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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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wir auf sie stoßen.«
    Saburo schaute mich fragend an.
    »Wir werden nach Westen reiten«, erklärte ich, »gut eine Meile in die Marschen hinein. Dann werden wir uns parallel zur Bristolstraße bewegen. Auch wenn wir dadurch langsamer vorankommen, wird man uns selbst bei Tageslicht nicht so leicht entdecken.«
    Saburo stieß ein Grunzen aus, das ich als Zustimmung deutete. »Wie geht es dem König-Kaiser?«
    Ich blickte zurück. Wenn wir einen Mann ständig führen müssen, bedeutet das nur weitere Verzögerungen. Unter den Bäumen konnte ich ihn kaum sehen.
    Über uns knarrten die Äste, und aus der Dunkelheit kam eine Stimme. James Stuart sprach zum ersten Mal seit einer Stunde.
    »Wir werden nach London gehen.«
    Sein Tonfall war kalt, vollkommen anders als der des zu Tode verängstigten Narren beim Maskenspiel.
    Dass er sich unter diesen Umständen nicht in einen Feigling verwandelte, sondern im Gegenteil neuen Mut fand, überraschte und freute mich zugleich. »Gut, Sire! Je eher Ihr in die Hauptstadt zurückkehrt desto besser.«
    »Wir werden Uns um den Earl of Northumberland und seinen Lakaien Fludd kümmern«, fuhr James fort. »Und Wir werden Uns um Unseren undankbaren, treulosen … Wir wollen ihn nicht mehr ›Sohn‹ nennen. Sie werden alle im Tower bleiben und zwar so lange, wie der Henker braucht, um den Richtblock aufzubauen.«
    Saburo grunzte auf eine Art, die ich als Zustimmung und Erleichterung darüber deutete, endlich eine Sitte bei den gaijin gefunden zu haben, die denen seiner Heimat ähnelte.
    Die Marschen von Somerset bildeten ein Labyrinth aus Wegen, Pfaden, Gräben, kleinen Feldern, Tümpeln, Hecken und hier und da einem Bauernhof oder Weiler. Hätte ich den vergangenen Monat über nicht viel Zeit mit Ausreiten verbracht, ich hätte es nicht gewagt, hier hineinzugehen.
    Das Licht des Neumondes ist tückisch, wenn es ums Reisen geht. Wir ritten stetig weiter, aber langsamer, als mir lieb war. Trotzdem musste ich noch vor Monduntergang zugeben, dass ich mich verirrt hatte.
    Als im Osten die ersten Sonnenstrahlen über dem Horizont erschienen und die Vögel zu singen begannen, hielten wir an und taten uns an den Feldrationen gütlich, die wir in den Satteltaschen fanden. Mademoiselle kramte noch ein wenig mehr in den Besitztümern der Toten und förderte tatsächlich eine Ersatzhose zu Tage. Sofort ging sie zu einem Tümpel, um sich dort zu waschen, und kurz darauf kehrte sie entschlossenen Schrittes in einer langen kirschroten niederländischen ›HaH‹ Hose wieder zurück, die ihr mehr als nur ein wenig zu groß war.
    Ich vermutete, dass sie mit ihrem entschlossenem Gang jedwedem Kommentar meinerseits zuvorkommen wollte, was die Gründe dafür betraf, warum sie die Hose überhaupt hatte wechseln müssen. Ich verspürte aber ohnehin nicht die geringste Lust, sie in Verlegenheit zu bringen.
    Was an sich schon seltsam ist, sinnierte ich, während ich das Zaumzeug meines gestohlenen Pferdes überprüfte. Drei Monate zuvor hätte ich sie mit Freuden in aller Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preisgegeben. War das Mitleid? Oder schlicht Mitgefühl ob ihres Leidens?
    »Roshfu-san!« Saburo deutete nach vorn.
    Ich schaute in die entsprechende Richtung.
    Auf einem Hügel war die Silhouette eines Reiters zu sehen.
    Dass er dort vor der aufgehenden Sonne so deutlich zu erkennen steht, ist pure Absicht, dachte ich und bemerkte dann einen zweiten, dritten und vierten Reiter. Sie wollen ihre Beute in Panik versetzen, damit sie losläuft und sich so zeigt.
    Ich schirmte meine Augen mit den Händen gegen das Licht der aufgehenden Sonne ab und schaute zu den dunkelgrünen Hängen der Hügel, die wir hinter uns gelassen hatten.
    Es war schwer, aber ich konnte sie erkennen: Gut zwanzig Reiter, nicht zu weit auseinander, bildeten nach Westen hin einen Kordon und näherten sich uns von der Bristolstraße.
    Regen prasselte aus einem schwarzblauen Himmel.
    Drei unserer Pferde mussten wir schon in der ersten Stunde zurücklassen; der ständige Kampf gegen den Schlamm der Marschen hatte sie vollkommen erschöpft. Das Pferd des Königs und sein Ersatzpferd (denn das war das letzte nun geworden) brachen schließlich zusammen, noch bevor der Morgen vergangen war.
    So setzten wir unseren Weg zu Fuß fort, wohlwissend, dass Prinz Heinrichs Reiter uns dicht auf den Fersen waren. Zu Fuß werden wir berittenen Verfolgern nie entkommen, und sie haben mit Sicherheit Hunde dabei …
    »Ich muss mal ein ernstes Wörtchen mit

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