1559 - Kleine böse Nathalie
interessiert dich, nicht wahr?«
»Das will ich nicht abstreiten.«
»Weißt du, dass Neugierde oft tödlich sein kann?«
Bill wollte eine Antwort geben, aber hätte er das getan, dann hätte er keinen Zuhörer mehr gehabt, denn die Leitung war von einem Augenblick auf den anderen tot.
Wir sagten nichts und schauten uns nur an. Bill legte auf. Ein Blick auf das Display sagte ihm nicht viel. Dort stand keine Telefonnummer.
Sheila unterbrach das Schweigen.
»Ich denke, Bill, dass du jetzt in Gefahr schwebst.«
»Nun ja, das kann man so nicht sagen.«
»Doch, diese Unbekannte hat dich gesehen und sich dein Autokennzeichen gemerkt. Sonst hätte sie nicht anrufen können. Sie hält dich und John für gefährlich. Ihr seid Zeugen, die sie nicht gebrauchen kann.«
»Dabei haben wir selbst so gut wie nichts gesehen«, sagte ich.
»Wir müssen uns eben damit abfinden«, sagte Bill. »Und das ist alles nur passiert, weil ich dich anrufen wollte. Da siehst du mal, dass du indirekt…«
»Hör ja auf. Kümmert euch lieber um die Anruferin und auch deren Stimme.«
»Was ist damit?«, fragte ich.
»Die klang so hell und zugleich schrill. Ich hatte das Gefühl, keine erwachsene Person zu hören. Mehr ein Kind oder ein Teenager.«
»Das wäre allerdings ungewöhnlich«, erklärte ich. »Ebenso wie der Tod des Mannes durch eine Waffe, die wir nicht kennen, und die auch kein normales Feuer sein kann, sonst hätte dieser Körper anders ausgesehen. Du weißt selbst, Sheila, dass wir uns damit auskennen.«
»Dann gibt es nur die eine Lösung. Es war das Feuer der Magie, der Hölle, des Bösen wie auch immer. Und somit haben wir alle ein Problem.«
Sie hatte recht. Es gab das Problem, und ich sprach es auch aus.
»Wer ist sie? Wie heißt sie? Zu wem gehört sie? Darauf brauchen wir Antworten.«
Bill schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Ich habe auch noch nie in meinem Leben diese Stimme gehört. Sheila hat recht, das ist keine normale Frau gewesen.«
Ich stimmte ihm zu.
Bill verengte die Augen vor seiner nächsten Frage.
»Könnte es sich um ein anderes Wesen gehandelt haben? Um kein menschliches, sondern um eine Dämonin oder Ähnliches?«
Für einen Unbeteiligten hätte sich das bestimmt spektakulär angehört, aber wir wussten, dass es nicht nur diese Welt gab, sondern noch eine andere, eine dämonische und finstere. Eine Welt, die gefüllt war mit grauenvollen Wesen, und die es immer wieder schafften, in unsere einzudringen, die teilweise auch zwischen uns Menschen lebten.
»Dämonen«, wiederholte ich murmelnd.
»Ja, so sehe ich das auch«, sagte Bill.
»Es könnte sein. Aber ich möchte nur indirekt davon sprechen. Ich glaube nicht, dass sie aussieht wie eine Dämonin. Wäre das der Fall, könnte sie sich nicht unter Menschen trauen, und niemand würde sich mit ihr auf ein Date einlassen.«
»Da gebe ich dir recht«, sagte Sheila.
Bill hob die Schultern. »Gut, dann suchen wir eine Person, die sich zwar ungewöhnlich verhält, aber normal aussieht.«
Er drehte sich auf seinem Schreibtischsessel um und deutete auf den; Bildschirm.
»Dann wollen wir doch mal schauen, ob uns das Internet weiterhilft. Den Namen des Täters oder der Täterin kennen wir nicht, aber wir wissen, wer das Opfer gewesen ist. Der Mann hatte eine eigene Webseite. Mal sehen, ob wir da mehr über ihn herausfinden.«
Bill machte sich an die Arbeit.
Sheila und ich rückten näher an ihn heran und schauten von zwei verschiedenen Seiten auf den Monitor. Bill gab einfach den Namen Eric Garner ein.
Zu dritt saßen wir vor dem Bildschirm, und bei uns baute sich allmählich die Spannung auf.
Ja, die Seite erschien.
Und wir sahen das Bild eines Mannes, der nicht mehr lebte. Ein schon älterer Typ mit einer normalen Haut und dunklen Haaren, die gefärbt sein konnten. Er lächelte den Betrachter an, und als wir den dazu gehörigen Text lasen, da konnte man den Eindruck haben, dass er von jemandem verfasst worden war, der endlich eine feste Bindung eingehen wollte, sie bisher aber noch nicht gefunden hatte.
Es war auch eine E-Mail-Adresse angegeben, unter der man mit ihm chatten konnte.
Bill lachte und fragte: »Bringt uns das weiter?«
»Nein«, sagte ich. »Es sei denn, wir könnten seine E-Mails lesen.«
»Das wird schwer sein, John. Bis wir das Passwort finden, können Jahre vergehen.«
Ich wiegte den Kopf. »Vergiss nicht, dass wir beim Yard auch Spezialisten haben.«
»Das wäre wohl die einzige Chance.«
Um es kurz zu machen,
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