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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Darioles Auslagen zu werfen, wenn ich neben ihr stand. Das war tatsächlich das erste Mal, dass ich sie so sah, dachte ich.
    Sie grinste. »Sie werden Euch niemals fangen. Wer schaut schon einen Stallburschen an und sieht den ›Spanier‹?«
    »Falls Ihr hofft, mich in Verlegenheit zu bringen, Mademoiselle, dann bedenkt bitte, dass ich in meinem Beruf schon weniger würdevolle Verkleidungen getragen habe als diese hier.«
    »Wirklich? Davon müsst Ihr mir erzählen!«
    Ich drehte den Kopf und blickte sie tadelnd mit meinem einen Auge an. »Seid vorsichtig, Mademoiselle.«
    »Messire, würde ich mein Schwert tragen, würdet Ihr das nicht sagen.«
    »Nein, das würde ich nicht. Ich bin kein Narr. Ich nutze jeden Vorteil, wo auch immer er sich bietet.«
    Sie kicherte, senkte das Kinn und klimperte mit den Augenlidern. Wären weniger Leute auf der Straße gewesen, ich hätte mir überlegt, die Herausforderung anzunehmen. So jedoch kostete es mich genug Mühe, mich nicht ständig umzuschauen.
    Was ich jedoch sah, rührte mich, so dumm das auch sein mochte. Die vertrauten Gebäude, die Gerüche von Paris um mich herum, der schwarze Schlamm unter meinen Füßen, in den Straßen die Menschen, deren Natur ich kannte …
    Mademoiselle Dariole in ihrem ebenholzfarbenen Seidenmieder ging einen Schritt vor mir. Hinter ihrer Schulter, dort wo der Platz eines Burschen war, senkte ich die Stimme und sagte in feierlichem Ernst: »Bitte, gewährt mir die Gunst, mich darüber in Kenntnis zu setzen, Mademoiselle … Was zum Teufel habt Ihr in Eurem kranken Kopf vor?«
    Mademoiselle Dariole schluckte ein Kichern hinunter und schaute mich mit neckischer Freude an. »Könnt Ihr Euch das nicht denken? Ich plane, Euch auf die Knie zu zwingen.«
    »Ich bin sicher, der Mob wird sich davon unterhalten fühlen. Und wo soll ich das tun? Hier vielleicht?«
    Ihr Lächeln, das in der Tat einer Hofdame hätte gehören können, wich dem breiten Grinsen eines Straßenkindes. »Ihr schnappt ja gar nicht mehr sofort nach dem Köder. Sehr enttäuschend.«
    »Ich bitte Euch vielmals um Entschuldigung, Mademoiselle.«
    »Ihr könnt mich vielmals am Arsch lecken!«
    »Das würde Euch ohne Zweifel gefallen«, bemerkte ich und hatte die Befriedigung, zur Abwechslung einmal sie sprachlos zu sehen. »Und warum soll ich knien, Mademoiselle?«
    »Um zu beichten.«
    Wir erreichten die Tore des Jardin de Luxembourg. Die Kieswege um die Fontänen herum waren hier und da von den Schritten der Höflinge und ihrer Damen aufgewühlt, und andere Menschen – so unscheinbar wie ich selbst – brachten sie wieder in Ordnung. Der Art nach zu schließen, wie sie ohne zu zögern an den Fontänen vorbeischritt, schien Mademoiselle Dariole ein klares Ziel vor Augen zu haben.
    »Warum soll ich beichten?«, verlangte ich zu wissen.
    »Weil der Name, den Suor Caterina mir genannt hat, zu einem Priester gehört.«
    Ich schaute sie auf eine Art an, von der ich sicher bin, dass noch nie ein Bursche seine Herrin so angeschaut hatte. Wieder blickte sie mich neckisch an, und ich muss gestehen, dass sie in Frauenkleidern nicht weniger erregend war als in Hosen.
    »Deshalb glaubt Ihr, dass wir in Sicherheit sind? Weil ich ihm alles unter dem Beichtgeheimnis erzählen soll?«
    Dariole nickte.
    Das überraschte mich. Aber unmöglich ist das nicht, dachte ich.
    Rasch fügte Dariole hinzu: »In zwei Jahren wird er in die Regierung eintreten, im Sommer des Jahres 1614. Vielleicht im Herbst. Caterina war sich des genauen Datums nicht sicher. Im Augenblick lebt er eigentlich im Exil, aber ich wusste, dass er diesen Monat in Paris sein würde.«
    Ihr Reifrock raschelte beim Gehen; die Hände hatte sie sittsam davor gefaltet. Ich konnte mich einfach nicht an die nackte rosa Haut zwischen ihrem Kragen und dem Mieder gewöhnen, die normalerweise von einem Wams verdeckt wurde.
    Sie blickte wieder zu mir hinauf. Trotz all der Zuneigung in ihrem Tonfall, war das, was sie sagte, eher das genaue Gegenteil.
    »Er wird Außenminister im Rat der Medici werden. Er ist Bischof, aber Caterina hat gesagt, dass er das nie hat werden wollen. Er ist siebenundzwanzig, und vor sechs Jahren hat man ihn dazu gemacht. Findet Ihr das nicht beeindruckend?«
    »Möglich. Das hängt davon ab, wie reich seine Familie ist, Mademoiselle.«
    »Wie zynisch!« Sie grinste. »Ich habe nicht gefragt. Sein Name ist Monsieur Armand-Jean du Plessis. Er ist der Bischof von Luçon.«
    Eine Bewegung erregte meine Aufmerksamkeit, später

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