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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Und er selbst war es gewesen, der Berryer unter größter Verschwiegenheit beauftragt hatte, mit mehreren Komplizen Molières neues Stück auszupfeifen, da er die Ambitionen des Dichters, den er für einen treuen Gefolgsmann von Fouquet hielt, im Keim ersticken wollte. Dass seine eigenen Handlanger nun plötzlichin den Ermittlungen zum Einbruch in Mazarins Privatkabinett auftauchten, bedeutete nichts Gutes.
    »Ich will alles über diesen Gabriel wissen. Woher kommt er? Hat er auch einen Nachnamen? Mit wem treibt er sich in Paris herum?« Colbert hatte zu schreien begonnen. »Ich muss alles wissen, habt Ihr verstanden, Perrault?!«
    »Anfang der Woche«, fuhr Charles Perrault fort, ohne sich von Colberts Wutanfall aus der Fassung bringen zu lassen, »hat das Individuum in seiner Kammer in der Rue des Lions Saint-Paul eine Dame von großer Schönheit empfangen. Es handelt sich dabei um Louise de La Vallière, die neue Gesellschaftsdame Henriettas von England. Sie soll in den nächsten zwei Wochen dem König vorgestellt werden. Sie hat über zwei Stunden in Gesellschaft dieses Gabriel verbracht. So viel Zeit in einem so unsicheren Stadtviertel, obendrein noch in der Kammer eines Unbekannten: Das kommt mir doch höchst merkwürdig vor bei einem Fräulein von Stand, das sich gerade erst in Paris niedergelassen hat.«
    Diese Neuigkeit bewirkte zumindest, dass sich Colbert wieder beruhigte. Die Untersuchung kam voran, und seine Spürhunde hatten gute Arbeit geleistet.
    »Ist gut«, sagte Colbert reserviert, »führt Eure Nachforschungen fort. Mir scheint, Ihr seid auf dem richtigen Weg. Ich will übrigens auch wissen, was man sich in klerikalen Kreisen erzählt. Zahlt Eure Spitzel großzügig, damit sie alles in Erfahrung bringen, was über die Bewegung der Devoten kursiert. Versucht auch, Details über die Verbindungen dieser Bagage zum Hof herauszubekommen, besonders zum Oberintendanten der Finanzen, dessen Einfluss auf derlei Kreise bekannt ist. Und was diesen Gabriel angeht: Lasst ihn nicht aus den Augen, und erstattet mir so bald wie möglich Bericht!«
    Charles Perrault verließ rückwärts den Raum, nicht ohne sich dabei mehrmals unterwürfig zu verbeugen.
    Kaum war der Anwalt draußen, überkam Colbert ein Frösteln, und er erhob sich, um ein neues Holzscheit in den riesigen Kamin zu werfen. Dann öffnete er eine Kristallflasche, die auf einem runden Tischchen stand, und schenkte sich ein Glas Portwein ein. Während er den schweren Dessertwein im Schein der auflodernden Flammen betrachtete, beglückwünschte er sich, dass er die Aufgabe dem jungen Perrault übertragen hatte, der bestrebt war, sie schnell und gewissenhaft zu erfüllen. Was ist das nur für ein sonderbarer Mensch, dachte er, tagsüber ein ergebener Diener der Macht, der vor nichts zurückschreckt, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, und des Nachts ein Schreiberling von Gedichten und affektierten, langweiligen Märchen. Diese Widersprüchlichkeit sollte ich künftig für meine Zwecke nutzen.
    Als er an die Konsequenzen dachte, die sich aus Perraults Nachforschungen ergaben, musste Colbert lächeln. Wenn sich alles weiter so nach seinem Plan entwickelte, würde Fouquet ihm mit ein wenig Glück in die Falle gehen.
    »Machen wir uns also an die Arbeit. Hier ist so viel zu tun, dass ich die ganze Nacht beschäftigt sein werde!«

Schloss von Vincennes
    Dienstag, 15.   Februar, zehn Uhr morgens
    Der Schnee, der in der Nacht gefallen war, hatte eine dicke weiße Decke über die Dächer des Hauptturms von Vincennes und den gesamten Schlosshof gebreitet, so dass man kaum noch die Sträucher und beschnittenen Buchsbäume erkennen konnte, die die Königinmutter Anna von Österreich so sehr liebte. Kardinal Mazarin, der eine mit purpurfarbenem Pelz gesäumte Hausjacke trug, stand am Fenster seines Schlafgemachs und beobachtete schweigend die Ankunft seiner Besucher. Drei Meter hinter ihm blätterte Colbert in der ledernen Mappe, in der er die Depeschen aufbewahrte, die der Ministerrat an diesem Morgen besprechen sollte.
    »Das ist gut, Colbert, da kommt Lionne im Laufschritt, weil er wie immer viel zu spät ist. Le Tellier ist schon hineingegangen   …«
    »Fehlt nur noch Monsieur Fouquet«, bemerkte Colbert, der in seine Papiere versunken schien.
    »Stimmt.« Mazarin riss sich vom Fenster los und drehte sich zu seinem Vertrauten um. »Mein Freund, vergesst Fouquet; viel wichtiger ist, dass Ihr Euch über unsere Angelegenheiten Gedanken macht«, sagte er mit

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