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154 - Die Macht der Nosfera

154 - Die Macht der Nosfera

Titel: 154 - Die Macht der Nosfera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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wenigen noch verblieben Habseligkeiten zu rauben. Zum Glück handelte es sich nur um Einzelaktionen, die Neu-Ramenki größtenteils abwehren konnte. Die Masse der Moskawiter verhielt sich nämlich ruhig. Zum Glück auch die Wachen des Zaritsch, die offiziell weiterhin Mr. Black unterstanden.
    Wie lange diese Loyalität anhielt, war allerdings ungewiss.
    Es konnte noch Monate oder Jahre dauern, bis der charismatische Anführer zurückkehrte, zu dem viele Moskawiter aufschauten. Falls Black überhaupt noch lebte und nicht bei der nuklearen Katastrophe am Kratersee umgekommen war.
    Leonid sah durch die verglaste Südfront des Versammlungsraums.
    Draußen, auf dem großen Vorplatz, stiegen gerade zwei Techniker in die Heckluke eines ARETs, um die tägliche Funktionskontrolle auszuführen. Ein befohlenes Ritual, dem keine Hoffnung mehr innewohnte. Aus irgendeinem Grund, den die Wissenschaftler nicht erklären konnten, hielt der Elektromagnetische Impuls dauerhaft an. Sie konnten so viele Schaltungen austauschen wie sie wollten, es half alles nichts.
    Jede Form von Energiefluss blieb unterbrochen. Die meisten von ihnen hatten sich schon an den Gedanken gewöhnt.
    Obwohl die Ungewissheit an den Nerven zerrte, ließ sich die Ursache des Phänomens leider nicht erforschen. Die dafür notwendigen Messgeräte waren ebenfalls defekt. Sie mussten die physikalischen Gegebenheiten so hinnehmen, wie sie waren.
    »Noch irgendwelche Fragen? Wenn nicht, gebe ich die heutige Diensteinteilung bekannt.«
    Den Blick weiter nach draußen gerichtet, hob Leonid die Hand.
    »Ja, Fähnrich, bitte?«
    »Das Serum«, sagte er, ein wenig gedankenverloren, straffte dann aber die Schultern und bequemte sich, seinen Vorgesetzten anzusehen. »Wann knöpfen wir uns endlich Kullpin und seine Kumpane vor? Es wird Zeit, unsere Vorräte aufzustocken. Die meisten von uns laufen bereits mit einem leeren Serumsbeutel herum.«
    Hauptmann Judin nickte verständnisvoll, aber seine Augen blieben kalt. Leonids Einwurf missfiel ihm, obwohl der Fähnrich nur ansprach, was alle beschäftigte.
    »Dieser Diebstahl fällt nicht in unseren Zuständigkeitsbereich«, erklärte Judin.
    »Die Fahndungsabteilung versucht aber mit Hochdruck, das Serum aufzuspüren und zu beschlagnahmen.«
    Nach dieser kurzen Erklärung wollte er zur Tagesordnung übergehen, doch Leonid bohrte weiter.
    »Es gibt Gerüchte, dass den Fahndern mehr Serum zur Verfügung steht, als ihnen zukommt«, sagte er. »Angeblich ist das der Grund, warum sie Kullpin nicht finden.«
    »Das ist ungeheuerlich!«, empörte sich Judin. »Wie kommen Sie dazu, solche Behauptungen in die Welt zu setzen?«
    Leonid gab sich unbeeindruckt. In Zeiten wie diesen wurde niemand wegen ein paar kritischen Bemerkungen suspendiert.
    Das ließ die dünne Personaldecke überhaupt nicht zu.
    »Ich behaupte gar nichts«, entkräftete er die erhobene Anschuldigung mit ausdruckslosem Gesicht. »Ich weise lediglich auf die kursierenden Gerüchte hin, die zu einer ernsthaften Bedrohung werden können. Wenn weite Teile unserer Gemeinschaft das Vertrauen in die Interne Sicherheit verlieren, stehen wir auf verlorenem Posten.«
    »Mag sein«, bestätigte Hauptmann Judin, »aber damit haben wir nichts zu schaffen. Unsere Aufgabe ist es einzig und allein…«
    »Die Subkommissare sollen ebenfalls die Panzerschränke voller Serum haben!«, unterbrach ihn Sershant Natasha Kasow mitten im Satz. »Was ist, wenn die sich längst mit Kullpin geeinigt haben? Zu ihren Gunsten, versteht sich. Die politische Führung weiß doch selbst, dass das verbliebene Serum nicht für alle reicht!«
    Zustimmende Rufe wurden laut.
    Plötzlich war der Damm gebrochen. Immer mehr Dienstgrade meldeten sich zu Wort. Jeder hatte neue Beschuldigung vorzubringen, doch alle drehten sich nur um das eine Thema, das sie alle beschäftigte: das Serum.
    Hauptmann Judin bat vergeblich um Ruhe. Der ganze Saal redete wild durcheinander, bis ein trockenes Husten alle zusammenfahren ließ.
    Im Bruchteil einer Sekunde wurde es so still, dass man hören konnte, wie alle Köpfe auf einen Schlag zur Seite flogen.
    Der Mann, dem plötzlich die geballte Aufmerksamkeit galt, hieß Boris Strugazki, war Hauptgefreiter der ISR und versuchte gerade verzweifelt, den nächsten Hustenanfall zu unterdrücken.
    »Was ist?«, fragte er gepresst. »Noch nie einen Menschen mit Erkältung gesehen?«
    Seine rot unterlaufenen Augen schimmerten feucht, und aus seinem linken Nasenloch troff ein dünner

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