1621 - Colounshabas Waffe
ihr früherer, kurzzeitiger Gefährte Pulandiopoul einmal von sich gegeben hatte. Er hatte ihr ein wenig beschämt eingestanden, daß ihn die Sriin aus irgendwelchen Gründen flohen.
Pulandiopoul war ein solcher Tor gewesen, daß er nicht die Wahrheit erkannt hatte. Colounshaba hätte ihm den Grund sagen können, warum die Sriin ihm aus dem Weg gingen, aber das hätte ihn gewiß gekränkt. Denn die Sriin waren ausschließlich an geistigen Schätzen interessiert, und solche hatte Pulandiopoul nicht zu bieten gehabt.
Jetzt lebte der begnadete Pantomime und Tänzer mit dem Sänger Shanorathemas auf dem fünften Planeten Beleonashada zusammen.
Colounshaba blickte zu dem mächtigen Kegelmonument empor und sagte: „Beginnen wir mit der Führung, Phaourongusta."
„Willst du nicht zuerst deine Unterkunft sehen, Colounshaba?" erkundigte sich der Museumswächter. „Als du mich wissen ließest, daß du kommst, habe ich eine ganze Wohnzelle erneuern lassen. Ich möchte wissen, ob sie deinen Anforderungen entspricht, ansonsten..."
„Ich habe keine großen Ansprüche", fiel ihm Colounshaba ungeduldig ins Wort. „Ich möchte zuerst mit einem Rundgang durchs Museum beginnen."
Phaourongusta schritt vor ihr durch das Tor, dabei stürzte er sich mit einem Armpaar an der Wand ab. „Manchmal habe ich Gleichgewichtsstörungen, und ich kann mich auch nicht mehr an der Decke halten", entschuldigte sich Phaourongusta. „Das letzte Mal, als ich dies gewagt habe, plumpste ich kopfüber zu Boden. Ich würde sagen, wir beginnen mit Boogolamiers frühen Werken. Da kenne ich mich noch am besten aus. Was die späten komplexeren Abstraktionen betrifft, fürchte ich, dir kein guter Führer zu sein."
„Das erwarte ich auch gar nicht", beruhigte ihn Colounshaba. „Ich möchte mich ohnehin aus eigener Kraft in Boogolamiers Werk vertiefen, um es verstehen und nachvollziehen zu lernen.
Anders geht es gar nicht."
Phaourongusta deutete mit einer etwas ungelenk wirkenden Armbewegung an, daß er ihre Einstellung bejahte; Colounshaba dachte bei sich, daß Phaourongusta mindestens zwei der sieben Gelenke dieses Armes nicht mehr richtig gebrauchen konnte. „Wußtest du eigentlich, Colounshaba, daß Jaobourama und Eypheauosa eine der frühen Fünf-D-Plastiken mitnahmen, bevor sie sich nach abgeschlossener Devolution in den Trümmerring unserer Ursprungswelt zurückzogen?"
„Nein, das war mir nicht bekannt", sagte Colounshaba. „Was wollten sie denn damit? Ihre Gehirne waren doch nicht mehr fähig, die fünfte Dimension auch nur annähernd zu begreifen."
„Wer weiß das schon zu sagen. Vielleicht als Andenken an die verlorene Zukunft?" Er unterstrich die Ungewißheit seiner Worte durch mehrfaches Abwinkein seiner vier Arme; es sah ein wenig grotesk aus.
Phaourongusta nannte ein Losungswort. Gleich darauf wurde das Innere des 233 Fadenlängen hohen Kegels von indirektem grünlichen Licht erfüllt. Es gab keine Trennwände und keine festen Böden in den einzelnen Stockwerken, nicht einmal ein Netz, über das man seinen Weg nehmen konnte.
Die seltsamen Skulpturen schwebten scheinbar ohne Ordnung in jeder Höhe frei in der Luft. Colounshaba wußte aber von ihrem früheren Besuch, daß ausgewogene Schwerkraftfelder die dreidimensionalen Anschauungsmodelle in der Schwebe hielten. Ihr Leuban würde ihr anzeigen, welchen Weg sie zu nehmen hatte.
Als Colounshaba das erstemal in Boogolamiers Tempel gekommen war, da hatte sie beim Anblick der dreidimensionalen Plastiken eine leise Enttäuschung verspürt.
Sollte das alles sein? Hatte Boogolamier sein wissenschaftliches Erbe lediglich in schnöden Kunstwerken ästhetischen Ausdruck verliehen? So dachten viele Arcoana und schmückten ihre Lebensbereiche mit Kopien der Plastiken.
Es waren exakte Kopien - jedoch ohne wissenschaftliche Inhalte.
Auch Colounshaba hatte erst bei genauerer Betrachtung erkannt, welche geniale Lösung der Mathematiker gefunden hatte, um Gesetze und Vorgänge der fünften Dimension dreidimensional darzustellen.
Colounshaba wandte sich als erstes jener Plastik zu, die ihr damals den Zugang zu Boogolamiers Abstrakte vermittelt hatte. Es war ein vielfach in sich verschlungener Röhrenknoten ohne Anfang und Ende, nicht größer als der Torso eines Arcoana. Aber dieses Kunstwerk enthielt in sich die komplette fünfdimensionale Struktur von Schwarzen Körpern. Es war alles da, der Ereignishorizont und die Singularität, die Formel für die Berechnung des Verhältnisses von Masse
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