1592 - Der Ilt und der Tod
„Oder willst du, daß sie uns abfangen und dich zu den Schläuchen zurückbringen?"
„Da konnte ich wenigstens schlafen", ächzte der Ilt. „Und genau das möchte ich jetzt am liebsten."
Ihn schwindelte, und er hielt sich nur noch mit größter Mühe aufrecht. Schritt für Schritt kämpfte er sich voran, und seine Gedanken richteten sich auf die Nakken, die sich auf der Aussichtswarte befanden. Es zog ihn zu ihnen, und obwohl ihn eine innere Stimme zur Umkehr ermahnte, ging er weiter.
Sei vernünftig! wisperte es in ihm; Bei den Ärzten bist da gut aufgehoben, und wenn du getan hättest, was sie wollen, wärst du längst gesund.
Er wußte, daß es besser gewesen wäre, dem Rat der inneren Stimme zu folgen, dennoch ging er weiter. Eine fremde Kraft schien die Macht über ihn übernommen zu haben und ihn vorwärts zu treiben. Sie schien jede seiner Bewegungen zu bestimmen, jeden einzelnen seiner Muskeln zu steuern. Er wollte stehen bleiben, doch er ging weiter. Er wollte Paunaro etwas zurufen, doch seine Lippen blieben geschlossen. „Gleich hast du es geschafft", rief der Nakk ihm zu. „Nicht aufgeben."
Er hörte, wie seine Füße über den Boden schleiften, und die Geräusche zeigten ihm an, daß er den Gang verlassen und den Hangar erreicht hatte. „Die Platte ist direkt vor dir", sagte Paunaro. „Du mußt jetzt die Füße heben, oder du fällst."
Gucky sackte kraftlos auf den Boden. Er ließ sich nach vorn fallen, und es gelang ihm, sich mit den Händen abzufangen. Auf allen vieren kroch er auf die Antigravplatte. Danach war er so erschöpft, daß er vollends zusammenbrach und in tiefe Bewußtlosigkeit fiel.
Paunaro startete die Maschine. Er öffnete eine Schleuse und führte die Platte in aller Ruhe aus der CORON heraus. Draußen ließ er sie bis fast auf den Boden absinken, und dann stahl er sich in der Dunkelheit davon.
Dieses Mal flog er nicht direkt auf das Gebirgsmassiv zu, sondern verfolgte einen Kurs, bei dem die CORON genau zwischen ihm und der ODIN lag, und bei dem er darüber hinaus auch noch recht gut gegen die DEAUVILLE gedeckt war. Es gelang ihm, die Antigravplattform bis in eine Schlucht zu führen, ohne entdeckt zu werden.
An einem kleinen Gewässer landete er, um sich mit dem Ilt zu befassen. Gukky lag vollkommen erschöpft auf der Plattform. „Vielleicht möchtest du etwas trinken?" fragte der Nakk. „Wasser ist gleich neben uns."
Der Mausbiber antwortete nicht. Er wälzte sich herum und kroch dann auf allen vieren zum Wasser hin, tauchte die Hände hinein, um sich zunächst das Gesicht zu benetzen und dann ein wenig zu trinken. „Mit mir ist auch nichts mehr los", stöhnte er, als er sich danach auf der Plattform ausstreckte. „Vor 20000 Jahren hätte mir so was nichts ausgemacht."
„Wenn wir erst oben bei den anderen Nakken auf der Aussichtswarte sind, kommst du schnell wieder zu Kräften, und dann lachst du über deine jetzige Schwäche", bemerkte Paunaro. „Wir folgen jetzt dieser Schlucht. In einer steil aufsteigenden Felsrinne kommen wir bis zum Tempel, und dann geht es senkrecht nach oben bis zur Aussichtswarte."
„Hast du dir schon überlegt, was wir tun, wenn wir oben sind?" fragte der Mausbiber. „Ich kann mir denken, daß Perry deine Freunde bewachen läßt. Da oben sind ganz sicher Besatzungsmitglieder der ODIN und einige Roboter. Die werden uns in den Hochgeschwindigkeitslift nach unten setzen und zurückschicken. „ „Wir kommen an ihnen vorbei", erklärte Paunaro. „Da besteht für mich nicht der geringste Zweifel."
Er war so zuversichtlich, daß Gucky sich davon anstecken ließ. Er richtete sich auf, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte sich um, konnte in der Dunkelheit jedoch kaum etwas erkennen. „Worauf wartest du?" fragte er. „Warum starten wir nicht?"
Der Nakk nahm einige Schaltungen vor, und die Plattform stieg auf. Sie glitt über die Felsen hinweg durch die Schlucht, und Gucky gab sich seiner Schwäche hin. Er schloß die Augen und schlief erschöpft ein.
Paunaro wandte sich ihm zu und musterte ihn. „Er ist schwach", sagte er leise. „Sehr schwach. Und das ist gut so. Er würde sich wehren, wenn er stärker' wäre."
Er blickte an der Flanke des Berges hoch. Deutlich erkannte er die leuchtende Akkretionsscheibe am Himmel. Sie zog ihn mit magischer Kraft an. Es schien, als sei er mit unsichtbaren Fäden mit dieser Strahlenquelle verbunden, als würde er durch sanfte Gewalt immer näher an die Aussichtswarte
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