1682 - Das Blutschiff
konnten.
»Das übernehme ich«, sagte Kathy Lester. »Ich kenne ihn gut. Außerdem ist er mir noch einen Gefallen schuldig. Die Sache liegt zwar schon zwei Jahre zurück, ist aber nicht vergessen. Ich rufe ihn jetzt mal an.«
Ihre Stimme hatte so geklungen, dass sie keinen Widerspruch duldete. Auch Suko und ich hüteten uns davor, etwas dagegen zu sagen.
Dieser Marvin war auch zu Hause.
Was die alte Frau mit ihm besprach, bekamen wir nicht mit, denn sie verzog sich in ein Nebenzimmer, was ihr Sohn mit einem Grinsen quittierte. Dann sagte er: »Was sich meine Mutter in den Kopf gesetzt hat, das zieht sie auch durch. Ihren eigenen Kopf hat sie behalten.«
»Das haben wir bemerkt.«
Das Telefonat dauerte nicht zu lange. Mrs. Lester war schnell wieder da und das Strahlen auf ihrem Gesicht bewies uns, dass sie Erfolg gehabt hatte.
»Sie können das Boot haben. Ich musste allerdings erklären, wer Sie sind.«
»Kein Problem.«
»Fahren Sie bis ganz nach unten und halten Sie dort, wo die Boote der Fischer liegen. Hier wartet Marvin auf Sie. Sie können ihn nicht übersehen.«
»Danke sehr.« Das hatte ich aus vollem Herzen gesagt und Suko stimmte mir durch sein Nicken zu.
Die beiden Lesters wünschten uns viel Glück, wobei uns Kathy noch zur Tür brächte.
»Ich habe ja nicht danach gefragt, was Sie hier alles entdeckt haben, aber setzen Sie bitte alles daran, um diesem furchtbaren Spuk ein Ende zu bereiten.«
»Sie können sich darauf verlassen, Mrs Lester.«
Sie strich mit beiden Händen über unsere Arme. »Viel Glück, euch beiden…«
»Danke«, sagte Suko, »das können wir brauchen.«
***
Kathy Lester hatte sich nicht geirrt. Dieser Marvin war wirklich nicht zu übersehen. Ein Mann so dürr wie eine Zaunlatte. Auf seinem Kopf saß eine graue Schiffermütze, die gut zu seinem Outfit passte. Zwischen seinen Finger hielt er eine Zigarette, an der er hin und wieder zog.
Wir waren mit dem Wagen recht nah an die Anlegestelle herangefahren. Der Nebel war auch hierher getrieben worden, stellte allerdings keine große Behinderung dar. Wie Schleier lag er zwischen und auf den Booten, die sich im Rhythmus der anlaufenden Wellen bewegten.
Wir hatten Justine gebeten, noch im Wagen zu bleiben. Das hatte ihr nichts ausgemacht, und so gingen Suko und ich auf den wartenden Marvin zu. Mir fiel sein seltsamer Blick auf. Ein Äuge war starr. Nur das linke bewegte sich, und beim Näherkommen stellte ich fest, dass das rechte Auge aus Glas bestand. Er warf den Glimmstängel zu Boden und trat den Rest aus. Das Gesicht schien nur auszahlreichen Hautfalten zu bestehen und der Mund malte sich kaum ab.
»Kathy sagte mir, dass ihr Polizisten seid. Stimmt das?«
»Klar.«
Er wollte noch etwas sagen, wir aber Waren schneller und zeigten ihm unsere Ausweise.
»Gut. Dann werde ich euch helfen.«
»Danke.«
»Kommt mit!«
Er drehte sich um und ging einige Meter weiter. Suko und ich blieben ihm auf den Fersen und sahen gleich darauf, dass die Reihe der Fischerboote unterbrochen wurde. Zwischen ihnen lag ein Motorboot, ein flacher Flitzer, von dem Marvin bereits die Persenning abgezogen hatte, sodass wir ins Boot hineinschauen konnten. Es gab dort keine Kabine, man befand sich immer im Freien. Eine gebogene Scheibe hielt vor dem Steuerstand das Spritzwasser ab, sodass wir recht trocken über das Wasser fahren konnten. »Das ist es.«
Suko nickte. »Sehr gut.«
»Es ist auch aufgetankt.«
»Danach wollte ich gerade fragen.«
»Wenn ich etwas mache, dann vernünftig«, sagte Marvin und ließ so etwas wie ein Knurren hören.
Es war eigentlich alles zur Abfahrt bereit. Das Boot musste nur noch losgetäut werden.
»Was wollen Sie eigentlich auf dem Wasser? Eine Insel gibt es nicht hier in der Nähe.«
»Was hat Ihnen Kathy denn gesagt?«, fragte ich.
»Dass Sie nach einem Boot suchen, einem Segler.« Seine grauen Brauen zogen sich zusammen. »Stimmt das?«
»Ja.«
»Hm.« Er überlegte. »Helfen kann ich da nicht viel. Aber ich weiß, dass es das Schiff gibt. Ich habe es mal fahren sehen, nur etwas weiter entfernt. Dafür weiß ich aber, dass hier in der Gegend vier Tote aus dem Wasser gefischt worden sind. Hat eure Aktion etwas damit zu tun?«
»Im Prinzip schon«, sagte ich..
»Dann sucht ihr die Mörder?«
»So kann man es auch nennen.«
Er wollte noch etwas hinzufügen, aber ein bestimmtes Geräusch, das entsteht, wenn eine Autotür zugeschlagen wird, ließ ihn verstummen. Suko und ich drehten uns um und sahen,
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