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1555 - Zu Arkons Ruhm und Ehre

Titel: 1555 - Zu Arkons Ruhm und Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Durch die Dämmerung schwirrten synthetische Leuchtkäfer: rot, grün, blau, gelb, türkis und orange. Sie sollten eine romantische Atmosphäre verbreiten, hatte jener vermeintliche geniale Architekt gesagt. Sie sirrten und brummten wie ihre wesentlich kleineren, natürlich entstandenen Artgenossen und waren selbstverständlich so programmiert, daß sie niemals gegen ein Hindernis stießen.
    Zweihundert Meter vom Haus entfernt übergab der Autopilot die Kontrolle des Fahrzeugs an das Funkleitsystem, das in einem der Räume unterhalb des Trichterstiels installiert war. In der Basis des mächtigen Stiels, dessen Durchmesser annähernd dreißig Meter betrug, entstand eine Öffnung. Der Gleiter schwebte hindurch und gelangte in einen Schacht, der von einem künstlichen Schwerefeld erfüllt war. Das Fahrzeug sank mit geringer Geschwindigkeit in die Tiefe, wurde auf der Sohle des Schachtes von einem horizontal orientierten Traktorfeld erfaßt und in eine weitläufige Halle gezogen, in der weitere Gleiter geparkt standen.
    Haemon stieg aus. In der Hallenwand lagen nebeneinander die Eingänge von fünf Aufzugschächten, die ins Haus emporführten. Er glitt in die Höhe. Der Schacht folgte dem Verlauf der Trichterwand und bildete mit der Vertikalen einen Winkel von 45 Grad. Aber davon merkte man nichts. Das künstliche Gravitationsfeld des Schachtes erzeugte die Illusion senkrecht verlaufender Bewegungen. Es gab ein paar Stellen, an denen man aus dem Schacht ins Innere des Hauses blicken konnte: Ausstiege zum Beispiel oder Abschnitte der Schachtwand, die aus transparentem Material gefertigt waren. Da kam einem die Illusion allerdings zu Bewußtsein. Die Welt draußen sah merkwürdig schief aus.
    Auf der zweithöchsten Ebene stieg Haemon von Tereomin aus. Im zweitobersten Stockwerk lagen seine Privatgemächer. Der Schachtausstieg führte in einen mit kostbaren Möbeln ausgestatteten Vorraum. Haemons Leibdiener wartete dort, ein älterer Arkonide namens Pelath, seit über fünfzig Jahren im Dienst der Familie Tereomin, sorgfältig geschult in der Kunst des Dienens und ein Experte auf dem Gebiet der höfischen Sitten.
    Auch das gehörte zu den Verpflichtungen des höheren Adels: wenigstens einen Diener zu haben, der kein Roboter war. „Irgend etwas Besonderes während meiner Abwesenheit, Pelath?" erkundigte sich Haemon. „Der hochedle Vater hat den jungen Herrn zu sprechen gewünscht", antwortete der Diener. „Das war vor einer halben Stunde. Der würdige Herr Gheetar wollte mir nicht sagen, welches sein Anliegen war. Er hat auch sonst keine Anweisungen hinterlassen."
    Haemon musterte Pelath aufmerksam. „Du wirkst überanstrengt", sagte er besorgt. „Fehlt dir etwas?"
    „Mir fehlt nichts, junger Herr", erklärte der Diener. „Es war ein langer Tag, und ich werde allmählich alt."
    Er sprach mit monotoner Stimme, ohne seinen Herrn dabei anzusehen. „Du sollst deine Ruhe haben, Pelath", sagte Haemon. „Ich brauche dich heute Abend nicht mehr.
    Leg dich nieder."
    Pelath machte das Zeichen der Ehrerbietung. Dann wandte er sich ab und schritt hinaus. Seine Wohnräume lagen eine Etage tiefer. Haemon von Tereomin betrat sein Arbeitszimmer. Er war verwirrt. Was Pelath ihm berichtet hatte, ergab keinen Sinn. Haemon kannte seinen Vater. Gheetar hatte mit einem Tobsuchtsanfall reagiert, als ihm erklärt worden war, wie das Vorhaben seines jüngsten Sohnes finanziert werden sollte. Wenn es ihm an den Geldbeutel ging, dann reagierte Gheetar stets mit Panik. Er war obendrein einer, der seinen Groll nicht so rasch vergaß. Er war im höchsten Grade nachtragend. Es entsprach nicht seiner Art, daß er den Sohn, mit dem er sich vor ein paar Stunden auf die heftigste Weise gestritten hatte, jetzt schon wieder zu sprechen wünschte.
    Es mochte natürlich sein, daß sich inzwischen etwas Dramatisches ereignet hatte. Gheetar von Tereomin hatte nicht mehr lange zu leben. Falls ihm etwas zugestoßen war, würde er seinen Groll vergessen.
    Haemon ließ sich in einen Sessel fallen. Neben ihm an der Wand hing das Sprechgerät, das ihn mit dem Servo-I/O-Modul des Hauscomputers verband. „Ich möchte Pelath sprechen", sagte Haemon. „Ich habe ihn vorhin zu Bett geschickt. Er müßte sich in einem seiner Wohnräume aufhalten."
    „Die Verbindung wird hergestellt", antwortete der Servo. Eine halbe Minute später fügte er hinzu: „Pelath antwortet nicht."
    Haemon war verwundert. Hatte der Alte nicht behauptet, der Tag sei lang gewesen? Wenn er so

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