1629 - Das Gift der schönen Laura
nachdenken musste. Schließlich fragte sie: »Wie ist er denn ums Leben gekommen?«
Ich hob die Arme an. »Das wissen wir nicht. Es wird sich noch herausstellen.«
»Dann sind Sie von der Polizei?«
»Ja. Scotland Yard.«
»Und was suchen Sie hier?«
Ich lächelte und schüttelte zugleich den Kopf. »Es gibt gewisse Dinge, die man als Dienstgeheimnisse bezeichnet. Wir sind nicht da, um Antworten zu geben. Wir stellen Fragen. Und das werden wir auch jetzt an diesem Ort tun.«
»Sie meinen mich?«
»Wen sonst?«
Täuschte ich mich oder veränderte sie ihre Haltung? Plötzlich war ihr eine gewisse Spannung anzumerken. Sie hatte die Augen leicht verengt, ihr Blick war lauernd geworden, und sie fragte mit leiser Stimme: »Was wollen Sie denn wissen?«
»Es gibt da etwas, das wir bei dem toten Charlie Penn festgestellt haben.«
»Interessant.« Sie legte ihren Kopf leicht zur Seite. »Darf ich wissen, um was es sich handelt?«
»Natürlich. Um den Geruch!«
Zuckte sie zusammen? Hatte ich sie mit meiner Antwort aus der Fassung gebracht? Ich wusste es nicht genau.
Jedenfalls schluckte sie hart und ging etwas zurück, was mich wunderte.
Suko dachte ebenso. »Ich denke, du hast deine Hand in eine offene Wunde gelegt.«
Laura stand wieder still. Milton war nicht mehr interessant für sie. Jetzt kümmerte sie sich um uns, denn sie war plötzlich sehr neugierig geworden.
»Von welchem Geruch reden Sie da?«
Suko gab die Antwort. »Es war kein normaler, das vorweg. Wir haben an eine Chemikalie gedacht. An Ammoniak. Nicht gerade erhebend, finde ich. Das ist alles andere als ein Parfüm.«
»Ja, ja«, murmelte Laura und setzte eine Frage nach. »Und diesen Geruch haben Sie bei dem Toten wahrgenommen.«
Ich deutete mit dem Zeigefinger auf sie. »Genau. Und jetzt glauben wir, dass auch Sie diesen Geruch ausströmen. Zwar sehr schwach, aber durchaus wahrnehmbar.«
Ich hatte etwas gesagt, was der Wahrheit entsprach. Und diese Wahrheit gefiel ihr ganz und gar nicht. Laura machte plötzlich einen nervösen Eindruck auf uns. Zwar blickte sie uns weiterhin an, aber mit der Ruhe war es bei ihr vorbei. Sie trat von einem Fuß auf den anderen, griff dann nach ihrem Glas, sah, dass es leer war, und so stellte sie es wieder zurück auf den Tresen.
Ob uns ihr Verhalten gefiel oder nicht, war nicht wichtig. Es war schon als Zufall zu bezeichnen, dass wir beim ersten Nachforschen hierher geraten waren und nun einer Person gegenüberstanden, die möglicherweise etwas mit dem Tod Charlie Penns zu tun hatte.
Wie hatte noch die Botschaft gelautet?
Schön, teuflisch und giftig!
Trafen diese Eigenschaften auf Laura zu? Schön war sie. Giftig? Da hatte ich meine Probleme, aber ich dachte an den Geruch, denn Ammoniak war nicht eben ein Parfüm.
Blieb der Begriff teuflisch.
Dazu konnte ich noch nichts sagen. Es war möglich, aber mir fehlten die Beweise.
Laura räusperte sich. Ihre Sicherheit hatte sie verloren. Sie wirkte jetzt wie eine Person, der man auf die Spur gekommen war und die jetzt Probleme mit einer Erklärung hatte.
Plötzlich lächelte sie uns an. Es war ein sehr starres Lächeln. Es hätte auch zu einer Steinfigur gepasst. Nur die Stimme nicht, die Suko und ich hörten.
»Sie entschuldigen mich für einen Moment.«
»Bitte, wir wollen Sie nicht festhalten«, sagte Suko.
Eine schnelle Drehung folgte. Ich hatte den Eindruck, als wollte sie so rasch wie möglich von uns weg. Wäre sie zur Tür gelaufen, hätten wir sie verfolgt, aber Laura schlug den Weg zu den Toiletten ein und war gleich darauf verschwunden.
Es schien, als hätte jemand eine Decke weggezogen, die über der Wirklichkeit gelegen hatte. Plötzlich war die Normalität wieder da. Die Gäste an den Tischen sprachen miteinander. Der Mann an der Theke bestellte ein neues Bier, und auch der Wirt sah aus, als wäre er aus einem Traum erwacht. Er schüttelte den Kopf und wischte dabei mit dem Handrücken über seine Stirn.
Er sprach uns an. »Komisch. Ich hatte das Gefühl, irgendwie weggetreten zu sein.«
»Laura ist eine schöne Frau.«
»Das habe ich gesehen. Nur erklärt das nicht meine Reaktion. Ist schon seltsam.« Er wandte sich wieder seiner Zapf anläge zu, und ich sah Sukos Blick auf mich gerichtet.
»Er hat recht, John.«
Ich hob die Augenbrauen und fragte leise: »Nur seltsam?«
»Nein. Da ist noch etwas anderes.« Er sprach das Thema direkt an.
»Hast du nichts gespürt?« Mit dem Zeigefinger wies er auf meine Brust und meinte damit das
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