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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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als auch Zweifel und widerwillige Zustimmung lagen. »Und? Du hast doch Lord Cecils Agenten, bis der englische König einen neuen Meisterspion eingesetzt hat. Du kannst diesen Prinzen überprüfen und so feststellen, ob Fludd Recht hat oder nicht.«
    »Falls es noch andere Männer gibt … Sie werden nicht alle Feinde von James oder Maria sein.«
    »Aber du kannst nicht einfach nichts tun, Raoul.«
    Gabriel hielt kurz inne und runzelte die Stirn.
    »Hiernach wirst du weder die nötigen Kontakte noch Agenten haben. Die Medici-Hure wird dich bestimmt nicht anheuern! Es ist eine Schande, dass Lord Cecil tot ist. Er hätte es getan – und dieser englische König vielleicht auch. Aber nicht, wenn du seinen ältesten Sohn jagst. Wenn das geschieht, nehme ich an, dass wir nicht länger in England werden bleiben können.«
    Brunos Formel einmal beiseite gelassen hatte ich eine Vision, was mein Leben nach diesen nächsten paar Monaten betraf: Mein Netzwerk von Agenten und Informanten in Frankreich war zweifellos mittlerweile zerfallen, und meine Fähigkeiten standen jedem Land zur Verfügung, das mir eine Möglichkeit anbot, meinen Beruf auszuüben. Was sollte ein Mann in meinem Alter auch sonst tun?
    »Das«, sagte ich laut und verwirrte Gabriel damit noch mehr, »ist keine rhetorische Frage.«
    Er verzog das Gesicht. »Raoul, hast du da gerade irgendeine Verrücktheit ausgebrütet?«
    »Noch nicht«, antwortete ich, »aber ich gebe mir Mühe.«
    Das Haus in der Coleman Street war ein hervorragend eingerichtetes Gefängnis. Ich wage zu behaupten, dass es in Cripplegate alles gab, was man begehren konnte – falls man denn jederzeit die Entscheidung treffen konnte, es zu verlassen. Die Informanten, die mir Robert Cecil zur Verfügung gestellt hatte, erlaubten mir zu sehen, wie unwahrscheinlich es war, dass selbst ein Mann mit Robert Fludds Fähigkeiten von hier verschwinden konnte.
    »Woher soll König James wissen, dass er nicht lügt?«, verlangte Mademoiselle Dariole von mir zu wissen, als wir eines Tages den Gartenhof des Hauses inspizierten.
    »Natürlich könnte er das versuchen, doch wenn ich an James' Stelle wäre, würde ich ihn foltern lassen, sobald ich auch nur den leisesten Verdacht in diese Richtung hegen würde.«
    Dariole blieb stehen, stemmte die Fäuste in die Hüften und schaute sich in dem kleinen, mit Ziegeln ummauerten Garten um. »Wie wollen sie ihn hier behalten? Er kann seinen Weg hinaus doch ganz einfach berechnen!«
    »Seine Berechnungen brauchen Zeit, und man kann die Wachroutinen rasch und willkürlich ändern.« Ich lächelte sie an. »Man könnte sie einfach auswürfeln.«
    Die junge Frau lachte, doch nicht ob meines Scherzes. Das erkannte ich, als sie auf die Mauer deutete.
    Das Zifferblatt einer Sonnenuhr war in die Mauer eingearbeitet worden. Es hing gut doppelt so hoch, wie ein Mann groß war. Ich sah den bronzenen Gnomon von einer grünen Patina überzogen. Sein Schatten verriet, dass es kurz nach zehn Uhr am Morgen war.
    Und ich sah auch, dass der Steinmetz unter die römischen Ziffern den traditionellen Spruch › carpe diem ,‹ graviert hatte.
    »Ich hoffe, die Zeit vergeht langsam für ihn.« Dariole legte die rechte Hand auf den Knauf ihres Dolches; die linke hing locker herab. Das war inzwischen ihre normale Haltung geworden. Ich beobachtete, wie sie das Gesicht zum Himmel hob und die Augen schloss. »Sehr, sehr langsam.«
    Nachdem Doktor Fludd erfolgreich untergebracht worden war, hatte ich mich zunächst um meine eigenen Angelegenheiten gekümmert. Ich hatte ein paar von Cecils Agenten nach Frankreich geschickt, um diskret Fragen zu stellen, und am Hof von Greenwich um eine Privataudienz bei König James nachgesucht. Ersteres zeitigte nicht sofort Früchte, während ich in Letzterem dank des guten Namens des verstorbenen Earls rasch Zugang bekam.
    Als ich zur Audienz vorgelassen wurde, verneigte ich mich und ließ mir nichts anmerken, als ich die Veränderungen bei Seiner Majestät sah. James unterschied sich deutlich von dem Mann, den ich zuletzt gesehen hatte. Er war fetter und grauer geworden, aber wichtiger noch: Er stützte sich auf die Schulter des Viscount von Rochester (zu dem Robert Carr vor kurzem gemacht worden war) und das nicht nur im bildlichen Sinne, sondern tatsächlich. Nur mit sichtlichem Widerwillen schickte James den blonden Carr und seine anderen Lakaien fort und das auch nur bis zur Tür der mittelalterlichen Halle.
    »Doktor Fludd wird nun auf Euren Befehl

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