1585 - Monsterfahrt
klar, wer die sechs Männer getötet hatte.
Das Untier fuhr herum.
Mir war klar, dass seine Kräfte den meinen bei Weitem überlegen waren. Zu einem direkten Kampf wolle ich es deshalb nicht kommen lassen. Da hätte ich nur den Kürzeren gezogen.
Ich schoss erneut.
Diesmal drang die Kugel in die Brust des Untiers. Auch jetzt zuckte es zusammen, glotzte nach unten, und dann tat es etwas, womit ich nicht gerechnet hatte.
Es warf sich herum und floh!
Ich stand nicht mehr allein auf dem Stamm.
Harry war mir gefolgt.
Er murmelte etwas vor sich hin, was ich nicht verstand. Auch er verfolgte mit seinen Blicken das mörderische Monster, das tatsächlich weiterhin floh.
Es rannte über ein Stück flaches Gelände und war wenig später im dichten Wald untergetaucht.
»Du hast die Bestie vertrieben, John.«
»Ja, scheint so.«
»Aber sie ist angeschossen.«
Ich hob die Schultern. »Das schon, aber die Silberkugeln haben sie nicht vernichtet.«
»Das war nicht zu übersehen.«
»Und jetzt?«
»Wir müssen uns damit abfinden, Harry, dass es zunächst mal verschwunden ist. Wir wissen jetzt wenigstens, wer hinter den Morden steckt und dass Karl Donkow sich nichts eingebildet hat.«
»Ja, das wissen wir jetzt.«
Wir sagten nichts mehr, denn das Untier mussten wir zunächst mal hintanstellen, weil die beiden Menschen, die fast Opfer des Monsters geworden wären, wichtiger waren.
Wir hatten sie zwar noch nie gesehen, aber aufgrund der Beschreibung Lisa Donkows wussten wir sofort, mit wem wir es zu tun hatten. Das mussten der Sohn und die Schwiegertochter sein.
Beide lebten noch, und es waren auch keine Verletzungen bei ihnen zu erkennen.
Der Mann lag rücklings auf dem Boden. Seine Frau kniete neben ihm und sprach auf ihn ein.
Harry und ich sprangen auf der anderen Seite des Stammes zu Boden. Beide waren wir gespannt, was uns die Menschen zu sagen hatten, deren Leben wir soeben gerettet hatten…
***
»Bitte, können Sie reden?«, fragte Harry mit leiser Stimme.
Die Frau erschrak. Sie war zu sehr mit der Situation an sich beschäftigt gewesen, als dass sie von ihrer Umgebung etwas wahrgenommen hätte.
»Haben Sie mich gehört?«, fragte Harry sanft.
Erst jetzt schaute sie auf.
Ich hatte meine Waffe wieder verschwinden lassen. Sie sollte die Frau nicht irritieren, die trotzdem etwas zurückwich.
»Was tun Sie hier?«
Harry Stahl gab die Antwort. »Ob Sie es glauben oder nicht, wir haben nach Ihnen gesucht.«
»Bitte? Nach uns?«
»Ja.«
»Und warum?«
Harry lächelte, bevor er sagte: »Ihre Schwiegermutter hat uns den Tipp gegeben.«
»Lisa?«
»Wer sonst? Oder haben Sie noch eine zweite Schwiegermutter?«
Die Furcht der Frau verschwand allmählich, und auch ihr Mann schien den Schock inzwischen überwunden zu haben. Er wollte nicht mehr länger am Boden liegen und ließ sich von uns auf die Füße helfen.
In seiner Frau fand er eine Stütze, als er stand. Sein Blick glitt in die Umgebung. Die Hände hatte er dabei zu Fäusten geballt.
»Keine Angst, Roman, die Bestie ist weg. Die beiden Männer hier haben sie vertrieben.«
Roman Donkow sah uns an. Allmählich verschwand die Furcht aus seinem Blick. Er atmete tief durch wie jemand, der ein schreckliches Erlebnis abschütteln will.
»Wer - wer - sind Sie denn?«, fragte er leise.
Harry erklärte es ihm, ohne die gesamte Wahrheit zu sagen. »Polizei aus Deutschland?«
»Ja.«
»Mit einem Engländer.«
Harry grinste breit. »John Sinclair ist ein Spezialist für besondere Fälle. Mit seinen Schüssen hat er die Bestie vertrieben.«
Roman blickte sich um. »Aber sie ist nicht tot. Oder irre ich mich da?«
»Nein, Sie irren sich nicht.«
Diesmal schaltete Katja am schnellsten. »Dann ist dieses Monster unter Umständen kugelfest?«
»Das wollen wir nicht hoffen«, sagte ich auf Deutsch. »Doch ich denke, dass wir es noch herausfinden.«
»Sie - Sie wollen es jagen?«, flüsterte Roman.
»Genau. Jagen und stellen.«
Den beiden verschlug es die Sprache. Sie waren die einzigen Menschen, die uns eventuell weiterhelfen konnten. Deshalb wollten wir von ihnen wissen, was eigentlich genau geschehen war.
Sie erzählten es uns. Dabei wechselten sie sich gegenseitig ab.
So erhielten wir ein Bild und erfuhren auch, dass sie bereits in Rynica gewesen waren, dem Ort, den wir auch hatten besuchen wollen.
»Und was haben Sie da entdeckt?«
»Es war schlimm«, sagte Katja. »Man hat uns nicht eben willkommen geheißen oder nur auf eine besondere Art.
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