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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Büschen, als sie bergauf liefen.
    »Ist dir eigentlich aufgefallen, dass die schwarzen Weiber die gleiche Sprache sprechen wie wir?«, keuchte Abdul nach der halben Strecke und wechselte in den Schritt. Offenbar war er erschöpft, wollte dies aber nicht zugeben und begann deshalb mit einer Unterhaltung.
    Aruula hatte die Vermummten noch nicht sprechen hören, aber das brauchte sie Abdul nicht auf die Nase zu binden. Sie verminderte ebenfalls ihr Tempo. »Was schließt du daraus?«
    »Eine Hafenratte hat erzählt, dass ihr Schiff von Süden gekommen ist«, berichtete Abdul. »Im Südosten liegen zwei Inseln, auf denen unsere Sprache gesprochen wird. Die größere ist Australien, die andere Tasmanien. Das heißt, heute nennt man sie Ausala und Tasman. Dort wird ihre Heimat sein.«
    »Ah.« Aruula vermochte mit der Information wenig anzufangen, aber sie merkte sich die Namen der Inseln. Dort musste sich auch der brennende Felsen befinden.
    Das Klostertor tauchte vor ihnen auf. Das Fallgitter war hochgezogen. Aruula sah niemanden, der das Tor bewachte.
    Aber das musste nichts heißen, denn sie konnte schließlich nicht um die Ecken sehen.
    Sie und Abdul pirschten sich argwöhnisch heran. Kurz bevor die Vegetation sich lichtete, schob Hakaan plötzlich seine Nase aus einem Gebüsch. »Pschhht!«
    Aruula und Abdul verharrten. »Wo sind Mourat und Hoosni?«, fragte Abdul Nadjibullah.
    Hakaan deutete auf das Tor. »Reingegangen.«
    »Wann?«
    »Vor einer Viertelstunde.« Hakaan wirkte verlegen; vermutlich fürchtete er sich vor der Frage, warum er nicht mitgegangen war. »Mourat hat gesagt, ich soll hier auf dich warten, Onkel…«
    Abdul knurrte. Es gefiel ihm wohl nicht, dass seine Stiefsöhne das Kloster allein betreten hatten. Traute er ihnen zu, dass sie den vermeintlichen Edelstein stahlen und dann verschwanden, ohne mit ihm und den anderen zu teilen? »Los, wir müssen hinterher!«
    »Ich kenne einen besseren Weg!« Aruula lief ihnen voraus zu der Ecke, an der noch das Seil hing, und kletterte flink wie eine Katze nach oben. Nach den ersten fünf Metern schaute sie hinab. »Was ist mit euch?« Ihr Maulhelden…
    Die beiden Männer drucksten herum. Entweder war – wie schon vermutet – Klettern nicht ihre Stärke oder sie hatten Höhenangst. Aber natürlich durften sie einer Frau keine Schwäche eingestehen.
    Aruula seufzte. Sie hatten keine Zeit, um darüber zu diskutieren. »Geht durch das Tor«, sagte sie, um ihnen eine Brücke zu bauen. »Vielleicht ist es besser, wenn wir deinen Söhnen aus zwei Richtungen zu Hilfe kommen.«
    Abdul nickte, packte den Ärmel seines Stiefsohns und eilte um die Ecke, zum Tor zurück.
    Als Aruula hinter ihnen herschaute, teilten sich unter ihr die Büsche. Suúna trat ins Freie und blickte sich suchend um.
    »Suúna!« Aruulas überraschter Ausruf ließ die Diebin zusammenzucken. Sie hob den Blick und zog eins der Messer an ihrem Gürtel. Ihre eigentümlich leidenschaftslose Miene sagte Aruula, dass mit ihr etwas nicht stimmte.
    »Was ist mit dir los?« Aruula runzelte die Stirn.
    Suúna fauchte wie eine Katze. Dann lief sie auf die Mauer zu. Dass sie unter dem Einfluss einer fremden Macht stand, war unübersehbar: Sie reagierte nicht auf Aruulas Worte, und ihr verzerrtes Gesicht ließ nur den Schluss zu, dass sie nicht Herrin ihrer Sinne war.
    Rasch griff Aruula unter sich und raffte das Seil hoch, sodass Suúna es nicht erreichen konnte. Nach dem Verhalten der Vermummten im Dorf glaubte sie zu wissen, wer Suúna steuerte: die Daa'murin im Kristall. Aber Suúna war keine der schwarzen Frauen, die die Übernahme anscheinend schadlos überstanden. Wie es ausging, wenn ein Daa'murengeist auf einen normalen Menschen übergriff, wusste Aruula nur zu gut.
    Vermutlich war ihr Hirn bereits geschädigt.
    Suúna ließ sich von dem gerafften Seil nur kurz aufhalten.
    Sie klemmte sich die Messerklinge zwischen die Zähne und stürzte sich auf die Außenwand des Klosters.
    Aruula riss die Augen auf, als sie Suúnas Finger- und Stiefelspitzen in die Mauerfugen greifen sah. Im Nu hatte die Diebin den ersten Meter überwunden. Wie eine Spinne kletterte sie nach oben.
    Die Daa'murin bediente sich hemmungslos Suúnas Kraftreserven. Es würde nicht lange dauern, bis der Körper den Dienst versagte, bis das Herz stocken würde.
    Aruula zögerte nicht länger. Sie überwand die letzten Meter Seil und schwang sich in die Wandöffnung hinein. Dann huschte sie durch den Raum und nahm den Säbel der tot

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