1700 - Möbius
halbmaterielle Labyrinth war auf der anderen Seite exakt das gleiche. Sonst aber wies die Umgebung keine Ähnlichkeit mit der Monochrom-Welt auf. Ein fürchterlicher Sturm aus Methan, Wasserstoff und Ammoniak zerrte an den Gliedern des Kyberklons.
Trotz ihrer Kompaktkonstitution brauchten die Spindelwesen die Anzüge, sonst hätte der Sturm sie fortgeweht.
„Ihr bleibt alle hier", signalisierte Voltago. „Nur nicht du, Vierzehn. Das ist deine Welt." Eine bullige Frau mit hübschem Gesicht und grauen Augen folgte dem Kyberklon, während alle anderen im Labyrinth zurückblieben, wie er befohlen hatte.
Natürlich hatte Nummer Vierzehn den Planeten schon einmal betreten. Damals hatte sie nicht gefühlt, daß sie hierhergehörte.
Heute aber war sie mit den anderen, Voltago und Moira vernetzt.
Das setzte in ihr neue Fähigkeiten frei. Seit den Tagen auf Charon besaß sie eine starke Bindung zu ihrer Domäne, die in diesem Moment endgültig aktiviert wurde.
Der Übergang lag im Zentrum einer vielfach sich verzweigenden Landebahn. Vor langer Zeit hatte es hier Raumschiffsverkehr gegeben, allerdings von wenig hochstehender Sorte. Moderne Raumer benötigten keine Landebahn, sondern höchstens einen Stellplatz. Die kilometerhohen Stahlskelette, die zwischen den Bahnen aufragten, vermittelten einen schwachen Abklatsch vergangener Wucht.
Vierzehn ging wie in Trance neben ihm her.
„Erkennst du deine Heimat?" fragte Voltago stumm.
Und sie antwortete ebenso: „Ja, ich erkenne sie. Schon auf Charon habe ich die Aura dieser Welt in mich aufgenommen. Deine Nähe, Voltago, setzt in mir weitere Informationen frei. Sechs hat dich einen Feinmechaniker genannt. Das war kein elegantes Wort, aber es trifft die Wahrheit.
Ich weiß jetzt, daß ich am Endpunkt meiner Reise bin." Lange Zeit erkundeten sie ohne Ziel die verlassenen Bahnen, durchquerten die Felder der Stahlskelette und drangen in die Überreste von einstmals prallgefüllten Lagerhallen ein. Voltago wußte, daß er Vierzehn Zeit lassen mußte. Eine Stunde, zwei... Jeder Sampler-Planet wies eine markante Eigenstrahlung auf, die nur ein Spindelwesen erkennen konnte, das tatsächlich am richtigen Ort war. Vierzehn sog diese Strahlung wie eine Verdurstende in sich auf.
Und der Kyberklon wirkte wie schon auf Charon als Katalysator, der die Strahlung freisetzte.
„Was siehst du?" wollte der Kyberklon lautlos wissen.
„Schemen der Vergangenheit, Voltago. Lebendige Raumschiffe über dieser Welt. Träumende Segler. Die in Methan und Wasserstoff zerschellen und sterben. Deren Rümpfe geplatzt sind, deren Schutzfelder zerbrechen. Giftige Gase dringen ein. Ich spüre den Tod von Millionen Wesen. Dies hier war ein Schlachtfeld, in ferner Vergangenheit. Es ist alles in der Aura des Planeten enthalten. Ich kann die Geschichte meiner Domäne lesen wie einen Speicherkristall. Ich nehme jedes Atom in mich auf, und ich verbinde mich mit dem, was mir gehört." Vierzehn machte eine winzige Pause. Dann fügte sie hinzu: „Da ist dieses Element, das nicht existieren dürfte. H5 in stabiler Form ... Ich ahnte nicht, daß dieses Paradoxon mir Schmerzen zufügen würde. Wir haben lange darüber nachgedacht und uns doch geirrt. Die volle Wahrheit erkenne ich erst jetzt: H5 ist ein zentrales Element. Ich werde meine Welt zerstören, Voltago." Es waren die letzten Worte, die sie über ihre Augen schickte. Die Frau verließ die Landebahn und wanderte ohne sichtbares Ziel in die Natur der Giftgaswelt hinaus. Nun, da sie die Nähe ihrer Artgenossen beraubt war, wirkte sie unsicher und verletzlich.
Der Klon hütete sich, jetzt noch ein überflüssiges Wort zu sagen.
Ich werde meine Welt zerstören ... Was hatte sie gemeint? Voltago drehte um. Mit den Wadenblöcken beschleunigte er auf hohe Geschwindigkeit und hielt so schnell wie möglich auf den Übergang zu. Keine Zeit verlieren! Den Spindelwesen teilte er mit, daß Vierzehn ihr Ziel erreicht habe. Voller Erregung nahmen sie die Nachricht zur Kenntnis.
Aber da war auch eine dissonante Schwingung. Er war sicher, daß sie von Zehn kam. Voltago musterte intensiv das derbe Gesicht, die knabenhafte Figur - und stellte nicht das geringste Zeichen fest, das seinen Verdacht untermauerte.
Statt dessen bemerkte er etwas anderes. Seine Körpertemperatur war erneut gestiegen, diesmal um den Betrag von 13 Grad.
*
Spindelwesen Nummer Sieben wäre der Prototyp eines asketischen Terraners gewesen, mit vorspringender Hakennase und hartem,
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