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1549 - Der steinerne Engel

1549 - Der steinerne Engel

Titel: 1549 - Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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er brauchte auch nicht auf dem normalen Weg zu kommen und an der Tür zu klingeln. Jemand wie Raniel besaß andere Möglichkeiten. Das hatte er mir in der Vergangenheit schon oft bewiesen.
    Ich ging in die Küche und holte eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank.
    Als ich sie zu einem Drittel leer getrunken hatte, ging ich zurück in den Wohnraum und kam nicht mehr dazu, mir einen Platz zu suchen, denn Raniel erschien.
    Er kam nicht durch die Tür. Er schwebte einfach ein. Ob durch die Wand oder durch den Fußboden, das war für mich nicht so genau zu erkennen.
    Jedenfalls war er da, und er sah aus wie immer.
    Ich sah eine hoch gewachsene Gestalt vor mir, die einen schwarzen, aber nicht zu kurzen Mantel trug, dessen Saum bis zu den Waden reichte. Dunkles Haar, leicht silbrig schimmernde Augen, deren Farbe sich änderte, als er sein engelhaftes Wesen verlor und sich mir einfach nur als Mensch präsentierte.
    Noch immer war sein Haar schwarz wie das Gefieder eines Raben. Sein Gesicht war kantig. Es hatte männliche Züge, und wer Raniel zum ersten Mal sah, der konnte sich seiner Faszination nicht entziehen.
    Mensch und Engel, so sah er sich. Aber er hatte sich auch einen anderen Namen gegeben, denn er nannte sich der Gerechte.
    Ja, Raniel war ein Gerechtigkeitsfanatiker, was mich als Polizist natürlich interessieren musste, sodass ich mich automatisch auf seine Seite stellte. Aber da gab es noch etwas anderes, was mich leicht störte. Er hatte sich seine eigene Gerechtigkeit geschaffen und kümmerte sich einen Dreck um die irdische, der ich verpflichtet war. Und so war das Verhältnis zwischen uns schon ein wenig ambivalent. Dennoch konnte sich jeder auf den anderen verlassen. Er hatte mich noch nie belogen und mich auch nicht reingelegt. Wo er genau lebte, war mir nicht bekannt. Möglicherweise im Reich der Wesen, die sich Engel nannten und doch so unterschiedlich waren.
    Und er besaß eine Waffe. Es war ein Lichtschwert. Er selbst nannte es die Bibel des Gerechten. Wie er diese Gerechtigkeit auslegte, hatte ich schon öfter erlebt. Er hatte eine wilde Vergangenheit hinter sich, war von Lilith erführt worden, und aus dieser Verbindung stammte Elohim, der Sohn, den ich auch kannte.
    Ich schloss diese Gedanken aus, denn Raniel war bestimmt nicht erschienen, um mit mir über die Vergangenheit zu diskutieren, und deshalb sagte ich nur: »Es kommt mir fast wie ein Wunder vor, dass du hier erschienen bist.«
    »Es musste sein, John.«
    »Du machst mich neugierig.«
    »Das finde ich gut.« Er schaute mich mit seinem hypnotischen Blick an.
    »Ich möchte - nein, ich sage es anders. Ich habe eine Aufgabe für dich, John Sinclair.«
    »Oh…«
    »Ja, und ich denke, dass du sie übernehmen wirst. Wir haben lange nichts mehr voneinander gehört, aber jetzt ist es Zeit, dass wir mal wieder zusammenkommen. Ich existiere, du lebst noch immer, und die Probleme sind die gleichen geblieben. Es gibt auch jetzt noch den Dualismus zwischen Gut und Böse, wobei ich davon ausgehe, dass sich das nie ändern wird, bis zum Ende der Zeiten. Aber wir können es in Schach halten, und deshalb bin ich mal wieder bei dir.«
    »Okay, ich habe verstanden. Du nennst dich der Gerechte, und ich denke, dass dich etwas gestört hat.«
    »So ist es.«
    »Worum geht es genau?«
    »Um den steinernen Engel und um einen alttestamentarischen Fluch.«
    Ich sagte nichts. Meine Überraschung ließ ich mir nicht anmerken, sondern nickte nur.
    »Es ist der steinerne Engel, der auch der Todesengel genannt wird. Er ist im Fels erstarrt. Er ist eine Figur. Er wurde ausgeschaltet, aber nicht für immer. Immer dann, wenn eine Generation vergangen ist, verlässt er sein steinernes Dasein und wird wieder lebendig. Dann versucht er, die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen, und ich muss leider gestehen, dass ihm dies gelungen ist. Er erscheint, um zu töten. Er holt sich aus den Familien die erstgeborenen männlichen Kinder, um sie zu töten. Er ist grausam und auf seine Art und Weise faszinierend.«
    »Aha«, sagte ich und konnte nicht verhindern, dass mein Mund trocken wurde. »Ich soll ihn also stellen?«
    »Nicht nur das. Du sollst ihn auch vernichten. Und damit das Unheil ein für alle Mal stoppen.«
    »Das habe ich verstanden, Raniel. Aber warum übernimmst du nicht selbst die Aufgabe? Du nennst dich der Gerechte. Eigentlich kannst du es nicht hinnehmen, dass so etwas geschieht.«
    »Das ist wohl wahr«, gab er zu. »Aber er weicht mir aus, und ich weiß nicht, ob

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