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1561 - Wächterin der Nacht

1561 - Wächterin der Nacht

Titel: 1561 - Wächterin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mit einem verdutzten Blick. »Darüber habe ich noch nicht nachgedacht«, gab sie zu. »Ich kann Ihnen auch jetzt keine Lösung bieten. Möglich ist eigentlich alles, auch wenn es sich noch so verworren anhört.«
    »Liliane will es nicht!« Ich hob die Schultern. »Sie will, dass Sie sich nach ihrem Willen verhalten.«
    »Und warum?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht hätte Ihre Mutter eine Antwort geben können. Aber das ist ja nicht mehr möglich.«
    Judy nickte, bevor sie einen Schritt nach vorn ging. Sie wollte an das Grab ihrer Mutter treten.
    Ich folgte ihr langsam und wühlte mich auch durch das hinderliche Gestrüpp, bevor ich stehen blieb, wo auch Judy angehalten hatte.
    Vor uns lagen einige Gräber, mit denen allerdings kein Staat zu machen war. Sie waren abgesackt und niemand hatte sie gepflegt. Es gab auch keinen Blumenschmuck auf ihnen, es sei denn, man sah das Unkraut als Blumen an. Selbst die Umrandungen waren zum größten Teil verschwunden.
    Auf den kleinen Grabplatten standen keine Namen. Auf einer sah ich gefaltete Hände, auf einer anderen war ein Zweig mit Blättern abgebildet.
    Judy zeigte mit dem Finger auf eine bestimmte Grabplatte.
    »Da liegt sie, John, und ich muss Ihnen ehrlich gestehen, dass ich keine Trauer empfinden kann. Sie können darüber den Kopf schütteln, aber es ist so. Ich kann nicht um sie trauern, und es liegt wohl daran, dass ich nicht die enge Beziehung zu meiner Mutter hatte, wie es hätte sein müssen. Wir sind einfach zu unterschiedlich gewesen.«
    »Das kann ich nachvollziehen. Nur denke ich weniger an Ihre Mutter als an Liliane. Ich kann mir gut vorstellen, dass Liliane Kontakt zu Ihrer Mutter gehabt hat.«
    »Als die noch lebte?«
    »Ja.«
    »Nein!« Sie dachte nach. »Oder doch? Möglich wäre es. Das heißt, ich halte mittlerweile alles für möglich. Liliane ist ja kein normaler Mensch. Ich will sie auch nicht als Engel ansehen. Sie ist einfach nur ein Gespenst, ein Geist - und auf keinen Fall eine von den Heiligen, die meine Mutter so verehrt hat.«
    Ich blieb bei meiner Meinung. »Und doch glaube ich, dass es zwischen Liliane und Ihrer Mutter eine Verbindung gegeben haben muss. Ebenso wie zwischen Ihnen und dem Engel, und das nicht nur vom Aussehen her. Es kann sein, dass Liliane lange gesucht hat, um Sie zu finden. Und jetzt hat sie es geschafft und will dafür sorgen, dass Sie nur das tun, was ihr genehm ist.«
    Judy holte tief Luft. »Und das glauben Sie wirklich?«
    »Es ist eine Möglichkeit. Ob ich damit richtig liege, weiß ich nicht. Wir sollten nur nichts außer Acht lassen. Mehr kann ich Ihnen im Moment nicht sagen.«
    »Hm«, machte Judy. »Sie glauben also, dass es eine Verbindung zwischen dem Jenseits und dem Diesseits gibt. Allerdings habe ich mir die Engel immer anders vorgestellt.«
    »Die Menschen haben eben unterschiedliche Vorstellungen von Engeln.«
    »Auch Sie?«
    Ich nickte. »Ja, auch ich, Judy. Ohne Geheimnisse zu verraten, kann ich Ihnen sagen, dass ich schon des Öfteren mit den verschiedensten Engeln zu tun gehabt habe. Ich kenne sie in etwa, und ich kenne auch ihre Unterschiede. Sie sind nicht alle so, wie man sie sich wünscht. Es gibt welche, die haben Flügel, aber ich habe auch welche gesehen, bei denen sie fehlen. Ich kenne einen Engel, der ein Mittelding zwischen Mensch und einem Geistwesen ist, wobei er einen Körper hat wie ein Mensch. Er nennt sich Raniel, der Gerechte.«
    Judy King hatte staunend zugehört.
    »Dann sind Sie so etwas wie ein Fachmann?«
    »Nein, das nicht gerade. Ich habe nur im Laufe der Zeit einen tieferen Einblick bekommen.«
    »Als Polizist?«
    »Ja.«
    »Das ist ungewöhnlich.«
    »Stimmt. Aber ich habe mich nun mal entschieden, diesen Weg zu gehen.« Mehr sagte ich nicht darüber, denn alles Weitere hätte sie bestimmt noch mehr verunsichert. Ich hätte ihr sagen können, dass Engel und Dämonen oft nebeneinander existierten und die Grenze manchmal fließend war. Aber das hätte sie nur vollends verwirrt.
    Judy war gedanklich wieder bei ihrer Mutter, aber sie fragte allgemein. »Was machen wir jetzt? Wir haben das Grab gefunden. Und nun? Auf wen oder was warten wir?«
    »Ich bin sicher, dass sich Liliane in der Nähe aufhält.«
    Judy zuckte leicht zusammen. »Ehrlich?«
    »Ja. Sie kann uns beobachten, ohne dass wir sie sehen. Das ist für Engel einfach.«
    Judy schwieg. Sie bewegte sich auch nicht. Die Antwort gab sie mit leiser Stimme.
    »Ich sehe sie nicht.«
    »Das hat nichts zu bedeuten, Judy. Für

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