1578 - Hass der Verlorenen
behaupten, wenn wir tatsächlich einen Erfolg erzielt haben. Ich halte mich lieber zurück. Dann ist auch die Enttäuschung nicht so groß. Und ich gehe einfach davon aus, dass Brenda Jones nicht die einzige Person ist, die sich die andere Seite geholt hat. Da muss es noch andere geben, und ich hoffe nur, dass sie erst am Anfang stehen mit ihrer Mordserie und dieser Raniel auch die Suppe auslöffelt, die er sich eingebrockt hat.«
Ich hatte Glenda selten so unwirsch erlebt. Aber auch meine Laune war recht tief gesunken. Es ärgerte mich immer, wenn wir nicht selbst agieren konnten und auf andere Menschen angewiesen waren. Das konnte leicht ein Schuss in den Ofen werden, der sich dann in einen Rohrkrepierer verwandelte.
Ich wollte mich von dem Gedanken befreien. Pessimismus brachte uns auch nicht weiter, und als die Tür zum Vorzimmer aufgerissen wurde und Sir James den Raum betrat, da wusste ich, dass er zumindest einen Teilerfolg erreicht hatte.
Ich sah es an seinem Gesicht. Es zeigte einen zufriedenen Ausdruck. In der Hand schwenkte er einen Computerausdruck. »Ich glaube, wir sind einen kleinen Schritt weiter.«
»Tatsächlich?«, fragte ich.
»Hören Sie zu.« Sir James wartete, bis auch Suko im Raum war und erklärte mit knappen Worten, dass es einen Toten in einem Gefängnis gegeben hatte. Der Mann hieß Smitty und hätte in einigen Wochen entlassen werden sollen. Angeblich war der gesunde Mann auf eine ungewöhnliche Weise gestorben, obwohl der Arzt einen Herzstillstand feststellen musste.
»Aber das glauben nicht alle«, erklärte er uns. »Es gibt die Aussage eines Wärters, der diesen Smitty gut kannte und zu Protokoll gab, dass der Gefangene von ungewöhnlichen Albträumen und Erscheinungen berichtet hatte. Sie müssen ihn in den Tagen und Nächten vor seinem Tod stark gequält haben.«
»Das ist doch was!«, sagte ich.
Sir James nickte. »Genau, meine Herren. Und deshalb werden Sie auch hinfahren.«
»Wann wurde der Tote denn gefunden?«, erkundigte sich Suko.
»Bereits am gestrigen Abend. Also noch vor der Tat an Brenda Jones, nehme ich an.«
Ich hatte mich schon von einem Drehstuhl erhoben. An Glendas Blick erkannte ich, dass sie gern mit uns gefahren wäre, doch ihr Job war es, hier im Büro die Stellung zu halten.
»Wir werden dich informieren«, tröstete ich sie.
»Das will ich stark hoffen.«
Wenig später waren Suko und ich unterwegs, um die neue Spur aufzunehmen, von der ich hoffte, dass sie uns nicht ins Leere führen würde…
***
Der Knast lag außerhalb der bewohnten Gebiete an einer Landstraße, die rechts und links ins Nichts zu führen schien und deren Asphalt noch feucht vom letzten Schauer war. Die dunklen Wolken waren nach Osten abgezogen, und über uns lag jetzt ein hellblauer Himmel, der wie frisch gestrichen wirkte.
Auch er und die Strahlen der Sonne konnten die Düsternis des Gefängnisbaus nicht vertreiben. Betonmauern wiesen darauf hin, dass hier so leicht keiner rauskam. Es gab sogar zwei alte Wachtürme, die sicherlich besetzt waren, und das große Eisentor, das uns den Weg versperrte.
Jeder Besucher musste sich anmelden und geriet dabei zwangsläufig in den Bereich der beiden Überwachungskameras.
Da Suko gefahren war, stieg ich aus und meldete mich an einer Sprechanlage. Die normale Anmeldung hatten wir schon hinter uns. Der zuständige Gefängnisdirektor wusste Bescheid, und so wurde das Tor für uns geöffnet, sodass wir in den Hof fahren konnten. Es gab hier sogar Parkplätze, und auf einem stellte Suko unseren Rover ab.
Zwei Uniformierte erschienen, prüften unsere Ausweise und waren zufrieden. Wir wurden in einen Trakt geführt, in dem es nicht nach Knast aussah, sondern mehr nach den Amtsstuben von Beamten.
In einem Büro, dessen beide Fenster vergittert waren, erwartete uns der Direktor. Er war ein Mann um die fünfzig, ziemlich korpulent und sah leicht verschwitzt aus. Das Jackett hatte er über die Lehne eines zweiten Stuhls gehängt. Seine Hose wurde von gelben Hosenträgern gehalten, die sich grell von seinem schwarzen Hemd abhoben. Einen solchen Knastdirektor hatten wir noch nie gesehen.
Er stand auf, um uns zu begrüßen. Dabei funkelte es in seinen grauen Augen. Nach dem feuchten Händedruck bat er uns, Platz zu nehmen, und kam sofort zur Sache.
»Dass sich zwei Beamte von Scotland Yard um die unsicheren Aussagen eines Mannes kümmern, ist mir auch noch nicht passiert.«
»Unsicher?«, fragte Suko.
»Klar. Oder glauben Sie den
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