1606 - Die Zeit-Bande
war.
»Jetzt bin ich bei dir«, flüsterte Randolf. Erneut war seine Stimme überdeutlich zu hören, aber sie hatte nach wie vor den fremden Klang beibehalten.
Der Templer wich zurück. Er wollte aus dem Schlagkreis der Waffe gelangen - und hörte das Pfeifen, als die Klinge die Luft durchschnitt.
Godwin entging dem Hieb mit einer schnellen Drehung, aber sein Feind lachte nur und startete zu einem neuen Angriff.
»Ich werde dir dein Leben nehmen, verlass dich darauf.«
Mit einer fürchterlichen Wucht führte er den nächsten Streich aus…
***
Es war eine innere Unruhe, die Sophie Blanc aus dem tiefen Schlaf holte und sie einem Traum entriss, der sie im Schlaf hatte lächeln lassen.
Ruckartig richtete sie sich auf, fuhr durch ihr Haar und schüttelte dabei den Kopf.
Etwas stimmte nicht. Und das merkte sie sehr schnell, als sie nach rechts fasste. Dorthin wo ihr Mann Godwin liegen musste.
Er lag nicht in seinem Bett. Er hatte sich nicht mal hingelegt, denn das Oberbett war nicht zerwühlt.
Es war kein Grund für Sophie Blanc, sich darüber zu ängstigen. Sie kannte ihren Gatten, der die ruhigen Stunden der Nacht liebte, um sich mit bestimmten Dingen zu beschäftigen oder auch nur, um zu meditieren.
So etwas kam häufiger vor, und Godwin kündigte es auch nicht zuvor an.
Wenn ihn der Wunsch überkam, musste er ihm nachgeben.
Da sie das kannte, hätte sie sich jetzt wieder hinlegen und weiterschlafen können. Es wäre sogar normal gewesen, aber das genau tat sie nicht. Sophie wusste den Grund selbst nicht zu sagen. Sie dachte an ihre innere Unruhe, die sie nicht besiegen konnte. Als eine Vorahnung wollte sie dies nicht akzeptieren, aber ihr Misstrauen war gewachsen.
Bevor sie aufstand, warf sie einen Blick auf die Uhr und wunderte sich nicht, dass Mitternacht schon vorbei war. So etwas war sie von ihrem Mann gewöhnt. Wenn er einmal in seinem Arbeitszimmer saß, vergaß er praktisch alles.
Sie stand auf. In der Nähe hing ein dünner Morgenmantel, den sie überstreifte. Sie warf einen Blick in den nahen Spiegel und sah eine junge Frau mit blonden Haaren und einem Gesicht, das fein geschnittene Züge aufwies. Sophie Blanc konnte so wunderbar lächeln, aber jetzt waren ihre Lippen zusammengepresst, denn ihre innere Unruhe gefiel ihr ganz und gar nicht.
Noch war ja nichts Richtiges passiert, aber das ungute Gefühl wollte auch nicht weichen, als sie sich der Schlafzimmertür näherte und sie behutsam öffnete.
Sophie und ihr Mann Godwin lebten in einer Wohnung im unteren Bereich des Klosters. Dass ein Templer verheiratet war, der in einem Kloster lebte, war ein Novum. Aber es wurde hier akzeptiert. Zudem war Sophie Blanc eine besondere Frau. In ihr war eine der geheimnisvollsten Frauen der Geschichte Geboren worden, nämlich Maria Magdalena. Sophie wusste diese Last mit Würde zu tragen, und sie war letztendlich sogar stolz darauf, die Person zu sein, die sich Maria Magdalena für ihre Wiedergeburt ausgesucht hatte.
Sie warf einen Blick in den kleinen Flur. Eine Tür bildete die Grenze zum übrigen Teil des Klosters, und Sophie war beruhigt, dass diese geschlossen war.
Sie wandte sich in die andere Richtung, denn dort lag das Arbeitszimmer ihres Mannes, in dem sich Godwin so gern aufhielt und das für ihn so etwas wie ein kleines Heiligtum war. Dort stand auch der geheimnisvolle Knochensessel, an dessen Existenz sich Sophie erst hatte gewöhnen müssen, ihn allerdings jetzt hinnahm, sodass ihr kein Schauer mehr über den Rücken lief, wenn sie ihn betrachtete.
Sophie bewegte sich möglichst lautlos auf die Tür des Arbeitszimmers zu und hatte erst die Hälfte der kurzen Strecke hinter sich gebracht, als sie etwas störte, denn durch die geschlossene Tür drangen Geräusche, die ihr gar nicht gefielen.
Sie hatte damit gerechnet, eine Stille zu erleben, in der sich ihr Mann normalerweise wohl fühlte, aber dass er solche Geräusche verursachte, das stieß ihr schon seltsam auf.
Was passierte da?
Sekunden später hatte sie die Tür erreicht und drückte ihr Ohr gegen das Holz. Jetzt hörte sie zwar besser, aber sie fand leider nicht heraus, wie die Geräusche zustande kamen, und sie wollte diese auch nicht als normal hinnehmen.
Es waren auch Stimmen zu hören. Also war Godwin nicht allein. Er hatte ihr allerdings nichts von einem Besucher erzählt. Möglicherweise war auch einer der Brüder bei ihm, weil sie etwas zu besprechen hatten.
Seltsamerweise konnte sie daran nicht so recht glauben. Sie
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