1558 - Im Griff der Hölle
Bestimmung.«
Nach dieser Ermahnung gab Bloom keine Antwort mehr. Wahrscheinlich hielt ihn die Angst in den Klauen.
Ich jedenfalls durfte mich nicht länger ablenken lassen. Ab jetzt zählte jede Sekunde. Wenn ich Kilrain richtig verstanden hatte, würde Martin Bloom die Nähe des kleinen Leichenhauses absuchen. Und er würde dabei auch die Richtung zu mir einschlagen.
Ich musste meine Fesseln losgeworden sein, bevor er mich entdeckte, und so setzte ich meine Arbeit fort. Immer wieder mal unterbrochen von einem Blick nach vorn.
Ich achtete nicht so sehr auf meine Handgelenke. Sie hatten schon mehrere Schrammen bekommen, aus denen das Blut rann.
Die Suche des Küsters kam mir insofern entgegen, dass er sich nicht leise verhielt.
Ich hörte ihn kommen.
Noch sah ich ihn nicht. Das konnte, sich aber jeden Augenblick ändern. Dann würde er mich sehen, und das musste ich verhindern.
Ich wollte auch keine Pause einlegen und ließ mir deshalb etwas einfallen. Auch wenn es in meinem Kopf noch immer die Stiche gab, darauf nahm ich keine Rücksicht, als ich mich in die Knie sacken ließ und hinter dem Grabstein verschwand, der breit genug war.
Ein guter Platz, und ich dachte nicht im Traum daran, meine Bemühungen, die Stricke an meinen Handgelenken loszuwerden, zu stoppen.
Ich kniete und scheuerte an der seitlichen Kante des Grabsteins entlang. Da ich die gefesselten Hände schräg halten musste, war es längst nicht so bequem, doch darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ich machte verbissen weiter. Ich atmete nur durch die Nase und versuchte so, die Geräusche so gering wie möglich zu halten.
Immer wieder horchte ich in das Gelände hinein. Hinten hatte ich keine Augen. Ich konnte nur hoffen, dass Sean Kilrain nicht auf die Idee kam, einen Bogen zu schlagen, um in meinen Rücken zu gelangen.
Heftig bewegte ich meine gefesselten Hände an der rauen Kante hin und her. Teile der Fesseln hingen schon in Fetzen herab.
Für einen Moment unterbrach ich die Arbeit. Ich zerrte an den Fesseln, um zu probieren, ob sie sich schon gelockert hatten, sodass ich sie unter Umständen zerreißen konnte.
Das gelang leider nicht. Sie saßen immer noch zu fest, und so musste ich weitermachen.
Ich achtete nicht auf neue Kratzer und vergaß sogar meine Verfolger.
Bis zu der Sekunde, als ich die Schritte hörte, obwohl der Boden sie dämpfte. Das hieß, dass Bloom bereits nah an meine Deckung herangekommen war.
Ich kniete und wartete ab. Dabei hoffte ich, dass der Moment der Überraschung auf meiner Seite sein würde. Außerdem glaubte ich, dass ich mit dem Küster den Schwächeren meiner beiden Feinde vor mir hatte.
Ja, er kam.
Ich hörte nicht nur seine Schritte, auch seine Stimme drang an meine Ohren. Er murmelte etwas, und er sprach dabei mit sich selbst.
Was er sagte, verstand ich nicht, und noch sah ich auch nicht, wo er sich aufhielt.
Aber ich wollte es wissen und warf deshalb einen Blick um die rechte Seite des Grabsteins.
Ja, da stand er!
Er wäre fast gegen den Grabstein geprallt. Er ging nicht weiter. Er stand auf der Stelle und sah aus wie jemand, der nicht wusste, wie es nun weitergehen sollte.
Irgendeine Ahnung schien ihm gesagt zu haben, dass sich sein Gegner in unmittelbarer Nähe befand.
Beide warteten wir ab. Ich hielt den Atem an und stieß ihn dann leise aus, als es nicht mehr anders ging.
Der Küster holte dagegen laut und tief Luft. Eine Waffe sah ich nicht in seiner Hand, aber er suchte mich, denn er drehte seinen Kopf immer wieder und schaute in alle Richtungen. Dass uns nur der Grabstein trennte, auf diese Idee kam er nicht. Er war sowieso mehr mit sich selbst beschäftigt und flüsterte Worte, die ich nicht verstand.
Wann ging er weiter? Und vor allen Dingen: Wohin würde er sich wenden?
Ich stellte mich darauf ein, von ihm entdeckt zu werden, und wartete darauf, dass er sich wieder bewegte.
Und das tat er.
Der Küster gab sich einen kurzen Ruck. Er drehte sich leicht zur Seite und ging vor.
Er würde meinen Grabstein an der linken Seite passieren und mich vielleicht nicht entdecken.
Für mich bedeutete das einen kurzen Aufschub.
Aber da Bloom nicht blind war, musste er mich einfach sehen.
Ich bereitete mich darauf vor, mich aufzurichten. Was dabei mit meinem Kopf passieren würde, war mir egal. Es war Pech, dass ich die Fesseln noch nicht losgeworden war, aber da musste ich durch.
Er ging vorbei, ohne sich umzudrehen. An so viel Glück konnte ich nicht glauben, und ich hatte
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