1529 - Tochter, Mutter, Teufelssaat
entfernt war es zu großen Überschwemmungen gekommen. Da hatten die Menschen ihre Keller leer pumpen müssen, in die Wasser und Schlamm wie ein Sturzbach geschäumt waren.
Ein Auto kam ihr entgegen. In dem kleinen Lupo saßen vier Personen.
Junge Leute, die hupten und Grimassen schnitten, als sie die Schülerin passierten.
Elisa lächelte zurück. Sie war ein hübsches Mädchen mit einer weiblichen Figur. Dem Schönheitsideal einer dieser dürren Laufsteg-Zombies entsprach sie in keiner Weise. Sie hatte etwas auf den Rippen.
Runde Formen, ein ebenfalls rundes Gesicht, und die langen braunschwarzen Haare band sie des Öfteren zu einem Pferdeschwanz zusammen.
Je mehr sie sich dem Ort näherte, umso schneller fuhr sie. Der Untergrund änderte sich ebenfalls. Die Reifen rollten jetzt über glatten Asphalt, der nur hin und wieder einige Risse aufwies. Die letzten hundert Meter musste sie durch einen lichten Wald fahren, um dann den kleinen Ort mit den rotbraunen Fachwerkhäusern zu erreichen, die für diese Gegend so typisch waren.
Sie kannte sich aus. Und sie wusste, wo ihre Mutter lebte. Elisa hatte sie zwar noch nie besucht, aber ihr war der Laden bekannt, den ihre Mutter betrieb. Er lag am nördlichen Ende, wo auch die ersten Hinweisschilder standen, die den Weg zur Autobahnen wiesen.
Das Haus beinhaltete zugleich das Geschäft, in dem Camilla Foret ihre Waren verkaufte. Kein Bio-Laden, eher einer, in dem man Kräuter und Gewürze bekam, aber auch andere Dinge, die in den esoterischen Bereich fielen. Glückssteine, Perlen, Kristalle, Amulette und so weiter.
Dafür hatte sich Elisa nie interessiert. Erst als sie sich näher mit ihrer Mutter beschäftigt hatte, war sie auf diese Dinge gestoßen, und sie hatte dafür gesorgt, dass sie auf ein Kennenlernen noch gespannter war.
Schon jetzt klopfte ihr das Herz stärker als normal, und das war nicht auf das Radfahren zurückzuführen. Eine innere Spannung hatte sich aufgebaut, so mancher Schauer rann über ihren Rücken, wenn sie an ihre Mutter dachte, und so konzentrierte sie sich nur auf sie und sah von der Umgebung kaum etwas.
Die Menschen, die hier lebten, bezeichneten den kleinen Ort als eine Idylle. Hier gab es keinen Schmutz auf den Straßen, hier wurden die Häuser gepflegt, und wer hier eine Mietwohnung suchte, hatte es schwer, denn die meisten Häuser wurden von den einheimischen Familien bewohnt.
Elisa kannte kaum jemanden im Dorf. Ihre Welt lag weiter oben auf dem flachen Hügel, wo das Internat stand. Zwei mal war sie in einer Dorfdisko gewesen, doch gefallen hatte es ihr nicht. Es gab zu viele betrunkene junge Männer. Einmal hatte sie eine Flatrate-Party erlebt. Da hatte sie sehen können, was der Alkohol mit den jungen Leuten anstellte. Da fielen alle Hemmungen und das auch bei jungen Männern, die sie ab und zu in der Kirche als Messdiener am Altar gesehen hatte.
Es war nicht ihre Welt, da fühlte sie sich im Internat besser aufgehoben.
Doch jetzt machte sie den Ausflug in die Realität. Weg von der Insel der Seligen, wie man den Ort auf dem Hügel hin und wieder nannte. Wobei sie zugeben musste, dass das Dorf ihr nicht so fremd war. Sie kam schon in der normalen Welt zurecht. Nur konnte sie sich nicht mit den Extremen anfreunden.
Das Haus der Mutter. Das kleine Geschäft. Es lag dort, wo die Häuser weniger wurden und schließlich völlig verschwanden. Da führte dann die Straße in die Felder hinein und überquerte auch einen kleinen Bach, der nahe der Karpfenteiche lag. Das Gebiet gehörte noch zum Ort, und auch das Haus stand nicht weit entfernt. Von ihm aus waren die Teiche gut zu sehen, die sich wie Augen auf dem Boden ausbreiteten.
Als sie den Schutz der Häuser verließ, spürte sie wieder den Fahrtwind, der in ihr Gesicht schlug und die dünne Windjacke leise flattern ließ. Sie duckte sich und hörte die Hupe eines Autos, das sie überholte. Dort fuhr ein Bekannter, aber sie sah nicht, wer es war.
Die linke Seite war wichtig. Dort befand sich das Haus. Es stand in gewisser Weise einsam, da es keine unmittelbaren Nachbarn gab. Dafür einige Bäume, die ihr Laubdach ausbreiteten und dabei so etwas wie einen Garten bildeten. Von der Straße her führte ein krummer Weg auf das Haus zu, an dessen Vorderseite ein Schild auf das hinwies, was den Besucher erwartete.
Was das Leben besser macht. Natur pur.
Elisa lächelte etwas schief, als sie von der Straße abbog und dabei vom Rad stieg. Der Weg war etwas holprig, und so schob sie ihr
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