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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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der Verratenen!
    Diese Statue der Viper haben wir errichtet
    ihr zum Gedenken, denn wir sind stolz,
    sagen zu können, dass sie unsre Herzogin war.
    [An HIPPOLYTO:]
    Schaut! Schaut auf dieses Gesicht, o gottloser Mann!
    Hier ist die Frau, die Ihr zum Tode verdammt habt,
    als sie doch nur hat schlafen wollen.
    [An den PÄPSTLICHEN GESANDTEN:]
    Und Ihr, Gesandter Roms,
    warum sitzt Ihr auf ihrem Thron?
    Wäre sie hier, welch Rache würde Euch erwarten?
    GESANDTER:
    Diese Statue ist Ketzerei! Götzendienst!
    Aus Elfenbein gehauen und mit Gold verziert,
    so lebensecht, dass man schwören könnt, sie würde atmen.
    HIPPOLYTO:
    Oh, ich könnte weinen! Zeigt mir nicht dies Gesicht.
    Ich stieß sie den Hang des Avernus hinunter,
    und seitdem ist nicht eine Nacht vergangen,
    da ich nicht geträumt hätte, sie wäre zu mir gekommen.
    Gänzlich in Höllenfeuer gehüllt ruft sie mir zu:
    ›Ihr habt mich nicht gewarnt, sodass ich beichten konnte! Ihr habt mich verdammt, verdammter Hippolyto!‹
    Und dann erwache ich und weine und träume wieder.
    So verbringe ich meine Nächte voller Qual,
    voller Reumut und in tiefem Elend.
    GESANDTER:
    Ihr habt das Bildnis wohl geformt. Dort auf ihrer Wange
    ein Diamant wie eine Träne.
    Der Lippen Farbe Rubine täuschen vor.
    Oh, sie ist still jetzt, ernst und fromm!
    Im Leben war sie anders, und das zu zeigen,
    ist Euch nicht gelungen.
    HIPPOLYTO:
    Beherrscht Ihr keine Kunst, Paulina, kein Handwerk,
    um zu zeigen, ob es Wahrheit oder Lüge ist,
    dass unter den Verdammten wir sie suchen müssen?
    Ich sehne mich danach, die Wahrheit zu erfahren.
    Ist sie verdammt, so will ich in ein Hause Gottes gehen
    und auf meinen Knien Buße tun,
    will Reue zeigen für all das Leid, das unsre Fürstin durch meine Hand erlitten hat.
    PAULINA:
    Meine Kunst vermag, Euch mit ihr sprechen zu lassen.
    Von ihren Lippen sollt Ihr erfahren,
    ob sie nun verdammt oder nicht.
    Ihr sollt alles von ihr hören.
    Sagt: Soll ich sie sprechen lassen?
    GESANDTER:
    Eine Statue? Sprechen? Das ist Hexerei, o Häresie!
    HIPPOLYTO:
    Ich werde es auf mich nehmen.
    Sollte es nun Wahnsinn oder Verdammnis bedeuten,
    wenn wir uns in dieser Kunst versuchen,
    lasst mich die Strafe dafür auf mich nehmen.
    Wenn Ihr sie sprechen lassen könnt – auch noch hören –, so lasst mich vor ihr auf die Erde fallen,
    auf dass ich sie um Vergebung bitten kann.
    Lasst sie mir antworten.
    Ja oder nein, mich kümmert's nicht, solange sie mich hört.
    PAULINA:
    An des Winters Ende die Schlange ihre Haut abstreift,
    An des Winters Ende der Frühling seinen Anfang nimmt. Viper, komm hervor! So die Sonne steigt,
    soll sie dich aus der Erde holen.
    Ihr seid die Sonne, Vittoria, Eure eigene Sonne,
    Euer eigener Frühling. Ihr seid Euer eigener Erlöser!
    Aus kaltem Stein, komm heraus! Sei warm, lebe, atme.
    Die Schönheit soll den Verfall des Todes von sich werfen.
    GESANDTER:
    Ihre Hand zittert … Seht, Hippolyto!
    HIPPOLYTO:
    Die Brust bewegt sich, das Herz darinnen schlägt.
    Nun seht, sie hebt den Kopf aus Stein,
    gekrönt mit der Medusa Schlangen.
    Und sehet nur ihr güldnes Haar, ihre Haut so rot wie die der Rose!
    Vittoria! Herzogin! Geliebte!
    Auf den Knien bitte ich Euch um Vergebung für meine furchtbar' Tat!
    Und lebt Ihr ehrlich, wirklich?
    Eure Hand ist warm, und Euer Herz schlägt wie das des Vogels, der im Licht des Frühlings erwacht.
    Oh, ich flehe Euch an: Vergebt mir!
    GESANDTER:
    Hexerei!
    HIPPOLYTO:
    Nein, es ist ein Wunder.
    PAULINA:
    Viper, erhebe dich aus deinem Grab! Steh auf, steh auf!
    Die Sonne scheint zur Mitternacht, die Sterne schon am Mittag.
    Wirf die Haut des Todes ab, und komm hervor.
    Steig aus dem Grab; nun komm zu uns.
    Heil! Wir grüßen Euch, stolze Vittoria!
    HERZOGIN:
    Stolze Sonne, die du unzählige Male Morgen und Abend hast dämmern sehen.
    Heil! Ich grüße dich. Ihr, Paulina, Schwester,
    empfangt diesen Kuss von meinen Lippen,
    durch die neues Leben strömt.
    Gesandter, macht Euch fort.
    Master Hippolyto, blickt nicht so düster drein;
    habt nicht solche Angst. Steht auf, Mann!
    Habt Ihr geglaubt, ich wäre anders? Ihr kennt mich:
    Ich bin nach wie vor Vittoria, die Selbe.
    HIPPOLYTO:
    Nein, nicht die Selbe, denn Ihr seid gestorben und lebt wieder.
    HERZOGIN:
    Das könnt ihr alle: Sterben, um wieder zu leben.
    Ich habe nur getan, was jeder Mann vermag …
    und jede Frau.
    GESANDTER:
    Hexe! Verdammter Sukkubus!
    Die heil'ge Inquisition soll alle Beweise in diesem Staate sammeln und die Ketzerei ausrotten,

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