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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mich drohende Mündung und drückte ab, beide Schüsse hintereinander, fast zugleich.
    Von Oscos Schrei bis zu diesen beiden Schüssen war eine so kurze Zeit vergangen, daß sie sich gar nicht messen läßt. Kaum war der Schrei erklungen, so krachten auch schon die zwei – oder vielmehr die drei Schüsse, denn derjenige, welcher draußen stand, hatte auch losgedrückt, glücklicherweise nicht eher, sondern vielleicht den zehnten Teil einer Sekunde später als ich.
    Auf den Krach der Schüsse folgte draußen ein schriller Schrei.
    Halef hatte Oscos Warnungsruf gehört und sich nach dem Fenster umgedreht, aber meine Büchse war ebenso rasch wie sein Blick gewesen. Er hatte den fremden Gewehrlauf gar nicht gesehen. Darum fuhr er jetzt vom Stuhl auf und rief:
    „Was gibt es, Sihdi? Du schießest!“
    „Ein Mörder, ein Mörder!“ antwortete Osco, noch immer starr und mit ausgestrecktem Arm dastehend, während ich aufgesprungen war, den Bärentöter auf den Tisch warf und den Stutzen aus den Händen des Wirtes riß.
    Ich konnte nicht sehen, wer draußen stand; befand sich der Schurke noch da, so war er verloren, denn, nun seitwärts vom Fenster stehend, wo ich kein grades Ziel mehr bot, feuerte ich sechs bis acht Schüsse so schnell hintereinander hinaus, daß es nur ein einziger Schuß zu sein schien.
    Halef hatte sofort begriffen, um was es sich handelte.
    „Schieß nicht weiter!“ rief er mir zu.
    Im nächsten Augenblick war er in der Fensteröffnung und wollte hinaus.
    „Halef, bist du toll!“ rief ich, ihn bei den Beinen fassend, um ihn zurückzuziehen.
    „Ich muß hinaus!“ schrie er, riß sich los und sprang auf die Straße hinab.
    Ich hatte mit dem gesunden Fuß einen raschen, weiten Schritt gemacht, der mich an das Fenster brachte. Die Wand war nicht stark. Schnell schob ich erst den Stutzen und dann den Kopf mit dem linken Arm durch das Fenster. Mehr brachte ich von meinem Körper nicht hinaus. Das Fenster war zu schmal für mich. Ich sah Halef laufen, nach rechts hin, wo das breite Hoftor offenstand und der Schein der lodernden Feuer hell auf die Straße fiel.
    Zu gleicher Zeit aber löste sich von der dunklen Tür des gegenüberliegenden Hauses des Fleischers eine Gestalt ab und rannte hinter Halef her.
    War das ein Feind? Ich legte den Stutzen an. Da sah ich einen Menschen am Tor vorübereilen. Er war beim Flammenschein deutlich zu erkennen.
    „Manach el Barscha!“ brüllte Halef hinter ihm her. Auch ich hatte ihn erkannt und sah nun Halef an dem Tor vorbeirasen. Ich zielte auf die schmale Stelle, welche erleuchtet war und an welcher nun der dritte vorüber mußte, welcher dem kleinen Hadschi folgte.
    Jetzt erschien die Gestalt desselben im Licht. Er war genauso gekleidet, wie der Fleischer es gewesen war. Jetzt kam er mir vor das Visier, und ich schoß. Aber ich sah, daß ich ihn fehlte. Da ich nur den linken Arm draußen hatte, mußte ich links zielen und schießen. Nun soll mir einer des Nachts, dazu in so unbequemer, eingeengter Haltung und vom Flackern der Feuer beirrt, das Gewehr an die linke Backe legen, das rechte Auge schließen und dann einen sicheren Schuß abgeben! Es war fast unmöglich.
    Natürlich zog ich mich sofort wieder in die Stube herein und befahl Osco und Omar:
    „Schnell nach! Durch die Stube und den Hof, rechts die Straße hinauf! Halef befindet sich zwischen zwei Gegnern.“
    In diesem Augenblick fielen mehrere Schüsse. Es waren Pistolenschüsse. Die beiden griffen nach ihren Flinten.
    „Nicht die Gewehre! Da ist nur mit Messern und Pistolen zu tun. Fort, fort, schnell!“
    Darauf rannten sie zur Tür hinaus. Ich konnte ihnen leider nicht folgen. In meinem hilflosen Zustand war ich zum Bleiben genötigt.
    Der Wirt saß noch immer gleichsam erstarrt auf seinem Stuhl, wie ich ihm den Stutzen aus der Hand gerissen hatte, so hielt er sie noch. Er hatte seit dem Warnungsruf Oscos noch keine Bewegung gemacht und noch kein Wort gesprochen.
    „Ef – ef – effen – fendi!“ stammelte er jetzt. „Was war es denn?“
    „Das hast du doch gesehen und gehört.“
    „Man hat ge – ge – geschossen!“
    Ich faßte ihn bei der Schulter und schüttelte ihn.
    „Mann, komm doch zu dir! Du bist ja ganz steif vor Angst!“
    „Galt es mir?“
    „Nein, mir.“
    „Ich dachte, weil – weil ich euch geholfen habe, wollten sie mich erschießen.“
    „Nein, dein teures Leben war nicht bedroht, sondern das meinige. Aber mache den Laden zu; wir wollen niemand Gelegenheit

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