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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Augenblick hätte ich einfach irgendein Mann sein können; solange es nur ein Mann war, den sie bestrafen konnte, kümmerte es sie nicht.
    Und doch kümmert es mich, dachte ich.
    Ich hätte auch eine Hure in Les Halles mieten können, um mich zu schlagen. Die Weiber dort waren jede Art von Perversion gewöhnt, und wenn man sie gut genug bezahlte, zogen sie es auch konsequent durch, doch sie würden es eben nicht ernst meinen.
    Unter Darioles harten Schlägen drückte ich mein Gesicht auf die Tatami und zuckte mehr ob der Erkenntnis zusammen, zu der ich gelangt war als vor den Hieben. Eine Hure hat keinen Grund, sich darum zu kümmern, ob ich nun ein stolzer Edelmann bin, der ihr die Füße küsst und um Gnade wimmert, solange sie anschließend ihre Livres bekommt.
    » Merde !«, schrie ich, hob den Kopf und zuckte wieder zusammen. »Das tut weh!«
    Ich glaube, Mademoiselle Dariole hätte zu Monsieur Rochefort gesagt: Ja … das soll es auch! Diese Frau mit dem harten Blick schaute mich jedoch nur ungeduldig an, drückte mir die Hand auf den Mund und fügte mir mit der anderen weitere Schmerzen zu.
    »Mademoiselle«, sagte ich steif und unter Schmerzen, nachdem sie mich wieder losgebunden hatte. »Es würde mich freuen, wenn Ihr Euch daran erinnern würdet, dass ich nicht der Mann bin, der Euch vergewaltigt hat.«
    Sie grunzte zustimmend, schaute mich jedoch nicht an, sondern warf all mein Bettzeug auf einen Haufen und kuschelte sich hinein. Sie schlief, während das Licht der Morgendämmerung über die Dächer der Stadt am Hang unter uns und das blaue Wasser des Hafens fiel.
    Ich verstand mehr und mehr, doch ob nun aus Wut und Frustration oder aus Mitleid oder Erfahrung, das weiß ich nicht.
    Man kann keine Hure bezahlen und sie anbetteln, einen Mann zu mögen.
    Was mir von Dariole fehlt, ist echte Zuneigung, sinnierte ich und wischte mir die Stirn mit einem Taschentuch ab. Darum darf ein Mann aber nicht betteln – nicht, wenn er nicht das töten will, wonach er sich sehnt. In London hatte ich noch geglaubt, dass es zwischen uns existierte – vermutlich auch schon in Paris, wenn auch gut versteckt …
    Dariole sagte etwas Unverständliches im Schlaf: ein Strom gemurmelter Worte. Ich stand auf, beugte mich über sie und streichelte ihr über die Stirn. Ihre Unruhe ließ langsam nach.
    Ich legte mich wieder auf die Tatami, stützte mich auf einen Arm und beobachtete Dariole. Mit der freien Hand schob ich ihr die Haare aus den Augen.
    Soll ich mich an so eine Frau binden?
    Was hat Robert Fludd aus ihr gemacht? Er und ihre Rache …
    Als ich das nächste Mal die Augen öffnete, verriet mir das Licht draußen, dass ich gut eine halbe Stunde geschlafen hatte. Ich schaute wieder zu Mademoiselle Dariole, die inzwischen draußen auf der Veranda stand, ihr zu kurzes Haar bürstete und versuchte, es nach Art der Samurai zurückzubinden. In der Zeitlosigkeit der Morgendämmerung war ich hin- und hergerissen zwischen Zweifeln, mich zu belasten, und der schieren Freude zuzusehen, wie sie die Arme mit der Bürste hob und ihr Busen sich unter dem kosode bewegte.
    Ich verstehe, dachte ich und schaute auf ihren Rücken.
    Mademoiselle, jetzt verstehe ich, dass Ihr Robert Fludd tatsächlich töten müsst.
    Knapp und ohne den Kopf zu drehen, sagte sie: »Gabriel muss uns Pferde kaufen. Bis in diese Provinz Chikuzen scheint es eine lange Reise zu sein.«

Rochefort: Memoiren
Zweiundvierzig
    Eine Reihe einstöckiger Teehäuser stand an der steilen Straße, ihre Rückseiten dem Meer zugewandt.
    Ich überließ es Gabriel, mit dem Pferd die weiblichen Werber beiseite zu schieben, die uns in ihre Lokale locken wollten. Am Fuß des Hügels war über die spitzen Dächer hinweg das dunkle Meer zu sehen, das sich bis zu etwas erstreckte, was eine Inselkette zu sein schien, jedoch eine Landzunge sein musste.
    Ich stieg ab, kaufte Reiskuchen bei einem Straßenhändler und deutete zu der Linie am Horizont. »Ist das Hako?«, fragte ich den Mann.
    Er grunzte zustimmend.
    Ich saß wieder auf und bot Dariole etwas zu essen an. Sie wandte sich im Sattel ab. Obwohl sich mir der Magen zusammenzog, aß ich. Ein Mann sollte nicht schwächeln, bevor er in den Kampf zieht. Kauend ritt ich zwischen den Dörflern hindurch, zwischen Männern, die gebeugt unter Kisten gingen, weiter in Richtung Meer.
    Das Dunkelblau wurde heller, als wir am Ufer entlangritten. Draußen auf dem Wasser waren die weißen Segel der Fischerboote zusehen … Und auf denen kann Gott

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