1643 - Die Templer-Katakombe
habe keinen Vater gehabt, der auf diesem Gebiet forschte. Sie schon, und ich denke, dass Sie in der Katakombe die entsprechende Eingebung haben werden.« Er hob den rechten Zeigefinger. »Wir lassen Sie nicht verhungern oder verdursten, aber eines kann ich Ihnen jetzt schon sagen: Wir haben Zeit, sogar viel Zeit. Und verlassen Sie sich nicht auf Ihren englischen Freund. Sollte er kommen, umso besser, denn wir werden die Umgebung im Auge behalten und jeden eliminieren, der sich der Katakombe nähert und nicht zu uns gehört. Haben Sie das verstanden?«
Ellen Radix nickte nur. Sprechen konnte sie nicht. Und zum ersten Mal spürte sie die Angst in sich aufsteigen und befürchtete, sich übernommen zu haben…
***
Am nächsten Morgen waren wir schon früh auf den Beinen. Godwin war noch vor mir aufgestanden und hatte bereits mit seinen Recherchen über die Templer-Katakombe begonnen. Wir waren beide davon überzeugt, dass wir dort das Geheimnis fanden.
Beim Frühstück, zu dem sich auch Sophie Blanc zu uns gesellt hatte, sprachen wir über den Fall. Godwin war der Meinung, dass wir die Auskünfte nur in Nalzen erhalten konnten. Wenn jemand die Katakombe kannte, dann die Menschen, die dort wohnten.
»Sonst weiß niemand etwas«, sagte er, »und ich habe bereits rumtelefoniert.«
»Oder wollte niemand etwas wissen?«
»Das kann natürlich auch sein, John.«
»Ihr werdet es schon herausfinden«, sagte Sophie lächelnd und nickte uns beiden zu.
Kaum zwanzig Minuten später waren wir unterwegs. Die Fahrt ging nach Süden, und der Van, in dem wir saßen, schaukelte über so manche Unebenheit auf der Straße. Später wurde es besser, da fuhren wir auf einer Straße, die die Bezeichnung 117 trug und bis nach Nalzen führte, vorbei an dem weithin sichtbaren Berg Montsegur.
Der Ort war recht klein und lag im klaren Licht einer schon kühler gewordenen Herbstsonne.
Wir hatten auf der Fahrt nicht viel miteinander gesprochen. Ich hatte dafür mit London telefoniert und erklärt, dass ich hier noch gebraucht wurde.
Allerdings musste ich zugeben, dass mich schon eine gewisse Unruhe erfasst hatte, was auch Godwin bemerkte, der mich darauf ansprach.
»Was hast du?«
»Ich weiß nicht recht. Ich denke die ganze letzte Zeit über an den Hubschrauber, den ich noch nicht wieder zu Gesicht bekomme habe. Aber irgendwo muss er sein.«
Der Templer winkte ab. »Schau dich doch um. Die Maschine kann in einer Senke oder einem Tal stehen. Dazu bietet sich die Gegend praktisch an.«
Da hatte er recht. Ich entspannte mich ein wenig und schaute aus dem Fenster. Wir fuhren langsam in die Mitte des kleinen Ortes. Menschen saß vor ihren Häusern in der Sonne und ließen sich bescheinen.
Als wir einen Marktplatz erreichten, wurde es voller. Zahlreiche Händler hatten dort ihre Stände aufgebaut, und ich wunderte mich, welch ein Betrieb auf dem Platz herrschte. Das hätte ich einem so abgelegenen Ort wie Nalzen nicht zugetraut.
Wir fanden einen Parkplatz vor einem Haus, das drei Stockwerke hatte.
Seine Fassade war braun gestrichen.
Auf einem Schild lasen wir, dass es sich um das Rathaus handelte.
Wir stiegen aus. Godwin schaute sich um, wobei er seine Hände in die Seiten gestemmt hatte. »Dann wollen wir mal. John, hast du vielleicht etwas Verdächtiges gesehen?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Und wo bekommen wir Antworten auf unsere Fragen?«
Das war nicht leicht. Da wir vor dem Rathaus standen, probierten wir es an der Tür. Die war geschlossen. Die Offiziellen der kleinen Stadt schienen Urlaub oder Pause zu machen.
Am Rande des Marktplatzes entdeckten wir ein offenes Bistro. Nicht nur im Laden hielten sich Leute auf, sie saßen auch an den runden Tischen, die vor dem Eingang aufgestellt waren.
»Setzen wir uns zu ihnen?«, fragte Godwin.
»Gute Idee.«
Es gab noch einen freien Tisch, an dem zwei Stühle standen. Wir nahmen Platz und wurden von den anderen Gästen beäugt, die in uns sofort die Fremden erkannten.
Eine Bedienung erschien. Es war eine junge Frau mit dunklen Haaren, die eine Schürze trug, die ihr bis über die Schienbeine reichte. Vom Gesicht her hatte sie Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, der Besitzerin des Ladens, die ebenfalls bediente. Der Chef stand hinter der Theke und ließ seine Kaffeemaschine zischen.
»Sie wünschen?«
Godwin bestellte Kaffee und zwei Croissants. »Du wirst es nicht glauben, John, aber ich habe Hunger bekommen und für dich habe ich gleich einen Imbiss mitbestellt. Die Hörnchen sind
Weitere Kostenlose Bücher