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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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»Ihr seid Engländer. Jetzt sagt mir Eure ehrliche Meinung über James Stuart.«
    Fludd legte leicht die Stirn in Falten und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ihn hat der Mut verlassen.«
    »Nun, als Franzose möchte ich Euch nun meine Meinung über Maria di Medici sagen: Sie ist durch und durch Florentinerin. Sie und James, sind die Menschen, für die Ihr nun Eure Vorhersagen trefft, Monsieur. Und sie wiederum treffen Entscheidungen für Millionen.«
    Nach einem Augenblick griff er nach seiner Feder und begann, sie gewissenhaft zu spitzen. Rasch wurde sie so scharf, dass ich instinktiv meine Entfernung zu der winzigen Klinge abschätzte.
    Fludd sagte: »Ihr seid nicht nur gekommen, um Euch bei mir zu beschweren.«
    »In der Tat.«
    »Und Ihr seid nicht gerade mein Freund.«
    Ich neigte den Kopf zur Seite. »Auch das ist wahr«, bestätigte ich, und bemerkte dann: »Man könnte übrigens meinen, dass Ihr von Euren Vorhersagen geradezu besessen seid.«
    Er zuckte unwillkürlich zusammen.
    »Nicht in diesem Fall.« Fludd blickte auf seine Feder hinunter. »Ein Jahrzehnt der Mathematik; meine gesamte Arbeit … Das alles ist nun nutzlos geworden, Monsieur Rochefort. Nun befinden wir uns alle auf einem anderen Weg.«
    »Doch in einem Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren könnte man neue Berechnungen anstellen.«
    Robert Fludd hob den Blick, und ich schaute ihm in die blassen Augen. Vorsichtig legte er Messer und Feder beiseite.
    »Was wollt Ihr mir sagen? Worum geht es hier?«
    Ich setzte mich ins Fenster, um mich nicht länger unter die niedrige Decke ducken zu müssen. Das Licht von draußen verbarg meine Züge, das wusste ich, während es die seinen zugleich erhellte.
    »Vor kurzem haben meine Angelegenheiten mich in den St James Palast geführt«, sagte ich. »Euren Prinz Heinrich nennt man nun den ›wiedergeborenen Makedonen‹: einen Alexander, der sich die Welt unterwerfen wird, für Britannien und für die ketzerische – Verzeihung, puritanische – Sache. Sie betrachten ihn als mit allem ausgestattet, was es braucht, um ein Reich zu gründen, und das«, fügte ich hinzu, »ist keine kleine Leistung für einen Achtzehnjährigen. Daher gehe ich davon aus, dass viele Menschen ein Interesse daran haben, dass er so ist. Ihr, nehme ich an, hättet das auch zu Eurem Vorteil genutzt, nicht wahr?«
    »Mit sechzehn hätte man ihn lenken, instruieren können!« Lichtflecken tanzten über Robert Fludds Gesicht.
    Wie Merlin für König Artus. Ich legte mein Rapier anders, da es mir auf dem Sims in die Hüfte drückte, und nahm die Gelegenheit wahr, um aus den Augenwinkeln heraus zu sehen, wie sich sein Gesicht veränderte, als er sich kurz unbeobachtet glaubte.
    Fludd streckte die Hand aus und legte die Finger auf fleckige Papiere. Sie waren voller winziger Zahlen, von denen ich einige weder als arabische noch römische erkannte: Das war Caterinas Werk voller Dreck und Schimmelflecken aus den Höhlen von Cheddar. Fludd klopfte mit einem angekauten Fingernagel darauf herum.
    Mich an ihren Tod zu erinnern, fiel mir leicht. Deutlich sah ich ihr winziges Gesicht so weiß wie der Mond, unter dem es lag.
    »Ich habe Elena Zorzi zum ersten Mal in Venedig getroffen, wo sie in Begleitung von Meister Bruno war.« Fludd nahm die Hand von dem Papier, und sein Blick wanderte an mir vorbei zum Fenster, vielleicht sogar nach draußen. Dann legte er die Hände auf seinen fast kahl rasierten Kopf und grub die Fingernägel in das wenige graue Haar. Seine Pupillen waren grau wie Glas und das Weiße leicht gelblich wie bei einem alten Mann. »Ich habe geglaubt, sie sei schon seit vielen Jahren tot. Ansonsten hätte sie nicht …«
    Ich beobachtete sein Gesicht. »Ist Euch nie der Gedanke gekommen, dass es niemals um uns ging? Um England? Frankreich? König Heinrich oder König James? Oder auch um Europa, wenn wir schon davon sprechen?«
    »Ah. Ja … Tanaka Saburo. Glaubt Ihr, dass es zu guter Letzt nach seinem Bedürfnis gegangen ist und nicht nach meinem?«
    »Ich wage zu behaupten, das seine war größer.«
    »Vier Inseln in Schutt und Asche …« Fludd schaute mich schmerzerfüllt an. »Das ist nicht das Gleiche, Messire. Vier tote Inseln sind nichts im Vergleich dazu, dass die ganze Welt verbrennt, wenn es uns nicht gelingt, etwas dagegen zu tun.«
    In meinem Kopf formte sich eine Entscheidung.
    »Es gibt da etwas, worüber Ihr nachdenken solltet«, sagte ich. »Ihr solltet Schüler annehmen. Natürlich im Geheimen. Ich bezweifele

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