162 - Das Grauen aus der Baring Road
stieß gegen die Wand und rutschte langsam daran entlang zu Boden. Sogar der Putz, der mit ihren Absonderungen in Berührung kam, löste sich auf. Das Zeug mußte schlimmer sein als jede Säure. Es machte nicht einmal vor der Dämonin selbst halt, fraß sich sogar in ihren Körper. Die Schlangen verloren zunehmend an Kraft. Dorian konnte sich eines leichten Schauders nicht erwehren. Sogar sein Mantel, der einige Spritzer abbekommen hatte, zeigte plötzlich faustgroße Löcher. Das Ganze hatte nur Sekunden gedauert. Schnaubend wälzten sich die drei Monstren heran. Mauerbrocken wurden aus der Wand herausgerissen, als das erste seine Stoßzähne in die zu enge Türöffnung bohrte. Dorian achtete nicht darauf, er sprang über die sterbende Dämonin hinweg und floh zur Haustür. Hinter ihm hob ein Höllenlärm an, der jedoch schlagartig verstummte, sobald er wieder im Freien stand.
Mittlerweile regnete es in Strömen. Die Nässe kühlte Dorians brennendes Gesicht. Er hatte Glück gehabt, verdammtes Glück sogar, doch er durfte es nicht herausfordern, indem er vor dem Haus verweilte, um abzuwarten, was weiter geschah.
Mit dem Regen war eine Düsternis aufgezogen, als wolle jeden Moment die Nacht hereinbrechen. Dabei war es bis zum Abend noch etliche Stunden hin. Die Sicht reichte nicht weit. Vielleicht blieb der Spuk auf das Gebäude beschränkt. Dorian wagte es kaum zu hoffen, als er auf die Straße lief. Nur von einem war er überzeugt: Irmina hatte mit dem eigentlichen Gegner wenig zu tun. Sie hatte ihr Spiel gespielt und verloren, aber Jeffrey Slikkers Verwandlung ging nicht auf ihr Konto.
Bis der Dämonenkiller die nächste Telefonzelle erreichte, war er fast völlig durchnäßt. Hastig suchte er in seinen Taschen nach Münzen. Er stand vor einem der älteren Apparate in den roten Zellen, die nur mit 5 und 10 Pence-Münzen funktionierten. Dorian fand ein 10 Pence-Stück, nahm den Hörer ab und wählte.
Der Anschluß war besetzt.
Dorian drückte auf die Gabel, wählte noch einmal. Verdammt, Sullivan, gehen Sie ran, dachte er inbrünstig. Es knackte in der Leitung, dann ertönte wieder das Besetztzeichen.
Dem Dämonenkiller brannte die Zeit unter den Nägeln. So schnell wie möglich wollte er in das alte Haus in der Lucas Street zurückkehren - mit Mitteln, die es ihm erlaubten, das Nest auszuheben. Vergeblich versuchte er, die Düsternis zu durchdringen, die selbst das Licht der Straßenlampen schon nach wenigen Metern verschluckte. Zu sehen war nichts, auch nicht in der Richtung, aus der er gekommen war.
Dorian wählte noch einmal. Diesmal klappte es. Als der Hörer in der Villa abgenommen wurde, erklangen die rasch aufeinanderfolgenden Pfeiftöne, die aufforderten, das Geld einzuwerfen. „Mystery Press", meldete sich Trevor Sullivan.
„Hier Hunter. Hören Sie zu, Sullivan, ich brauche dringend Ihre Hilfe."
„Wo stecken Sie, Dorian?"
„Im Augenblick in der…" Das erneute Knacken in der Leitung hörte sich an, als sei die V erbindung unterbrochen worden. „Sullivan, sind Sie noch dran?"
Stille. Auch als der Dämonenkiller mit dem bloßen Finger magische Symbole auf den Hörer malte, änderte sich nichts.
Eine Erschütterung durchlief die Telefonzelle, ließ die Scheiben klirrend zerspringen. Aber noch blieben die Scherben in den Rahmen hängen. Dorian gewahrte einen mächtigen, düsteren Fleischberg, der auf ihn zu stapfte. Einen Fluch auf den Lippen, verließ er die Zelle. Keine Sekunde zu früh, denn Bruchteile später wälzte der dunkelhäutige Koloß das rote Häuschen nieder.
Es war eines von Irminas Monstren. Schwerfällig stampfte es herum, betrachtete ihn aus vorquellenden schwarzen Augen. Dann schüttelte es unwillig den Kopf und riß seinen Rachen mit den nach unten stehenden Hauern auf.
Angestrengt suchte Dorian nach einer Möglichkeit, dem Monstrum zu entkommen. Sein plump anmutendes Äußeres hatte nicht viel zu bedeuten. Wahrscheinlich war es dennoch in der Lage, ein beachtliches Tempo zu entwickeln.
Langsam, Schritt für Schritt, wich der Dämonenkiller zurück. Ein Auto fuhr vorbei. Er hörte nur das Motorengeräusch, konnte aber so gut wie nichts erkennen. Die Düsternis schien während der letzten Minuten eher noch dichter geworden zu sein.
Das Ungeheuer ließ von der Telefonzelle ab, die aussah, als wäre sie Vandalen zum Opfer gefallen, und tappte hinter ihm her. Dorian versuchte eine Beschwörung. Der Erfolg war gleich Null. Dumpfe, grollende Laute drangen aus dem Rachen der
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