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1564 - Wenn die Toten sprechen

1564 - Wenn die Toten sprechen

Titel: 1564 - Wenn die Toten sprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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anschauen.
    Ihr Haar war pechschwarz und sehr lang, aber sie hatte Teile davon zu einem Zopf geflochten, der lang über ihren Rücken hing. Ein rundes Gesicht mit großen dunklen Augen, ein kleiner Mund, naturrote Lippen, ein weiches Kinn.
    Sie trug ein mantelähnliches Kleid, das rötlich schimmerte und ihr bis zu den Knöcheln reichte. Ihr Füße steckten in weichen Schuhen aus Leinen.
    Sie blickte mir ins Gesicht, ohne etwas zu sagen. Ich hatte das Gefühl, als wollte mich der Blick genau prüfen.
    Ich unterbrach das Schweigen, während sich Suko im Hintergrund hielt.
    Bevor ich zu sprechen begann, lächelte ich.
    »Du bist Maria?«
    Sie nickte.
    Ich streckte ihr die Hand entgegen.
    »Ich heiße John. Hinter mir steht mein Freund Suko.«
    Maria sagte nichts. Sie schien zu überlegen, ob sie meine Hand nehmen sollte oder nicht. Dann entschied sie sich dafür, und als wir uns berührten, da bemerkte ich, dass ihre Hand weder warm noch kalt war, sondern neutral.
    »Ich freue mich, Maria.«
    Sie zog ihre Hand zurück. Es war eine sensible Situation. Ich durfte keinen Fehler machen und sie nicht verschrecken. Dass sie hier zwei Fremden gegenüberstand, musste auch für sie eine Überraschung gewesen sein, wenn nicht ein Schock.
    Ich drehte mich zur Seite. Maria stand noch immer auf der Schwelle.
    »Wills du nicht eintreten?«
    »Es ist mein Zimmer.«
    »Das wissen wir.«
    Sie kam noch nicht und fragte: »Wer seid ihr denn? Was habt ihr hier zu suchen?«
    »Können wir das nicht in aller Ruhe bereden?«
    Ich sah ihr Zögern, dann nickte sie und ging zwei kleine Schritte vor. Am Schrank, der noch nicht wieder geschlossen war, hielt sie an. Sie warf einen Blick hinein und fragte mit leiser Stimme: »Ihr habt ihn durchsucht?«
    »Das haben wir.«
    »Warum?«
    »Weil wir eine Spur von dir finden wollten. Und jetzt haben wir dich gefunden.«
    Ihre dunklen Augen blickten mich an. »Und warum habt ihr mich gesucht?«
    »Das ist eine etwas längere Geschichte, und ich glaube, dass sie auch für dich interessant sein wird. Vorweg möchte ich dir sagen, dass wir nicht gegen dich sind. Bestimmt liegen wir auf einer Wellenlänge.«
    Sie überlegte. Dabei krauste sie die Stirn. Sie musste meine Worte erst verdauen, bevor sie eine Antwort geben konnte. Aber sie ging nicht auf meine Worte ein, sondern sprach mich persönlich an.
    »Du bist ein seltsamer Mensch, John.«
    »Wieso?«
    »Weil ich dich schon gespürt habe, bevor ich dich sah. Du hast mich angelockt. Es war irgendetwas, das mich zu meinem Zimmer hingezogen hat. Aber ich habe es zuvor noch nie erlebt.«
    »Was könnte es denn gewesen sein?«
    »Eine Kraft«, sagte sie leise. »Eine andere Kraft.«
    »War sie dir unangenehm?«
    »Nein.«
    Die Antwort war spontan erfolgt. Da hatte sie nicht erst lange überlegen müssen.
    Mir war klar, was sie damit meinte. Bisher hatte sie mein Kreuz noch nicht zu Gesicht bekommen, aber das wollte ich ändern. Es war für mich so etwas wie eine endgültige Standortbestimmung.
    Ich hatte den Talisman in die Tasche gesteckt. Jetzt holte ich das Kreuz wieder hervor und tat dies mit langsamen Bewegungen, damit Maria nicht erschrak.
    Noch schaute sie auf meine Faust, die ich auch weiterhin geschlossen hielt. Dann aber sagte ich mit leiser, jedoch fester Stimme: »Ich werde dir jetzt etwas zeigen. Und wahrscheinlich ist es das, was dich etwas irritiert hat.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Dann gib jetzt genau acht!«
    Was wie ein Spiel aussah, war keines, denn plötzlich schaute sie auf das Kreuz.
    Als sie es sah, zuckte sie zusammen.
    Ich sah es zuerst als eine negative Reaktion an. Sie wich auch leicht zurück, doch wenig später wusste ich es besser.
    Ich hatte den Eindruck, als hätte das Kreuz etwas erweckt, was bisher in ihr verborgen gewesen war. Sie ging nicht weg, sie stand vor mir, aber sie sah nicht mehr aus wie ein Mensch. Auch nicht wie ein Geist. Mehr wie eine Person, die sich zwischen diesen beiden Zuständen bewegte.
    Es war für mich wie ein Wunder. Mit einer derartigen Reaktion hätte ich niemals gerechnet. Ich hatte so etwas auch noch nicht erlebt und glaubte sogar, ein fernes Singen zu hören, was sicherlich eine Täuschung war.
    Maria strahlte.
    Es war wie bei einer Heiligen, die ein Maler auf die Leinwand gebannt hatte. Sie waren zumeist von einer Aura umgeben, und das sah ich auch hier bei Maria.
    Mein Kreuz blieb ebenfalls nicht normal. Es strahlte eine Helligkeit ab, die allerdings nichts mit dem Licht zu tun hatte, was meine

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