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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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plötzlich wie benommen wirkte, erkannte ich, dass wir uns schon begegnet waren – und zu diesem Zeitpunkt war sein braunes Haar mit Henna rot gefärbt gewesen.
    »Ihr verbergt Eure wahre Erscheinung mit dem Schein, dass die Wahrheit selbst falsch ist«, sagte ich. »Als ich Euch das letzte Mal gesehen habe, wart Ihr da nicht William Markham?«
    Er errötete, und da seine Haut so hell war, vermochte er auch das nicht zu verbergen. »Mein Name ist Griffin Markham. William ist mein Bruder.«
    Aha. Das war es wohl, was Mademoiselle Dariole so verwirrt hatte.
    »Ich erinnere mich daran, dass der verstorbene Earl mir einmal gesagt hat, Sir Griffin Markham sei sein oberster Spion auf dem Kontinent.« Unverwandt musterte ich den stämmigen Mann. »Was mir auch sehr klug erscheint, denn wie ich mich zu erinnern glaube, seid Ihr im Jahre 1603 fast gehängt und aus England verbannt worden.«
    Griffin Markham hustete. »William und ich, wir beide sind uns sehr ähnlich. Er lebt legal in London. Doch jetzt bin ich hier, und er hat meinen Platz in Den Haag eingenommen.«
    Lady Arbella Stuart saß noch immer im Tower, nachdem ein Befreiungsversuch ihres Gemahls fehlgeschlagen war. Ich fragte mich, ob sie vielleicht doch noch aus England entkommen würde. In jedem Fall wäre allein das schon Grund genug für die beiden Brüder, ihre Identitäten zu tauschen, besonders falls sie es gewesen waren, die sich einst für das Zustandekommen dieser Ehe eingesetzt hatten.
    Ich dachte an Arbella und die Freundlichkeit, die sie Dariole entgegengebracht hatte.
    »Wenn ich an Eurer Stelle wäre«, sagte ich, »würde ich nach Frankreich gehen und mir Berichte über die Königin schicken. Je eher Ihr England verlasst, desto besser.«
    William – oder besser Griffin – Markham verzog das Gesicht. »Aye. Nun, da Cecil an den Pocken gestorben ist, würden seine Nachfolger mich sofort verhaften.«
    Ich verneigte mich und wies ihn aus dem Raum. Dass er sich – mit Dariole im Land – nicht um den König und seine neuen Spione sorgen sollte, verschwieg ich.
    Gut zwei, drei Minuten später kam Dariole durch die Hintertür herein und schlug sich den Dreck von Stiefeln und Schwert.
    Sie grinste mich an. »Wenn Ihr weiter so dreinblickt, werdet Ihr noch die Wasserspeier von St Paul's verscheuchen. Was ist los? Ist James zu sehr damit beschäftigt, Robbie Carr in den Arsch zu kriechen, als dass er Euch noch einmal empfangen würde?«
    »So was in der Art. Mir ist da ein Gedanke gekommen, Mademoiselle. Nun da Heinrich von Navarra und Robert Cecil tot sind, nun da Messire de Sully sich zurückgezogen und James Stuart sich stark verändert hat, bleiben uns nur die Medici-Königin und Prinz Heinrich. Zwei Vipern. Schlimmer noch: Ungeziefer.«
    Die Belustigung in ihren Augen verwandelte sich in Zynismus. Sie nickte bedächtig, und Regenwasser tropfte aus ihren Haaren. »Da möchte ich Euch nicht widersprechen, Messire. Aber was könnt Ihr dagegen tun?«
    »Genau das möchte ich herausfinden. Vielleicht«, fügte ich hinzu, »interessiert es Euch ja, dass Monsieur William Markham gerade Old Jewry hinuntergeht. Er befindet sich auf dem Weg zu einem Schiff, das ihn in die Niederlande bringen wird. Ihr kennt ihn wohl besser als … Wie war das noch? … ›Onkel Griffin‹.«
    Überraschung, Erkennen und ein wildes Grinsen wechselten einander binnen weniger Sekunden auf Darioles Gesicht ab.
    »Aber lasst ihn leben!«, fügte ich rasch hinzu. »Er könnte noch von großem Nutzen sein … für Abera-sama.«
    »Oh, der Rinnstein reicht, Messire«, trällerte Dariole und schlug die Tür wieder hinter sich zu. Ihre Schritte verhallten draußen auf dem Pflaster.
    Aber sie hat Recht: Was soll ich tun?, dachte ich und verdrängte die Markham-Brüder aus meinem Geist.
    Ich hätte Cecils gesamte Pension dafür gegeben, Caterina an meiner Seite zu haben, damit sie Fludds Berechnungen überprüfen konnte.
    Ich ging nach oben, duckte mich unter der Tür hindurch und betrat das Zimmer, in dem Robert Fludd seine Bücher, Papiere und sich selbst aufbewahrte.
    »Fünfundzwanzig Jahre«, sagte er, ohne mich anzusehen, als ich hereinkam. »Hattet Ihr einen besonderen Grund dafür, mich nach meinen restlichen Jahren auf dieser Welt zu befragen, oder wolltet Ihr mich nur quälen?«
    Falls das exakt ist, dachte ich, muss er mit diesen Berechnungen schon auf der Fahrt von Nihon begonnen haben. Sonst würde er das nicht jetzt schon wissen.
    »Ich habe meine Gründe«, antwortete ich.

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