1578 - Hass der Verlorenen
geschlagen hätte.
Er war beim Wecken völlig fertig und ausgelaugt gewesen und hatte sich kaum aus dem Bett wälzen können.
Krank hatte er sich nicht melden wollen, aber seine Angst blieb bestehen.
Und jetzt fühlte er sich noch matter als am Morgen. Wie das möglich war, wusste er nicht. Er konnte sich jedoch vorstellen, dass es mit seinen Träumen zusammenhing, die ihn fast nur noch beschäftigten.
Und es wurde noch schlimmer, als er aufstehen wollte. Er kam kaum von seinem Stuhl hoch. Der kurze Weg bis zu seinem Bett wurde zur reinsten Qual. Die Beine wollten ihm nachgeben, und er musste sich wirklich anstrengen, um die Liege zu erreichen.
Schwer fiel er darauf nieder. Er hielt den Mund offen und saugte mit röchelnden Lauten die Luft ein. Auf seinem Gesicht schimmerte der Schweiß, und er hatte das Gefühl, etwas Unheimliches zu erleben, was mit seinen Albträumen in unmittelbarem Zusammenhang stand.
Schon in den Träumen hatte er das Gefühl gehabt, nicht mehr allein zu sein. Und das war jetzt im Wachzustand nicht anders.
Er war nicht mehr allein. Jemand war bei ihm in der Zelle, obwohl er niemanden sah und die Tür geschlossen war.
Dennoch regte ihn das so auf, dass er den Kopf anhob und zum Ausgang schaute.
Da war nichts.
Smitty dachte an Josh, der bald erscheinen würde. Er würde dann auch den Teller mitnehmen und die leere Plastikflasche, in dem sich das Wasser befunden hatte.
Schachspielen?
Nein, das ist nicht möglich!, dachte Smitty, das schaffe ich heute nicht.
Er ließ sich wieder zurücksinken. Er hätte gern die Augen geschlossen, doch er fürchtete sich vor dem Schlaf und den grauenhaften Träumen, wenn die gesichtslosen Geister oder Gespenster erschienen, um ihn zu malträtieren.
Und er dachte an sein Ende. Okay, so alt war er noch nicht. Er hätte gern noch zwanzig Jahre gelebt, aber diese Träume waren nicht so leicht wegzustecken. Er sah sie als eine Botschaft an, die sich sehr leicht erfüllen konnte.
Smitty lag auf dem Rücken. Er hatte den Kopf leicht zur Seite gedreht, um die Zelle überblicken zu können. Auch die Decke, die eine fleckige graue Fläche bildete.
Und genau dort sah er die Bewegung.
Zuerst glaubte er an eine Täuschung, weil seine Nerven überreizt waren.
Er wollte die Bewegung wegzwinkern, aber das war nicht möglich, denn sie blieb, und so konzentrierte er sich auf sie.
Es waren helle Flecken, die sich hektisch bewegten. Helle Gebilde, die keinen Körper hatten, ihm aber sehr bedrohlich vorkamen, weil sie ihn an die Gebilde aus seinen Albträumen erinnerten.
»Nein«, sagte er leise, »nein, verdammt, haut ab…«
Sie verschwanden nicht. Sie blieben unter der Decke, und sie vermehrten sich sogar noch. Nicht unter der Decke, denn plötzlich sah er sie auch an der Tür. Und da wirkten sie auch nicht mehr flach. Sie hatten sich aufgerichtet, und wenn er sie beschreiben sollte, kam ihm die Form von Kegeln in den Sinn.
»Scheiße, was ist das?«, flüsterte er. Smitty wusste es genau. Er wollte es nur nicht wahrhaben. Das hier waren die Geschöpfe, die er auch in seinen Albträumen erlebt hatte. Schreckliche Wesen für ihn, obwohl sie gar nicht so schlimm aussahen. Er konnte sie sich nur nicht erklären und hatte deshalb große Angst vor ihnen.
»Bitte«, keuchte er, »bitte, geht weg!«
Sie gingen nicht weg. Sie blieben, aber sie sagten nichts. Sie drohten einfach nur durch ihre Anwesenheit. Das war für ihn schlimm genug. Er hatte die schrecklichen Nächte nicht vergessen, und nun war alles wahr geworden, was er geträumt hatte.
Grausam für ihn…
Kein Laut wurde gesprochen, aber die Gestalten - es waren mehrere blieben nicht an ihren Plätzen. Sie huschten plötzlich vor, und kein Laut war zu hören.
Ihr Ziel war Smitty!
Urplötzlich waren sie über ihm. Er erlebte sie so wie in seinem Traum.
Sie huschten von einer Seite zur anderen. Kreuz über quer durch die Zelle.
In den Nächten hatte er die Kälte nicht wahrgenommen. Die bekam er erst hier zu spüren. Sie fing an seinen Füßen an und kroch immer weiter hoch. Sie glitt über seinen Körper hinweg, aber sie blieb nicht nur auf der Haut, sondern drang in ihn hinein, und das trotz Hose und Hemd, die er trug.
Smitty verstand die Welt nicht mehr. Je höher die Kälte kroch, umso stärker wurde seine Angst. Er hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können, obwohl er seinen Mund weit geöffnet hatte. Die Luft wurde ihm knapp, und der Angriff auf sein Leben setzte sich immer
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