1567 - Der russische Rambo
ich weiß leider zu wenig, weil seine Aktivitäten so vielfältig sind.«
»Ja, ja, John, verstehe schon. Wir arbeiten nicht zum ersten Mal zusammen. Ich will aber nicht glauben, dass Karina in die Fänge des absolut Bösen geraten ist. Das hat sie einfach nicht verdient. An so etwas will ich nicht glauben.«
Ich wollte ihn wieder beruhigen und sagte: »Es muss auch nicht so sein. Ich habe dir nur erklärt, was mir zu diesem blauen Licht eingefallen ist. Sonst nichts.«
»Und sie hat davon gesprochen. Aber sie ist nicht ganz nah bei diesem Licht gewesen.«
»Wie meinst du das?«
»Ihr Körper blieb auf dem Bett liegen. Er wurde nicht geholt. Woher weiß sie dann etwas über das Licht?«
»Der Geist«, sagte ich, »oder die Seele. Da ist nichts vernichtet worden. Körper und Geist sind zwei verschiedene Paar Schuhe, wenn ich das mal so locker ausdrücken darf. Die Funktionen des Körpers sind auf ein Minimum beschränkt, aber ich denke, dass der Geist noch voll da ist.«
»Ja, das ist wohl wahr.« Wladimir ballte die linke Hand zur Faust. »Wenn ich nur genau wüsste, wie sie diesem Gogol auf die Spur gekommen ist, dann ginge es mir besser.«
»Hat sie denn keine Unterlagen hinterlassen?«, fragte Suko. »Damit meine ich auch elektronische.«
»Ich habe mir natürlich ihren Computer vorgenommen. Da war nichts zu finden.«
»Und wo sie sich zuletzt aufgehalten hat, weißt du auch nicht?«
»Nein, nicht wirklich. Sie sprach auch nicht über den Fall mit mir, aber sie war schon der Meinung, dass die Spur, die sie zu Gogol führen würde, heiß war.«
»Und du hast nicht nachgefragt?«
Wladimir hob die Schultern. »Dazu bin ich nicht gekommen. Wir haben auch nur am Telefon miteinander gesprochen. Ich war woanders eingeteilt. Wir hatten vor ein paar Tagen erst einen Präsidentenwechsel. Ihr glaubt gar nicht, wie ich da eingespannt war. Unser Land wird von Terroristen bedroht. Wir leben nicht mehr wie auf einer Insel. Man hat Anschläge befürchtet, und ich war eingeteilt, sie schon im Ansatz zu unterbinden. Das ist eben mein Job, versteht ihr? Da hatte ich kein Ohr für Karinas Probleme. Hätte ich das man gehabt, dann ginge es ihr jetzt besser.«
»Und gefunden hat man sie in dieser Röhre?«, fragte ich.
»Ja, auf einem Baugelände, eine der größten Baustellen hier in der Gegend.«
»Und wer baut dort?«
»Ein russischer Investor. Dort soll ein Luxushotel entstehen und ein Einkaufszentrum, in dem du alles bekommst, was teuer ist. An einen Vergnügungspark hat man auch gedacht, und das ist auch alles so genehmigt worden.«
»Und wer genau baut dort?«
»Einer der mächtigen Oligarchen. Er heißt Anatol Ruffo. Sehr mächtig. Besitzer zahlreicher Erzgruben in Sibirien. Er macht ein Schweinegeld, kann ich euch sagen.«
»Persönlich kennst du ihn nicht?«
»Doch. Ich habe ihn ein paar Mal gesehen. Manchmal muss auch ich zu diesen Empfängen. Dort gibt er sich stets sehr kultiviert und nonchalant. Das ist seine eine Seite.«
»Und die andere?«
»Er ist knallhart, was man in diesem Geschäft ja auch sein muss. Er hat sich erst in den letzten vier Jahren nach oben geboxt, und das gegen eine starke Konkurrenz.«
»Hat es dabei auch Tote gegeben?«
Wladimir grinste bitter. »Nein, nie und nimmer. Was wirklich passiert ist, weiß niemand. Diesem Mann ist nicht zu trauen, das weiß ich, auch wenn er nach außen hin schauspielert. Berühmt sind auch seine Feste. Berühmt und geheimnisvoll.«
»Wieso?«
»Es haben nur Auserwählte Zutritt. Leute, die mit Ruff o zusammen in einer bestimmten Gemeinschaft sind.«
»Kannst du das genauer erklären?«
»Es ist eine Loge.«
Ich horchte auf. »Freimaurer?«
»Nein, John. Da bist du auf dem falschen Dampfer. Die gibt es bei uns nicht. Oder noch nicht. Ich habe jedenfalls noch nichts davon gehört. Die Loge hat einen anderen Namen.«
»Ich bin gespannt.«
Er senkte leicht seine Stimme, wie jemand, der Angst vor Mithörern hat.
»Es ist die Rasputin-Loge!«
Ich sagte erst mal nichts. Auch Suko hielt den Mund.
Rasputin also. Eine schillernde, von Geheimnissen umgebende Gestalt der russischen Geschichte. Ein Mensch, der mit einem Dämon gleichgesetzt wurde, der am Zarenhof ein und aus ging, der Heiler und Zauberer zugleich war und um den sich zahlreiche Legenden rankten.
»Diese Loge sagt euch nichts - oder?«
»So ist es«, erwiderte ich. »Obwohl der Name Rasputin ja nicht unbekannt ist.«
»Ja, und es gibt noch genügend Menschen, die ihm nachtrauern
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