1705 - Mein Job in der Horror-Höhle
und wollte zur Tür gehen. Suko hielt ihn zurück.
»Nicht so schnell, wir haben hier das Sagen.«
Hellman gehorchte tatsächlich, nachdem Suko ihn gegen die Wand gestoßen hatte. Danach nickte er mir zu und ich ging zu ihm.
»Bist du einverstanden?«
»Ich denke schon.«
»Dann können wir uns auf den Weg machen.«
»Und ich komme mit!«
Judys schrille Stimme erreichte uns. Sie war noch immer angeschlagen und eilte auf uns zu. »Ich will nicht allein hier in diesem Haus bleiben. Das – das – kann mir keiner zumuten.«
Ich wollte sie beruhigen. »Sie haben doch bestimmt Freunde hier im Ort, wo sie bleiben können, und …«
»Ja, die habe ich.«
»Dann …«
Sie ließ mich nicht ausreden und fasste mich an. »Das will ich aber alles nicht. Man wird mich fragen. Soll ich denen dann die Wahrheit sagen oder was?«
»Am besten gar nichts.«
»Ich kann nicht lügen, John. Man kann mir doch ansehen, dass es mir nicht gut geht. Ich muss einfach mit.«
»Und an die Gefahr denken Sie nicht?«
»Doch, doch!« Sie starrte mir ins Gesicht. »Aber Sie sind ja bei mir. Bisher haben Sie es auch geschafft, dass mir nichts passierte. Und so …«
Ich winkte ab. »Schon gut, Judy …«
»Und jetzt?«
Das Zittern in ihrer Stimme hatte ich nicht überhören können, und meine Entscheidung stand fest.
»Sie können mit.«
Schlagartig änderte sich ihr Verhalten. Ihre Angst verschwand. Sie atmete auf und fiel gegen mich.
»Ich – ich – werde noch verrückt. Was ich hier erlebt habe, ist einfach zu viel. Das kann doch kein Mensch verkraften, der mit so etwas noch nie etwas zu tun gehabt hat.«
»Stimmt. Es ist schwer.«
»Ich will, dass es aufhört. Dass diese Kreaturen nicht mehr vorhanden sind.«
Ich ging darauf nicht ein. Allerdings erklärte ich ihr, dass sie sich auf keinen Fall durch eventuelle Alleingänge in Gefahr begeben sollte.
Sie versprach es.
Bevor wir das Haus verließen, kümmerte ich mich um den Punk. Von oben her schaute ich in sein Gesicht. Die Haut war grau geworden, fiel aber nicht in sich zusammen. Der Mann sah nur sehr alt aus, und er war nicht mehr am Leben. Ihn hatte das Schicksal getroffen, das jeden Halbvampir traf, wenn er mit einer magischen Waffe konfrontiert wurde.
Suko war schon an der Tür. »Gehen wir?«, rief er.
»Ja.«
Hinter ihm und Hellman verließen wir das Haus. Judy Gruber hielt meine rechte Hand fest. Trotz des Körperkontakts konnte sie das Zittern nicht unterdrücken, und ich hoffte nur, dass ich sie aus dem Gröbsten heraushalten konnte …
***
Suko fuhr wieder, neben ihm saß Judy Gruber, die ihm auch einige Anweisungen geben wollte.
Ich hockte neben Hellman auf dem Rücksitz. Der Halbvampir hatte sich in die Ecke gedrückt, als wäre ich jemand, von dem eine große Ansteckungsgefahr ausging.
Irgendwie traf das auch zu, denn ich besaß eine Waffe, die mir einen besonderen Schutz bot. Es war das Kreuz, das der Halbvampir noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Wahrscheinlich spürte er seine Aura, und deshalb hütete er sich davor, mir zu nahe zu kommen. In seinem Gesicht zuckte es immer wieder mal. Manchmal fletschte er auch seine angespitzten Zähne, um diese zu zeigen. Wahrscheinlich machte es ihn verrückt, neben einem Menschen zu sitzen, durch dessen Adern die Nahrung floss, die ihn stark machte.
Ich war sicher, dass er mich nicht angreifen würde. Zudem hatte er seine Waffen verloren. Meine Gedanken drehten sich mehr um das, was vor uns lag, und da ließ mich ein bestimmter Name nicht los.
Will Mallmann!
Was wir von ihm gehört hatten, das musste den Tatsachen entsprechen, das hatten sich die Halbvampire nicht aus den Fingern gesaugt. Davon ging ich einfach aus. Das musste wahr sein, obwohl ich noch immer daran zweifelte.
Den Ort hatten wir mittlerweile verlassen. Als ich aus dem Fenster schaute, glitt mein Blick durch die hügelige Landschaft. Weiter vorn ragten die dunkleren Felsen aus den Anhöhen, deren Gestein leicht glänzte.
Sie boten ein wildes und unruhiges Bild, eine nicht immer gerade verlaufende Wand aus Zackenmustern, die unter einem bleigrauen Schneehimmel darauf wartete, wieder weiß zu werden.
Noch fielen keine Flocken, und auch der Weg war befahrbar, obwohl es keinen richtigen gab. Wir rollten durch das Gelände und hatten Glück, dass es auf der leicht ansteigenden Strecke keine steinernen Hindernisse gab, die uns aufgehalten hätten.
Das allerdings änderte sich bald, als die bräunliche Grasnarbe verschwand und die
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