1622 - Sie kamen aus der Totenwelt
ihnen verdammt auf den Wecker gefallen sein, ich denke, dass er in ihren Augen etwas Schlimmes angestellt hat.«
»Und was ist mit diesem zweiten Mann? Mit Michael Norton?«
»Das werden wir hoffentlich von ihm persönlich hören, wenn wir ihn gefunden haben.«
Mir reichte der Blick, den ich auf die drei Vögel geworfen hatte. Wir hatten in dieser Wohnung nichts mehr zu suchen. Unser Job war hier beendet.
Wir gingen zurück in den Flur und sahen, dass der stiernackige Hausmeister auf uns gewartet hatte. Er schaute uns mit einem ziemlich bösen Blick an - wahrscheinlich konnte er nicht anders schauen -, dann sagte er: »Sie sind aber lange in der Wohnung gewesen.«
»Stimmt. Das musste auch so sein.«
Der Hausmeister zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie meinen.«
Mir fiel noch etwas ein. Ich tippte ihm kumpelhaft gegen die Schulter und fragte: »Sind Ihnen in der letzten Zeit vielleicht einige dunkle Vögel aufgefallen?«
»Hä? Meinen Sie Krähen oder so?«
»Nein. Ich denke mehr an Raben.«
»Ach so.« Er rieb über seine Stirn. »Nein, das ist mir nicht aufgefallen. Hier in der Umgebung gibt es genug Vögel. Aber Krähen oder Raben sind mir nicht aufgefallen.«
»Gut. Das wollte ich nur wissen.«
»Warum denn? Hat das was mit dem Tod von Todd Hayes zu tun?«
»Das müssen wir noch herausfinden. Und irgendwelche Besucher haben Sie auch nicht gesehen - oder?«
»Wie meinen Sie das denn?«
»Hat Todd Hayes öfter Besuch bekommen?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Mann, ich bin Hausmeister für drei Häuser. Die Mieter kenne ich vom Sehen und…« Er unterbrach sich, weil ich das Foto mit den vier Bergsteigern darauf hervorgeholt hatte und es ihm zeigte.
»Erkennen Sie außer Todd Hayes noch jemanden auf dem Bild?«
Er schaute genauer hin und holte sogar eine Brille aus der Kitteltasche.
Wir ließen ihm Zeit und waren leicht enttäuscht, als er den Kopf schüttelte.
»Sind Sie sicher?«, fragte Suko.
»Ja, das bin ich. Die drei anderen Typen habe ich hier noch nicht gesehen.«
»Dann bedanken wir uns bei Ihnen.« Ich steckte das Foto wieder weg und hörte ihn leise fluchen, da wegen der Wohnung ohne Mieter jetzt Arbeit auf ihn zukam.
Wir kümmerten uns nicht darum. Als wir das Haus verließen, stand wie ein Wachsoldat ein Kollege in der schwarzen Uniform neben unserem Rover. Einige Gaffer schauten auch zu. Egal, ob sie sich im Freien aufhielten oder aus Fenstern schauten.
»Gehört Ihnen das Fahrzeug?«, begrüßte er uns.
»Ja.«
»Und Sie sind Kollegen?«
»Keine Sorge«, sagte Suko. »Das Blaulicht ist nicht gestohlen.« Sicherheitshalber hielt er dem Uniformierten seinen Ausweis vor die Nase. Der Mann prüfte ihn genau, nickte dann und gab ihn mit einer leicht verlegen wirkenden Geste zurück.
»Man muss immer auf Nummer sicher gehen«, erklärte er. »Gewisse Leute sind sehr einfallsreich.«
Auch da stimmten wir ihm zu.
Wenig später waren wir unterwegs. Da Suko fuhr, nahm ich die Gelegenheit wahr, um nach den Raben Ausschau zu halten.
So sehr ich mich auch bemühte, es waren keine der schwarzen Vögel zu sehen. Eine Beruhigung war das für mich nicht, denn ich glaubte nicht daran, dass sie die Beobachtung aufgegeben hatten…
***
Als wir im Büro eintrafen, saß Glenda auf ihrem Platz und aß aus einer Plastikschale einen gemischten Salat. Ich kannte die Zusammenstellung, sie hatte ihn sich von Luigi, unserem Stammitaliener, besorgt.
»Guten Hunger«, wünschte ich ihr.
Glenda nickte, aß den Mund leer und fragte dann: »Wie ist es bei euch gelaufen?«
»Besser«, sagte Suko.
»Wie besser?«
»Es ist uns gelungen, eine Spur zu finden. Sie führt tatsächlich in die Schweiz. Und wir haben jetzt den Namen eines Deutschen, an den wir uns halten können.«
»Toll. Wer ist es denn?«
»Auch ein Bergsteiger. Wie Todd Hayes und noch zwei Freunde von ihnen. Mit ihm hat Hayes in einem Briefwechsel gestanden.«
»Nicht schlecht.«
»Gibt es denn hier was Neues?«, fragte Suko.
Ich sah nicht, wie Glenda Perkins reagierte, weil ich schon auf dem Weg zu meinem Büro war. Ihre Antwort allerdings stoppte meine Schritte.
»Harry Stahl hat angerufen.«
Ich drehte mich um. »Bitte?«
»Ja, du hast richtig gehört. Es war Harry Stahl.«
»Und was wollte er?«
»Das hat er mir nicht gesagt, John. Er wollte später noch mal anrufen. Klang allerdings recht entspannt, das habe ich herausgehört.«
Ob das stimmte, wollte ich mal dahingestellt sein lassen.
Nichtsdestotrotz, Harry Stahl
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