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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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zweibeinige Trottel. Gerüchten zufolge setzte sie ein Fürst erfolgreich als Spione hinter den feindlichen Linien ein, und auch die Diebesgilde hatte gute Erfahrungen mit ihnen gemacht, denn sie eigneten sich hervorragend als Kuriere.
    Aruula hatte in Euree vergleichbare Tiere gesehen. Dort hatten sie allerdings normale Augen und hießen Oachkaatzl.
    Gegen Mittag flachte der Hügel ab. Der Wald wurde lichter.
    Bald kamen die Frauen auf eine große Lichtung, auf der sie ein Dorf sichteten, das so groß war wie das vom Vortag.
    Viehzeug, Geflügel und Kinder scharrten und spielten im Dreck, zahnlose Greise saßen auf den Veranden der Pfahlbauten, ließen die Beine baumeln, rauchten Maiskolbenpfeifen und schnitzten drachenartige Monstrositäten. Einige Halbwüchsige, die mit Hacken ein Feld umgruben, stützten sich auf ihre Werkzeuge und begafften die Ankömmlinge.
    Eine Frau mit schwarzem Haar und einer Augenklappe, die einen blauen Rock und ein ebensolches Stirnband trug, trat aus einem Pfahlhaus und winkte ihnen zu.
    »Das ist Quai, Osuras Schwester…« Suúna erwiderte den Gruß und schenkte ihr ein Lächeln.
    Als die Moolees vor Quais Haus stehen blieben, scharte sich ein Haufen junger Männer um sie. Quai rief den Halbwüchsigen etwas zu, das in Aruulas Ohren wie eine Warnung klang. Das Jungvolk lachte verlegen und trollte sich.
    »Was hat sie gesagt?«, fragte Aruula, als sie absaßen.
    »Sie sollen ihren Stau anderswo loswerden, weil wir Amazonen sind.«
    »Warum sagt sie das?«
    »Damit die Jungs uns Respekt erweisen. Es gibt überall welche, die sich für unwiderstehlich halten. Manche glauben wirklich, wir müssten uns glücklich schätzen, ihre Brut auszutragen. Das beste Mittel dagegen ist ein Tritt in den Unterleib.«
    Aruula nickte grinsend. Sie kannte alle männlichen Verhaltensweisen zur Genüge – und auch alle Mittel zu ihrer Abwehr.
    Quai bat die beiden Frauen ins Gästehaus, umarmte sie und hieß sie willkommen. Zwei junge Männer, ihre Söhne, nahmen den Moolees Sättel und Gepäck ab.
    Nachdem sie zu dritt im Gästehaus auf dem Boden Platz genommen hatten, brachte Suúna geraume Zeit damit zu, Quai von Osura zu berichten. Danach trugen Quais Söhne Platten mit Reis und Geflügel auf und Quai trat ins Freie, um den schon wartenden Dörflern zu erzählen, was sie von Suúna erfahren hatte. Mit der Übermittlung der Nachrichten aus dem Nachbardorf hatten sie für ihre Kost und Logis bezahlt.
    Später, als die Sonne herauskam, saßen Aruula und Suúna unter dem Vordach des Hauses. Suúna rauchte ein süßlich duftendes Kraut, das ihre schwarzen Augen glasig und sie selbst ziemlich schnell lustig machte.
    Aruula verzichtete auf den Genuss. Das letzte Mal war ihr das Zeug ganz und gar nicht bekommen…
    »Schau«, sagte Suúna, als die Wolken sich auflösten und die Sicht bergauf klar wurde. »Dasch da ischt unser Tsch-tsch-tschiel.« Sie schlug sich mit der Hand auf den Mund. »Isch glaube… ich musch … misch … hinle-le-legen.« Sie stand auf, ging ins Haus, fiel in eine Hängematte und schlief ein.
    Aruulas Blick wanderte den Berg hinauf. An der höchsten Stelle sah sie zwischen den Wipfeln exotischer Bäume und Gewächse einen runden Turm. Er erinnerte sie an die Burgruinen in Euree.
    Trotz der warmen Sonne lief es ihr bei diesem Anblick kalt den Rücken hinab.
    ***
    Am nächsten Morgen saßen Aruula und Suúna mit einigen weiblichen Verwandten Quais am offenen Feuer und verzehrten ein Frühstück aus gebratenen Eiern, Brot und Käse.
    Als sie fertig waren, steckten sich die Frauen Maiskolbenpfeifen an. Der blaugraue Rauch, den sie einatmeten, hatte aber keine Auswirkungen auf ihre Psyche oder Artikulationsfähigkeit.
    Aruula erkannte an Suúnas Tonfall, dass sie den Frauen Fragen stellte. Einige rollten mit den Augen, andere wurden eigentümlich still. Nur Quai, offenbar die Anführerin, beantwortete die Fragen ausführlich.
    Anschließend übersetzte Suúna, was sie mit den Frauen besprochen hatte.
    »Ich habe sie vor Abdul Nadjibullah gewarnt und darauf hingewiesen, dass er uns möglicherweise verfolgt. Quai sagt, dass man seine Bande hier kennt. Sie fällt jedes Jahr ein, um Frauen zu rauben.« Suúna deutete hinter sich. »Ich habe mich auch erkundigt, ob man etwas über die Leute weiß, deren Wagenspuren wir bis hierher verfolgt haben.«
    »Und?«
    Suúnas Augen blitzten triumphierend. Sie deutete den Berg hinauf. »Sie haben sich vor mehreren Tagen auf dem Gipfel in einem verlassenen

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