1597 - Die Köpferin
sie wie eine Schattengestalt wirkte.
Ihre Mordwaffe hielt sie mit beiden Händen fest und hob sie jetzt an, sodass sie über ihrem Kopf schwebte. Damit hatte sie eine kampfbereite Haltung eingenommen.
Jane hatte ihre Überraschung schnell überwunden, und ihre Stimme hallte durch die nächtliche Stille.
»Keine Bewegung mehr! Weg mit dem Schwert! Auf den Boden mit dir!«
Die Befehle kamen Jane flüssig über die Lippen. Sie dachte nicht daran, dass es sich bei dieser Mörderin um eine Dämonin hätte handeln können.
Gehorchte sie?
Nein, sie schickte Jane ein Lachen entgegen und setzte zum Sprung an.
Das bekam die Detektivin mit, und sie handelte entsprechend.
Sie schoss!
Die Kugel hätte treffen müssen, aber Jane sah etwas, das sie völlig irritierte.
Die Mörderin vor ihr bewegte sich wie ein Schatten. Es war nicht mal zu sehen, ob sie noch Kontakt mit dem Boden hatte. Sie wirbelte herum, und Jane konnte nicht anders, sie musste erneut abdrücken und versuchte abermals, ihr Ziel zu treffen.
Es klappte nicht.
Sie entging den Kugeln, sie huschte schattengleich hin und her, sodass jede Kugel ins Leere ging.
Nach dem fünften Schuss ließ Jane die Waffe sinken, denn die Killerin war verschwunden. Sie sah sie nicht mehr, und sie hatte keine Ahnung, wie sie abgetaucht war.
Jane merkte, dass sie zu schwanken begann. Sie hielt sich am Türpfosten fest und musste erst mal zusehen, dass sie wieder zurück in die Normalität fand.
Die bestand unter anderem darin, dass der Mörderin die Flucht gelungen war. Obwohl man es bei ihr wohl kaum als Flucht ansehen konnte. Sie hatte sich eben auf ihre Weise zurückgezogen, und man konnte durchaus davon ausgehen, dass dieser Besuch nicht der letzte gewesen war.
Darüber machte sich Jane Collins keine Gedanken, sie wurde zudem von den normalen Ereignissen abgelenkt, denn die Schüsse waren gehört worden.
Es waren noch keine Polizeisirenen zu vernehmen, aber in den nahe stehenden anderen Häusern wurden schon Fenster geöffnet, und Jane war davon überzeugt, dass bald auch Streifenwagen vor dem Haus anhalten würden.
Sie holte ihr Handy hervor und wählte John Sinclairs Nummer.
Der wollte wissen, was los war.
»Später, John, es ist nur wichtig, dass du so schnell wie möglich bei mir bist.«
»Okay«, hörte sie die Stimme ihres Freundes, »ichfliege…«
***
Es war ein Bild, das mir alles andere als Freude bereitete.
Vor Janes Haus standen die vier Streifenwagen. Die Straße war abgesperrt worden, und so verließ ich das Taxi, mit dem ich hergekommen war, und legte den Rest der Strecke zu Fuß zurück.
Aus den Häusern waren die Neugierigen geströmt. Manche lagen auch in den offenen Fenstern.
Ich hörte auf meinem Weg zu Janes Haus ihre Diskussionen. Niemand wusste so recht, was tatsächlich passiert war. Es war nur immer von Schüssen die Rede.
Ich wusste, wer sie abgegeben hatte. Das war Jane Collins gewesen.
Bei einem zweiten Anruf, der mich unterwegs erreicht hatte, hatte sie es mir gesagt, und sie hatte auch von einem Toten ohne Kopf gesprochen.
Das war für mich ein Alarmsignal gewesen. Ich sah plötzlich Parallelen zu meinem Fall und verspürte so etwas wie eine Gänsehaut im Nacken.
Vor Janes Haus gab es eine weitere Absperrung, die auch ich nicht übertreten sollte. Mein Ausweis sorgte dafür, dass der junge Kollege, der als Aufpasser fungierte, salutierte.
»Wer leitet den Einsatz?«, fragte ich ihn.
»Chiefinspektor Ganter, Sir.«
Den Mann kannte ich nicht persönlich, dem Namen nach allerdings schon. Ich glaubte sogar zu wissen, dass er von Sheffield nach London versetzt worden war.
Bevor ich das Haus betrat, schaute ich mich im Vorgarten und auf dem Weg um. Das helle Licht der Scheinwerfer leuchtete den Tatort aus, an dem noch niemand die Blutlache weggewischt hatte. Den Toten sah ich nicht, aber ich wusste, wo er lag. Man hatte über ihm eine Decke ausgebreitet und sie an den Seiten beschwert, damit sie der Wind nicht wegwehte.
Die Männer der Spurensicherung verrichteten ihre Arbeit. Sie sahen in ihren Schutzanzügen aus wie bleiche Gespenster von einem anderen Planeten.
Ich machte einen kleinen Umweg um sie herum und blieb neben der abgedeckten Leiche stehen.
Irgendjemand musste mich beobachtet haben, denn ich wurde von hinten angesprochen.
»Wollen Sie die Leiche sehen, Mr. Sinclair? Das ist kein erhebender Anblick.«
Da hatte jemand meinen Namen genannt. Eine Männerstimme, die ich nicht einordnen konnte. Ich drehte mich um
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