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154 - Die Macht der Nosfera

154 - Die Macht der Nosfera

Titel: 154 - Die Macht der Nosfera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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zu besitzen. Mit dieser Tour reisten sie nicht mal schlecht. Bei vielen Technos war die Verzweiflung schon so hoch, dass sie auf ein bloßes Versprechen hin die geheimen Depots plünderten, nur um sich weitere Monate der Immunisierung zu kaufen.
    Die meisten bezahlten diese Geschäfte aber mit dem Leben.
    Die Männer und Frauen der ISR durften sie dann mit eingeschlagenen Schädeln in irgendeiner Seitengasse auflesen.
    Leonid verspürte nicht übel Lust, dieser rothaarigen Ratze, die ihm auch noch hinterher eilte, eine Kugel durch den versifften Pelzmantel zu jagen. Abrupt blieb er stehen, riss die Lasche der Pistolentasche auf und wirbelte herum, die Hand auf dem kalten Metall. Der Barbar achtete kaum auf die Waffe, die schon halb aus dem Holster ragte, schreckte aber vor der Entschlossenheit in Leonids Blick zurück.
    Der Sershant zitterte am ganzen Körper, während er dem abziehenden Barbaren hinterher starrte. Wenn nur der Hauch einer Chance bestanden hätte, dass der Kerl wirklich Serum bei sich trug, hätte er ihn ohne zu zögern von hinten niedergeschossen. Doch selbst die Barbaren in Kullpins Auftrag waren nicht so dumm, den kostbaren Stoff mit sich herumzuschleppen.
    Und um eine Schießerei einfach so vom Zaun zu brechen, war die Lage viel zu angespannt. Überall in den Straßen lungerten weitere Barbaren herum. Alle mit Schwertern, Äxten, Speeren oder Pfeil und Bogen bewaffnet. Ein Toter in ihren Reihen mochte sie durchaus so sehr aufbringen, dass sie vereint gegen Leonid vorgingen.
    Das wäre sein Ende gewesen.
    Wütend rammte der Fähnrich das Eisen zurück ins Holster und setzte seinen Weg ohne übertriebene Hast fort. Ein ängstlich oder flüchtend anmutender Gang mochte in diesen Zeiten durchaus das Todesurteil bedeuten. Mut und Entschlossenheit waren alles, was die Barbaren noch einigermaßen in Schach zu halten vermochte.
    Leonid war froh, als ein Häuserblock hinter ihm und den Serumsdealern lag. Die Kerle kamen ihm zum Glück nicht hinterher, sondern hielten nach einem leichteren Opfer Ausschau. Gut so.
    Zum ersten Mal an diesem Tag bereute er, Hauptmann Judin während des Morgenappells angegangen zu sein. Leonid gehörte nämlich zu denen, die alleine patrouillieren mussten.
    Das war die Rache seines Vorgesetzten.
    Während sich sein Herzschlag langsam wieder beruhigte, erreichte er die Ruinen der alten Petrowski-Passage. Die Gebäude von Neu-Ramenki lagen längst hinter ihm. Hier präsentierte sich das alte Moskau in all seiner Ödnis und seinem Verfall.
    In einigen Erdgeschossen waren zwar Decken in die leeren Fensterhöhlen gespannt worden, um die Kälte abzuhalten, doch sonst gab es nur wenige Zeichen, dass hier Barbaren hausten.
    Die meisten mehrgeschossigen Häuser wurden nur noch von dem dichten Pflanzenkokon zusammengehalten, der überall die Fassaden und Dächer überwucherte.
    Leonid spürte zwar noch festen Teergrund unter seinen Füßen, doch wenn er zu seinen Stiefeln hinab sah, schritt er über einen grünen Teppich aus Moos und sprießenden Gräsern.
    Als rechts vor ihm eine breite Lücke in der durchgängigen Häuserfront sichtbar wurde, spähte er mehrmals über die Schulter, um eventuelle Verfolger auszumachen.
    Im Moment war die Straße menschenleer, aber das hatte nichts zu bedeuten. Die Barbaren, die ihnen gefährlich werden konnten, wussten sicher längst, dass sich im Keller der Petrowski-Passage der Zugang zu einem alten Schutzbunker befand.
    Die Fassade des Einkaufszentrums lag längst in Trümmern.
    Die Scheiben der beiden parallel verlaufenden Dachbögen, die quer durch den gesamten Block schnitten, saßen ebenfalls nicht mehr in ihren stählernen Halterungen. Stattdessen umrankte dichter Efeu die filigrane Konstruktion, sodass sich ein grüner Himmel über die doppelstöckige Passage spannte, deren Geschäfte zu beiden Seiten der Arkade nur noch an verdreckte und mit Unrat angefüllte Steinhöhlen erinnerten.
    Leonid folgte einem der zahlreichen niedergetretene Pfade, die durch das Gras ins Innere führten.
    Im Schatten einer Mittelsäule verharrte er einen Augenblick, damit sich die Augen an das allgegenwärtige Halbdunkel gewöhnten. Gleichzeitig lauschte er nach verdächtigen Geräuschen. In dem ringsum aufragenden Chaos gab es zahlreiche Möglichkeiten, sich zu verstecken. Und von der Galerie aus hatte man ein wunderbares Schussfeld auf jeden, der unten die Halle durchquerte.
    Ein Pfeil im Rücken war das Letzte, was sich Leonid einhandeln wollte.
    Zum Glück

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