1673 - Die Offenbarung der Veego
festhalten, was er sah.
Yevo begann nun, das Universum kennenzulernen. Bisher waren die vielen Sternsysteme in dem Großen Modell am Himmel von Heimat nur ein namenloses Gefunkel gewesen, aber nun lernte er sie einzeln kennen, lernte, Zusammenhänge zwischen ihnen zu verstehen und sie räumlich einzuordnen. Das einzige, was ihm stets - wie auch seinen anderen Artgenossen - schwerfallen sollte, waren die Entfernungen, da diese für die Veego keine Rolle spielten. Hierbei mußten sie auf ihre Datenspeicher zurückgreifen, um die richtigen Maßstäbe anzusetzen.
Sprache war auch etwas, das Yevo anfänglich nicht leichtfiel, aber die meisten Völker artikulierten sich auf diese Weise, und er mußte sich ihnen anpassen. Er stellte fest, daß seine Stimme nicht unangenehm klang, er lernte extrem schnell, und er überwand seine anfängliche Schüchternheit nach und nach.
Es war auch besser, nicht zu zurückhaltend zu sein, denn die anderen Völker stellten viele Fragen, die er nicht bereit war zu beantworten. Außerdem sollte es umgekehrt sein: Er hatte die Fragen zu stellen, um neues Wissen nach Heimat bringen zu können.
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Die ersten Kontakte mit anderen Völkern waren für Yevo das Aufregendste, was er je erlebt hatte. Die fremden Wesen waren so unglaublich fremd und andersartig als er, daß er kaum aus dem Staunen herauskam. Es gab nicht die geringste Gemeinsamkeit zwischen ihnen. Sie alle strebten nach etwas ganz anderem, wurden von Sehnsüchten und Wünschen beherrscht, die Yevo völlig unverständlich waren.
Was ihn jedoch am meisten schockierte, war die häufig auftretende Mißachtung des Lebens anderer, seien es nun Tiere, Fremdvölker oder sogar die eigene Art, Sein Wortschatz erweiterte sich um Begriffe, die er nur mit Furcht analysieren konnte. Krieg. Haß. Rachsucht. Neid. Mord. Entführung. Bedrohung. Erpressung. Gewalt.
Die Veego kannten keine Aggressivität. Ihre einzigen negativen Emotionen bestanden in gelegentlichen heftigen Wutanfällen, die sie bei Auseinandersetzungen mit anderen Völkern bekamen. Auf Heimat gab es dergleichen nicht. Niemals stritten die Veego miteinander. Diejenigen, die sich nicht besonders sympathisch waren, gingen sich aus dem Weg oder hielten höfliche Distanz.
Veego konnten traurig, niedergeschlagen, ängstlich oder vielleicht auch verzweifelt sein, aber niemals aggressiv oder haßerfüllt.
Sie kannten die Eroberungswünsche kriegerischer Wesen nicht, die, sobald sie die Raumfahrt entwickelt hatten, über andere Welten herfielen, um sie zu versklaven.
Solches Handeln stand so weit außerhalb ihres Verständnisses, daß sie es nur aus weiter Distanz beobachteten, ohne es zu analysieren. Sie lebten auf ihrer Welt in einer harmonischen Gesellschaft ohne Einschränkung der Persönlichkeit des einzelnen. Sie verbargen weder ihre Gedanken noch ihre Gefühle voreinander, weil dazu kein Grund bestand, und jeder kannte den anderen sehr genau, ohne dies für eigene Zwecke auszunutzen - weil er solches Denken nicht kannte und auch nicht brauchte.
Die Veego waren nicht der Ansicht, daß ihr Leben vollständig vorherbestimmt war, für sie war alles ganz normal, und als Aktive mit der unbegrenzten Möglichkeit, das ganze Universum zu bereisen, konnten die meisten Sehnsüchte und Wünsche erfüllt werden.
Sie liebten und achteten das Leben ohne Einschränkung und konnten nicht verstehen, weshalb die meisten organischen Wesen so anders dachten.
Manchmal, wenn sie sich darüber unterhielten, versuchte der eine oder andere eine Begründung zu finden: „Ihr dürft nicht vergessen, daß für uns die Erhaltung unseres Lebens sehr leicht ist. Wir sind Energiewesen, die aus den unerschöpflichen Energiereserven unserer Welt schöpfen können. Wir müssen kein Tier töten, um uns ernähren zu kennen, keine Pflanzen niedermähen und Landschaften kultivieren. Wir müssen um unsere Erhaltung nicht kämpfen, nicht gegen Unwetter, Kälte oder Hitze bestehen. Wir kennen keine Not, jeder von uns hat genug. Die Organischen haben es nicht, so leicht wie wir, sie müssen oftmals schlimme Not leiden, und daraus erwachsen diese bösen Gefühle."
Das gaben die anderen zu, dennoch fand einer einen Einwand: „Ich sehe dies in gewissen Grenzen auch ein. Tiere töten sich auch, um zu überleben, und sie kämpfen gegeneinander, damit die Besten für die Erhaltung der Art sorgen und die Art stark, gesund und überlebensfähig bleibt. Aber kein Tier tötet oder quält einfach so zum Spaß, weil so
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