Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1610 01 - Der letzte Alchimist

1610 01 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 01 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
Vom Netzwerk:
das nichts, wenn man unterhalb der Hutkrempe getroffen wird.
    Ich stolperte mehr, als notwendig war, und wartete auf eine Gelegenheit, mich loszureißen. Es mag seltsam erscheinen, dass ich nicht besorgter oder überraschter war. Der Vorteil eines großen, kräftigen Leibes besteht darin, dass man eine Menge Prügel einstecken kann, wenn man nicht gerade ins Gesicht, auf die Hände oder an den Eiern getroffen wird. Ich wusste, dass ich viel Schaden einstecken konnte.
    Aber wie auch immer: Ist ein Mann erst einmal gefangen, kann man ihn auf eine Art behandeln, die ihm nicht gefällt. Ich wankte in die eine und stolperte in die andere Richtung, während ich auf eine Gelegenheit wartete, den beiden Männern die Schädel zusammenzuschlagen und zu fliehen. Sie waren dumm genug gewesen, mir mein Schwert zu lassen. Ich konnte es ziehen und mir fast im selben Augenblick meinen Dolch zurückholen, und dann würde es nichts geben, mit dem ich nicht zurechtkommen konnte – auch wenn sie allesamt englische Rapiere und Breitschwerter am Gürtel trugen.
    Aber die Frau kennt meinen Namen.
    Ich ließ den Kopf hängen und blickte auf die neue Straße hinunter, durch die sie mich schleppten. In Southwark führt nur an wenigen Stellen mehr als eine Straße am Fluss entlang. Südlich davon erstreckt sich offenes Weideland.
    Werden Mademoiselle Dariole und Monsieur Saburo dort warten, wo wir uns zuletzt gesehen haben?
    Ich stolperte über ein Loch im Pflaster. Warum denke ich zuerst an sie beide? An Dariole?
    Wir entfernten uns wieder von dem offenen Land und kamen auf eine geschäftigere Straße, die von Nord nach Süd verlief.
    Der jüngere der beiden Männer, die mich hielten, hob den Blick, als suche er nach einer Landmarke, und verpasste mir mit überraschender Kraft einen Schlag in die Rippen.
    Ich schnappte nach Luft. Es ist ein wahrhaft furchtbares Gefühl, atmen zu wollen, und es nicht zu können. Ich konnte nicht mehr klar sehen. Ich weiß nicht, wie weit wir noch gegangen sind. Meine Füße schleiften hinter mir her.
    Schließlich ließen sie mich fallen.
    Ich landete auf Gras, wie ich durch die Handschuhe fühlte. Nasses Gras, das vom Regen der vergangenen Nacht noch nicht getrocknet war. Es roch nach Frühling, und ich lag auf allen vieren …
    Mein Blick klärte sich wieder. Niemand hielt mich davon ab, mich wieder aufzurappeln. Die Männer hatten sich zurückgezogen, wie ich bemerkte, als ich mich dümmlich umschaute.
    Hecken umschlossen einen Rasen. Ein Teil davon war geschnitten, ein anderer nicht. Ein Mann stand mir gegenüber, die Hände auf etwas, was ein marmorner Grabstein hätte sein können; dann sah ich, dass es sich um eine Sonnenuhr handelte. Der Gnomon war dunkel von Grünspan.
    Der blonde Mann hob den Blick vom Gnomon in exakt demselben Augenblick, da ich ihm ins Gesicht schaute.
    »François Ravaillac ist tot.« Für einen Gelehrten klang seine Stimme ungewöhnlich voll. Sein Bart war nach englischer Mode kurzgeschnitten, und seine blauen Augen fixierten mich.
    »Ihr seid Monsieur Valentin Raoul Rochefort, obwohl das nicht Euer vollständiger Name ist, und Ihr seid der Mann, der den König von Frankreich ermordet hat und damit durchgekommen ist.«
    Ich starrte ihn an.
    »Ich werde nicht zulassen, dass Ihr mir verweigert, um was ich Euch nun bitten werde«, sagte er und nahm die Hände von der marmornen Sonnenuhr. Er war vielleicht ein paar Jahre jünger als ich – Mitte Dreißig vielleicht –, doch er trug die Gelehrtenrobe eines alten Mannes.
    Lächelnd blickte er mir ins Gesicht. »Ich bin Robert Fludd, und Ihr seid Valentin Rochefort. Ihr habt bereits einen König erfolgreich ermordet, und jetzt möchte ich, dass Ihr die Ermordung eines weiteren arrangiert.«

Rochefort: Memoiren
Elf
    »Ravaillac ist tot?«, wiederholte ich dümmlich.
    Ich hätte besser gefragt, Wer ist dieser Ravaillac'?, doch angesichts dessen, was dieser Robert Fludd über mich zu wissen schien, kam mir das überflüssig vor. Ich hätte mir jedoch gewünscht, ich hätte weniger verblüfft geklungen.
    »Ah … Ich sollte wohl besser sagen, er wird sterben, in drei Tagen. Am siebenundzwanzigsten nach Eurem Kalender; am siebzehnten, wie wir hier rechnen. Er wird sterben, ohne auch nur ein einziges Wort gebeichtet zu haben. Niemand wird je wissen, wer ihm die Möglichkeit eröffnet hat, König Heinrich zu töten.«
    Was zunächst eine überwältigende Erleichterung gewesen war, verwandelte sich in Abscheu. Dass ein Wahrsager und

Weitere Kostenlose Bücher