich ihr spezielles Verheiratet-sein-Gefühl wieder einmal bemerkbar machte. Dieses Gefühl bestand darin, die Gegenwart des anderen zu spüren, ohne mit Bewußtsein gemerkt zu haben, daß der andere den Raum betreten hatte.
Das war es. Er mußte jetzt genau hinter ihr stehen. Er mußte den Raum lautlos betreten haben. Gleich würde er versuchen, sie zu überraschen und die Arme um sie zu legen.
Sie drehte sich um, um ihm entgegenzulächeln.
Ihr Lächeln fror ein, denn der Raum war leer. Sie schaute wieder in den Spiegel. Die schemenhaften Umrisse waren immer noch da – genauso wie das Gefühl, daß sich noch jemand im Raum befinden mußte.
Sie zuckte die Achseln, schüttelte den Kopf und schnitt eine Grimasse. Sie lächelte ihrem Spiegelbild zu, aber es war ein verunglücktes Lächeln. Durch das fleckige Glas und die schwache Beleuchtung wirkte es verzerrt und fremd – es war ein Lächeln, das nicht zu ihrem Gesicht zu gehören schien.
Nun ja, dachte sie, dieser ganze Umzug war doch recht anstrengend. Dann fuhr sie sich energisch mit der Bürste durch die Haare und verbannte jeden abwegigen Gedanken.
Trotzdem atmete sie erleichtert auf, als er plötzlich das Schlafzimmer betrat. Im ersten Augenblick wollte sie es ihm erzählen, aber dann überlegte sie es sich anders. Sie wollte ihn mit ihren ›Nerven‹ nicht beunruhigen.
Er hingegen war nicht so schweigsam.
Er kam am nächsten Morgen aus dem Badezimmer
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