1559 - Kleine böse Nathalie
Schlamm.«
»Da kann ich dir nicht widersprechen.«
Morde sind oft Beziehungstaten. Mich würde es interessieren, in welch einer Beziehung Opfer und Täter gestanden hatten. Irgendwo gab es bestimmt einen Hinweis. Vielleicht sogar im Wohnmobil, das auf den Kopf gestellt wurde. Oft sind auch Hinweise auf der Festplatte eines Computers zu finden, aber ein solches Gerät war im Wohnmobil nicht vorhanden gewesen.
Mir fiel ein, dass ich den Kollegen beim Yard anrufen musste.
Das war schnell erledigt. Er meldete sich auch sofort, als hätte er nur darauf gewartet.
»Sie haben Pech, Mr. Sinclair. Ein Eric Garner ist nicht auffällig geworden. Jedenfalls gab es keinen Grund, ihn in unserer Kartei zu führen.« Er lachte. »Aber da ich ein wenig Zeit hatte, habe ich im Internet gespielt und seine Webseite gefunden, auf der er sich vorstellt. Der haut ganz schön auf den Putz.«
»Wieso?«
»Er nennt sich einen einsamen Wolf, der auf der Suche nach Liebe ist. Und ich kann mir denken, dass er auf die eindeutigen Angebote im Internet fliegt. Das ist ja die große Masche heutzutage. Allein sein und trotzdem kommunizieren.«
»In diesem Fall wohl nicht nur allein. Danke für den Tipp.«
»Nichts zu danken.«
Ich berichtete Bill, was ich erfahren hatte.
Er lächelte. »Dann haben wir so etwas wie eine erste Spur gefunden.«
»Das kann sein.«
»Und wie ist es jetzt mit der Weiterfahrt?«
Ich boxte ihm gegen die Schulter. »Klar, Bill, es bleibt dabei. Du hast schließlich auch einen Computer, der uns sicherlich weiterhelfen kann. Ist ja möglich, dass es auf der Seite Links gibt, die zu anderen Offerten führen.«
»Nicht schlecht gedacht.«
»So bin ich nun mal«, sagte ich und lachte…
Da Bill Conolly fuhr, hatte ich die Aufgabe übernommen und Sheila angerufen.
»Aha, du bist es.«
»Ja, und wir sind auf dem Weg zu dir.«
»Ist denn alles in Ordnung?«
»Bei uns schon.«
»Ha, das hört sich an, als hätte euch das Schicksal mal wieder ein Ei ins Nest gelegt.«
»Kann man so sagen. Es geht um einen ungewöhnlichen und seltsamen Mord. Das alles später.«
»Wann seid ihr hier?«
Ich gab die ungefähre Zeit durch, und Sheila versprach, etwas zu essen für uns bereitzustellen.
»Du bist ein Schatz, Sheila.«
»Kannst du mir das schriftlich geben?«
»Mit drei Durchschriften.«
»Gut, ich verlasse mich darauf.«
Bill hatte mitgehört. Er grinste jetzt. »Sie hat sich wieder beruhigt, John, ich kenne sie. Außerdem haben wir wirklich keine Schuld. So etwas nennt man Zufall.«
»Oder Fügung.«
»Wenn du willst, auch das.«
Es hatte nicht wieder angefangen zu regnen, aber die Straßen waren noch nass.
Zudem trieben Dunstwolken von einer Seite zur anderen.
Die Autos mit ihren Lichtern vorn und hinten sahen manchmal aus wie gespenstische Schiffe, die durch ein Meer aus Wolken glitten und auf der Suche nach einem Hafen waren.
Es war doch recht viel Zeit vergangen. Als wir durch das Tor auf das Grundstück der Conollys fuhren, war die Tageswende kaum mehr als eine Stunde entfernt.
Bill stellte den Porsche vor der breiten Doppelgarage ab und stieg zusammen mit mir aus.
Die Beleuchtung hatte Sheila bereits eingeschaltet, und sie stand schon in der Tür.
Auf ihren Lippen lag ein Lächeln der Erleichterung. Bill hauchte seiner Frau zwei Küsse auf die Wangen, und ich bekam eine Umarmung.
»Ich dachte schon, du wärst ausgewandert«, sagte sie.
»Warum sollte ich?«
»Weil wir dich so lange nicht mehr gesehen haben.«
»Der Job, Sheila, das kennst du ja.«
»Klar, ich weiß, dass Bill auch oft sehr unruhig ist, wenn nichts passiert.«
»Diesmal hatten wir keine Schuld.«
Ich hängte die Jacke auf, und Sheila verschwand in der Küche, um die Fingerfoods aus dem Ofen zu holen.
»Können wir im Arbeitszimmer essen?«, fragte Bill.
»Warum?«
»Weil wir noch was im Internet recherchieren wollen.«
»Okay, ich bringe euch die Sachen.«
»Und ich hole das Bier.«
»Bring für mich auch eine Flasche mit.«
Ich kannte mich bei den Conollys aus und ging schon mal vor.
Bills Arbeitszimmer war altenglisch eingerichtet. Dazu gehörten Ledersessel mit hohen Lehnen. Auf dem Material klebte die Patina der Vergangenheit. Ein großer Schreibtisch aus Holz, mit Büchern voll gestopfte Regale an den Wänden, nur unterbrochen von der Öffnung eines Fensters, das war die Welt des Reporters.
Auf einem Seitentisch stapelten sich zahlreiche Zeitschriften, aber auch die Moderne hatte hier Einzug gehalten.
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