1643 - Die Templer-Katakombe
gewesen. Jetzt hielt er den Mund. Seine heftigen Atemzüge übertönten sogar das Geräusch seiner Schritte.
Den Weg wies das Licht. Ellen Radix hielt die Taschenlampe in der Hand und wunderte sich über sich selbst, wie ruhig sie war. Es mochte daran liegen, dass sie den Weg zum Ziel bereits kannte. Da brauchte die Hand nicht mehr zu zittern.
Es hatte sich nichts verändert. Sie waren und blieben allein. Einen Angreifer, der sich versteckt hielt, den gab es nicht.
Auch Ellen sagte kein Wort, sie machte sich nur ihre Gedanken und fragte sich noch immer, wie der Mann an ihrer Seite wohl reagieren würde, wenn er den Brunnen zu Gesicht bekam. Er hatte so stark auf das Gold gesetzt und würde eine riesige Enttäuschung erleben, wenn er es nicht fand.
Die Stille gefiel ihm nicht. Nach einer Weile warf er Ellen einen schnellen Blick zu.
»Warum sagst du nichts?«
Ellen hatte ihre Sicherheit zurückgefunden, und so klang auch ihre Stimme. »Sie werden lachen, aber es gibt nichts zu sagen. Daran müssen Sie sich gewöhnen. Ich denke, dass Sie auf das falsche Pferd gesetzt haben. Ich habe hier kein Gold gefunden und auch keine Gerätschaften, um es herzustellen. Ich weiß nicht, wer Ihnen den Floh ins Ohr gesetzt hat.«
»Unter anderem dein Vater.«
»Stimmt, das hatte ich glatt vergessen. Aber auch mein Vater konnte irren. Und so ist er wohl aufgrund eines Irrtums umgebracht worden. Das werden Sie bereuen.«
»Ach ja?«
»Ich verspreche es Ihnen. So geht man nicht mit Menschen um. Was ich bei Ihnen erlebe, ist die reine Menschenverachtung. Damit kommen Sie nicht durch.«
»Ach? Willst du mich daran hindern?«
»Ja!« Ellen Radix erschrak über ihren eigenen Mut, und sie rechnete damit, dass van Daal ihr etwas antun würde.
Er riss sich jedoch zusammen. Beide setzten ihren Weg fort und folgten dem Strahl. Allerdings kam er auf Ellens Helfer zu sprechen.
»Setzt du Hoffnungen auf deinen Freund, der einen von meinen Leuten erschossen hat?«
»Er ist nicht mein Freund.«
»Was ist er dann?«
Sie hob die Schultern. »Nur ein Bekannter, der mir helfen wollte. Ja, er ist für mich in die Bresche gesprungen, und glauben Sie nur nicht, dass er aufgeben wird. Er kann sehr zäh sein, das garantiere ich Ihnen.«
»Er hat keine Chance. Ich habe meine Leute vorhin angewiesen, den Bereich des Eingangs zu überwachen. Niemand wird ohne Erlaubnis die Katakombe betreten können.«
»Warten wir es ab!«
Ellen freute sich über die Sicherheit, die sie gefunden hatte. Und sie war jetzt froh darüber, dass sie den Mann aus London mit ins Boot genommen hatte. Zudem würde er nicht allein sein, denn er hatte von seinem Templerfreund gesprochen. Sie hoffte nur, dass van Daal nicht durchdrehte, wenn er nur den Brunnen sah.
Weit hatten sie nicht mehr zu gehen. Tatsächlich erreichte der Strahl jetzt das Ende der Höhle.
»Wir sind gleich da«, flüsterte sie.
Van Daal nickte nur. Er sah jetzt den Gegenstand, der so groß und unübersehbar in der Höhle stand. Es war alles, nur kein Ofen, in dem wertloses Metall zu Gold umgeschmolzen werden konnte.
Sie gingen einige Meter weiter, dann standen sie direkt in der Katakombe, und Ellen entdeckte auf dem Gesicht des Südafrikaners eine schwache Gänsehaut. Er war am Ziel seiner Träume angelangt, aber er schüttelte den Kopf. Die einzige Reaktion auf eine Enttäuschung, die er einfach erleben musste.
»Na, was ist?«
Orry van Daal strich mit der flachen Hand durch sein Gesicht. Dabei trat er zur Seite, gönnte sich einen Überblick, schüttelte den Kopf und flüsterte: »Diese Katakombe ist nicht allein durch die Kräfte der Natur entstanden. Man hat sie geschaffen. Es waren bestimmt keine Götter, sondern normale Menschen, die genau gewusst haben, was sie taten. Hast du das verstanden?«
»Sicher.« Ellen blieb weiterhin cool. »Aber jetzt gibt es diese Menschen nicht mehr.«
»Stimmt. Sie existieren nicht mehr. Aber ihr Erbe muss noch vorhanden sein, verdammt.«
»Sehen Sie es?«
»Noch nicht. Aber ich gebe so leicht nicht auf, das kann ich dir schwören. Warum hat denn dein Vater die Höhle gesucht? Um sich einen alten Brunnen anzuschauen? Das glaube ich nicht. Nein, das kann nicht stimmen. Hier muss es noch etwas anderes geben. Ein Rätsel, ein Geheimnis, das nur darauf wartet, gelüftet zu werden.«
»Dann fangen Sie schon mal an!«
Van Daal warf Ellen einen scharfen Blick zu. Erst jetzt holte auch er eine Taschenlampe hervor, um sich in ihrem Licht besser orientieren zu
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