1531 - Dschungeltod
Können Sie mir erklären, weshalb Sie hier sind? Sie jagen doch keine normalen Verbrecher. Von Ausnahmen einmal abgesehen.«
»Das ist richtig. Glauben Sie an Zufälle?«
Paul Clifton trat einen Schritt zurück. »Nein! Sagen Sie nur nicht, dass es sich um einen Zufall handelt, dass Sie hier sind.«
»Es ist leider so.«
Er lachte. Er wollte widersprechen. Ein Blick in mein Gesicht sagte ihm jedoch, dass ich ihm kein Märchen erzählt hatte.
»Dann war es der reine Zufall?«
Glenda ließ ich noch aus dem Spiel. »Ich sah die Frau auf dem Grundstück verschwinden, was mir schon ungewöhnlich vorkam. Also bin ich ihr nachgeschlichen.«
»Und weiter?«
Ich hob die Schultern.
Cliftons Gesicht zeigte einen säuerlichen Ausdruck. »Wie ist es möglich, dass Sie die Taten nicht verhindern konnten, wo Sie doch dieser Frau so nahe auf den Fersen waren?«
»Ich war ihr nicht so nahe auf den Fersen. Zwar habe ich sie über die Mauer klettern sehen, aber nur aus einer gewissen Entfernung. Außerdem war es nicht eben hell. Ich bin auch nicht sofort auf das Haus zugelaufen und habe mich erst orientieren müssen. Das hat ihr einen Vorsprung gegeben. Tut mir leid. Ich kann Ihnen nichts anderes sagen, Kollege.«
»Hm, das nehme ich mal so hin. Es ist nur komisch, dass ich Ihnen nicht so recht glauben kann. Aber das ist mein Problem und nicht das Ihre. Außerdem werden die Video-Aufnahmen zeigen, was wirklich geschehen ist, denke ich mal.«
»Möglich.«
Clifton hätte noch stundenlang weiterfragen können, ich hätte ihm die ganze Wahrheit nicht gesagt. Zudem wurde er abgelenkt, denn die Bewohner kehrten zurück. Für mich war es eine Möglichkeit, mich an eine dunkle Stelle zurückzuziehen, wo mich keiner beobachtete. Zwar hatte ich nichts Unrechtes vor, ich wollte nur ungestört einen Versuch starten und Glenda erreichen.
Sie hatte ihr Handy dabei, aber ich bekam keine direkte Verbindung. Der Ruf ging sogar durch, nur hob sie nicht ab. Es wurde plötzlich sogar still in meinem Ohr. So hatte ich auch keine Chance, einer Handy-Spur nachzugehen und herauszufinden, wo sich Glenda aufhielt.
Meine Sorgen wuchsen, und die Kollegen von der Fahndung hatten auch nichts erreicht. Dafür wurde ich von der Ankunft der Mieter abgelenkt.
Sie waren mit dem Taxi gekommen, hatten das Fahrzeug bis auf das Grundstück fahren lassen und stiegen erst jetzt aus. Es musste wohl eine Promi-Party gewesen sein, denn beide waren elegant gekleidet. Der Schmuck der Frau funkelte im Licht der Scheinwerfer.
Den Toten vor der Treppe hatte man bereits abgedeckt.
Clifton, der neben dem Ehepaar stand, sprach mit den beiden, bevor er sich bückte und ein Ende der Plane kurz anhob.
Die Frau drehte sich weg. Der Mann schaute hin, und ich sah, wie er nickte.
Wenig später gingen sie zu dritt ins Haus. Mrs Diaz wurde dabei von ihrem Mann gestützt.
Ich überlegte, wie ich mich verhalten sollte. Die Täterin hatte ich gesehen. Wenn ich aber darauf verzichtete, mir den Überwachungsfilm anzuschauen, erregte das noch mehr das Misstrauen des Kollegen, und so betrat ich das Haus erneut.
Ich wich den Mitarbeitern der Spurensicherung aus und passierte auch den Arzt, der seinen ersten Bericht in einen winzigen Recorder sprach.
Mit einem Ohr bekam ich mit, dass bald auch jemand von der Staatsanwaltschaft eintreffen würde. Für mich stand schon jetzt fest, dass dieser Fall Kreise ziehen würde.
Kollege Clifton und Ramon Diaz hielten sich im Hintergrund der Halle auf. Seine Frau war nicht mehr zu sehen. Mein Ziel waren die beiden Männer. Sie standen jetzt voll im Licht, und die Halle kam mir vor wie ein erleuchteter Tempel.
Ramon Diaz war ein schlanker Mann mit Halbglatze. Er trug eine Brille mit dunkler Fassung, und man konnte bei ihm im Moment nicht von einer gesunden Hautfarbe sprechen. Er tupfte sich permanent den Schweiß von der Stirn.
Als ich mich vorstellte und Clifton erklärte, wer ich war, nickte er nur kurz.
Der Kollege sprach ihn auf die Video-Kassetten an. »Könnten Sie sie jetzt bitte holen?«
»Ja, natürlich.«
»Und wo werden wir sie uns anschauen können?«
»In meinem Büro.«
»Gut, holen Sie sie dann?«
Diaz ging. Ich wandte mich an Clifton. »Was haben Sie für einen Eindruck?«
»Von Diaz?« Er winkte ab. »Nichts, was uns weiterhelfen könnte. Der Mann ist geschockt. Vom Gefühl her glaube ich nicht, dass er involviert ist. Aber man kann sich täuschen.«
»Genau.«
»Wie meinen Sie das denn?«
Ich redete nicht länger
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