1522 - Metalyse
daß das Experiment im Zentrum seiner Anlagen durchgeführt wurde.
Während sie durch die Tür traten, durchquerten sie ein akustisches Abschirmfeld. Übergangslos drang das Wummern von Maschinen an ihre Ohren, vermischt mit einem feinen Summen. Es kam aus allen Richtungen, und sie benötigten ein paar Sekunden, um sich daran zu gewöhnen. Sie wichen einer Roboterbahn aus und ließen sich von einem Transportfeld hinüber zu den Aufbauten bringen. An einer roten Linie blieben sie stehen und beobachteten, was sich jenseits der Sicherheitslinie ereignete.
Roboter fuhren gerade den Sockel herbei, auf dem sich die Liegen befanden. Es waren nicht mehr zwei, sondern drei. Die Testphase war vorüber, und zum ersten Mal würden sie zu dritt auf die Reise gehen, ohne daß einer von ihnen wach blieb und den Vorgang überwachte. Den Part des Aufpassers übernahm NATHAN, und die Syntronik, die sich im Nebenraum zurückgehalten hatte, empfing sie mit einem Gruß. „Der Countdown läuft bereits", fugte sie hinzu. „Ihr habt eine halbe Stunde Zeit, um euch innerlich vorzubereiten. Der Vorgang der Metalyse wird sich auf eine Dauer von zwei Stunden beschränken. Das liegt in der von mir errechneten Sicherheitsspanne. Ihr werdet nach Durchqueren der Schnittstelle in den Speicherbereich geschickt, in dem sich die verschwundenen Informationen befinden müßten.
Aufgrund der energetischen Vorgänge im Innern dieses einen Verbund-Syntrons war es mir möglich, den Bereich auf plus minus fünf Millionen Bytes einzugrenzen. Eure Aufgabe ist dennoch schwierig genug. Ihr müßt die Symbolketten der Stichwörter in der richtigen Zusammensetzung finden. Und nehmt euch vor den hyperenergetischen Stürmen besonders im Datenbus in acht. Und jetzt versucht, ein wenig abzuschalten."
Es blieb ihnen eine knappe halbe Stunde. Sie dachten, daß es viel zu wenig Zeit war, aber die Minuten wurden zur Ewigkeit. Sie überschritten die rote Linie und setzten sich vor einer der Apparaturen in drei Formenergiesessel, die NATHAN für sie projizierte. Sie beobachteten eine Weile, wie kleine Transportfelder und Antigravsysteme alles so zusammenfügten, wie sie es in den Labors auf Terra ein Dutzend Male getan hatten. Die Nervosität der drei Menschen stieg sprunghaft an, hielt sich eine Weile und sank dann wieder auf einen normalen Wert ab. „Metalyse", sagte Enza leise. Sie saß zwischen ihren beiden Männern. „Das Lösen des Bewußtseins aus dem eigenen Körper. Wo der Willensakt nicht hilft, müssen die Maschinen helfen. Notkus, Myles, wir sind noch lange nicht am Ende unserer Arbeit. Wir können unser Bewußtsein in die Obhut eines künstlichen Feldes geben, mehr nicht. Wir machen eine unwahrscheinliche Reise, ohne daß die Gefahr besteht, daß wir uns in der Unendlichkeit verlieren. Wir müssen weiterforschen!"
„Ja", antwortete Myles. „Mit dem derzeitigen Entwicklungsstadium können wir Ernst Ellert nicht helfen!"
Notkus und Enza schwiegen lange, und dann sagten sie gleichzeitig: „O Myles!"
Myles Kantor faßte sie beide an den Händen. „Ich habe es bereits Perry erzählt", meinte er, und seine Stimme besaß einen so milden und sanften Klang, daß die Eltern ruckartig ihre Köpfe hoben und ihn anstarrten. „Ich weiß es doch, ihr braucht es nicht vor mir zu verheimlichen. Ihr habt die Anlage für mich entwickelt. Myles und die Sehnsucht nach der Unendlichkeit, Myles, der Träumer. Hing es tatsächlich mit ES zusammen? Fornax und die abgelaufene Zeit?
Was war es?
Mein verlangsamter Bewegungsablauf in manchen Nächten? Werde ich diese Erscheinung mein ganzes Leben mit mir tragen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eines!"
Er schloß die Augen, ohne seine Eltern loszulassen. „Ich weiß, daß ich eines Tages irgendwo in der Unendlichkeit sein möchte, dann, wenn mein Körper keine Energie mehr besitzt. Versteht ihr es?" Er lachte leise. „Natürlich versteht ihr es. Mutter, Vater, ihr habt es vor mir gewußt. Ihr habt euch vor mir Gedanken darüber gemacht. Und NATHAN hat euch zugestimmt. Er hat die Arbeiten am Metalysator nicht nur aus Eigennutz betrieben. Er wollte mir helfen und will es noch immer. Er hat es mir gesagt, und ich glaube ihm. Eine Syntronik kann nicht lügen!"
Ein Signal klang auf. Die umfangreichen Arbeiten waren abgeschlossen, der Probelauf begann.
NATHAN testete alle Apparaturen durch, und als der Countdown die zehnte Minute anzeigte, waren die Tests abgeschlossen. Die lunare Riesensyntronik gab die Anlagen frei.
Aus
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