1605 - Blutnacht - Liebesnacht
als dieser sich wieder in Bewegung setzte und den Schnee knirschen ließ.
Darius wollte keine Zeit verlieren, und so nahmen sie den direkten Weg zum Friedhof.
Der Vampir war jetzt vorsichtiger geworden. Er lechzte zwar nach Blut, aber nicht um jeden Preis. Die Stimmen hatten ihn leicht verwirrt. Damit hatte er nicht gerechnet. Er ging jetzt davon aus, dass sich mehrere Personen an seinem Ziel aufhielten. So war das nicht gedacht. Er hatte nur eine Frau herbestellt.
Erneut blieb er stehen. Diesmal erreichten ihn die Stimmen deutlicher.
Leider verstand er nicht, was gesprochen wurde, und das ärgerte ihn.
Ein Mann und zwei Frauen!
Das Verhältnis gefiel ihm ganz und gar nicht. Seit er das Blut seiner Begleiterin getrunken hatte, musste sich einiges getan haben, was er nicht mitbekommen hatte. Da eine neue Situation vor ihm lag, musste er sich darauf einstellen. Er drehte sich um und schaute Anne Höller direkt an. Sie zitterte. Nicht wegen der Kälte, sie wartete darauf, angesprochen zu werden.
Das tat Darius. »Es hat sich etwas verändert und nicht eben zu unserem Vorteil. Wir müssen uns auf eine neue Situation einstellen. Ist dir das klar?«
Sie nickte und sagte: »Es geht jetzt um drei Opfer, nicht?«
»Genau. Du hast gut zugehört. Da sind zwei hinzugekommen. Ein Mann und eine Frau. Ich kenne den Mann nicht. Ich halte ihn nur für gefährlich. Ich habe zwar keinen Beweis dafür, aber wer sich um diese Zeit auf einem einsamen Friedhof herumtreibt, der muss schon etwas Besonderes sein.«
Anne hörte sich alles an. Sie hatte Mühe, es zu verstehen, denn der Drang, endlich Blut trinken zu können, wurde allmählich übermächtig in ihr. Es war ihr nicht mehr möglich, ruhig auf der Stelle stehen zu bleiben.
Sie trat von einem Bein aufs andere, und ihr Blick hing am Gesicht des Vampirs.
Er bewegte den Kopf. Wie jemand, der nach einem Ausweg oder einem Versteck sucht. Doch da gab es nichts zu entdecken. Sie mussten sich der Mauer auf der freien Fläche nähern, was er alles andere als gut fand.
Aber aufgeben wollte er nicht, außerdem würde es ihm nicht mehr leichtfallen, seine Braut unter Kontrolle zu halten.
Das Schicksal oder der Zufall kam ihm zu Hilfe. Er sah die Bewegung an der Mauer und hielt es für wenige Augenblicke für eine Täuschung. Genau das war es nicht, und als er dies erkannte, da löste sich ein kurzes, scharfes Lachen aus seiner Kehle.
»Was ist denn los, Darius?« Anne Holler klammerte sich an seiner Kleidung fest, als suchte sie Hilfe.
»Zwei gehen!«, flüsterte er.
»Und weiter?«
»Der Mann bleibt zurück.« Ein böses Lachen verließ seinen Mund. »Das ist unsere Chance. Deine Chance auch. Ich weiß nicht, wohin die Frauen gehen. Nach Flucht sieht es mir nicht aus. Und ich weiß, dass Moni Schmitz dabei ist.«
Er hob den Arm und krallte seine Hand in ihre rechte Schulter. »Hol sie dir!«
»Was?«
»Ja, du kannst sie dir holen.«
Sie war so überrascht, dass sie kaum etwas sagen konnte und nur ein leises Stöhnen über ihre Lippen drang. Aber sie hatte den Kopf gedreht und schaute dorthin, wo die beiden Frauen es geschafft hatten, die Mauer zu überklettern. Sie liefen von ihr weg. Es sah so aus, als wollten sie in die Leere hineinlaufen, was der Vampir nicht glaubte.
»Sie werden ein Ziel haben. Ich glaube nicht, dass sie fliehen und den Mann allein zurücklassen.«
»Was ist mit ihm?«
»Um ihn kümmere ich mich.«
»Gut.«
»Geh jetzt!«
Es gab nichts, was Anne Höller lieber getan hätte. Denn die Gier nach dem frischen Blut der Frauen trieb sie an…
***
Moni Schmitz war sauer. Dass man ihr die Hände zusammengebunden hatte, gefiel ihr gar nicht. Sie war es nicht gewohnt, sich in dieser Haltung zu bewegen und schon gar nicht durch einen recht tiefen Schnee, der ihr manchmal bis über die Knöchel reichte. Entsprechende Mühe hatte sie, sich auf den Beinen zu halten. Mit geflüsterten Flüchen begleitete sie ihr mühsames Vorankommen.
Dagmar Hansen blieb gelassen. Da konnte die Frau toben, wie sie wollte. An ihrer Lage würde das nichts ändern. Dabei hätte sie froh darüber sein können, nicht Gefahr zu laufen, von einem Blutsauger gepackt zu werden.
Der Wagen stand nicht weit von der Friedhofsmauer entfernt. Im Normalfall eine lächerliche Entfernung. Nicht aber bei diesen Bedingungen. Und auch nicht mit gefesselten Händen. Die Verhältnisse sorgten dafür, dass Moni sich allmählich zu beruhigen begann. Ihre Beschimpfungen wurden leiser. Sie
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