1707 - Das Rätsel der toten Bücher
Der Meinung waren wir zu dritt.
Bill Conolly schlug mit der flachen Hand auf seinen Oberschenkel. »Welchen Weg gibt es noch?«
»Der ist verschwunden«, meinte Suko, bevor er mich anschaute und weitersprach. »Kann es sein, dass du der Weg bist, John?«
Ich konnte seinem Gedankengang im Moment nicht folgen und fragte: »Wie kommst du darauf?«
»Es liegt auf der Hand. Du hast die beiden Bücher an dich genommen. Die Totenbücher, oder egal, wie man sie ansieht. Die sind wichtig für Teresa. Sie ist sogar über Leichen gegangen, um sie in ihren Besitz zu bringen, denk an den armen Link Morton. Das dürfen wir nicht vergessen.«
»Und sie hat bestimmt nicht aufgegeben«, fuhr Bill Conolly fort. »Sie will die Bücher sicher zurückhaben und wird alles dafür tun. Zum Beispiel, Jagd auf dich machen.«
»Dann bin ich der ideale Lockvogel.«
»Genau, aber nimm es nicht zu locker«, warnte Suko.
Ich wirkte ab. »Nun ja, bisher habe ich sie abwehren können, und ich denke, dass mir das auch noch ein zweites oder drittes Mal gelingt. Ich frage mich allerdings nur, wie sie das anstellen will und wo sie eigentlich steckt.«
Bill deutete auf den Bildschirm. »Im Internet bekommst du nichts über sie raus.«
»Ja, das ist nicht allmächtig.«
»Abwarten«, erklärte Suko. »Einfach nur abwarten. Und wenn ich daran denke, was mit der Cavallo passiert ist, ist das, was wir jetzt an Problemen haben, fast unbedeutend. Sie wird dich irgendwann in der nächsten Zeit besuchen, und dort habt ihr wieder das gleiche Problem. Du hast die Bücher, sie will sie haben. Ich kann mir auch vorstellen, dass sie lange nach ihnen gesucht hat. Jetzt, wo sie weiß, wer sie hat, wird sie nicht mehr aufgeben.«
Ich hatte die beiden Bücher zur Seite gelegt und schaute sie an. Sie fielen schon wegen ihres Umschlags auf, obwohl der Einband nicht in einem hellen Rot leuchtete. Er war wohl im Laufe der Zeit nachgedunkelt, sodass ein Stich ins Violette hinzukam.
Ich setzte mich in einen Sessel und nahm das erste Buch zur Hand.
In alter Schrift und auch in einer sehr blumenreichen Sprache war aufgeführt worden, welche Hexen man dem Feuer oder den Folterknechten überlassen hatte. Es waren nicht wenige, und jede getötete Frau war ein Abbild einer grausamen Zeit. Manchmal gab es zu den einzelnen Schicksalen sogar die entsprechende Geschichte. Da erfuhr der Leser dann, was die einzelnen Frauen getan hatten.
Je weiter ich blätterte, umso mehr setzte sich bei mir die Überzeugung fest, dass ich auch etwas über Teresa finden würde. Und ich hatte Glück.
Auf der drittletzten Seite las ich den Namen Teresa. Auch über sie las ich eine Geschichte, es war die, die wir auch im Netz gefunden hatten. Nur ein wenig ausführlicher. Hier wurde Teresa als eine der schlimmsten Personen angesehen, weil sie sich von der Mutter Kirche getrennt hatte. Aus dem Kloster war sie geflohen. Ob sie ihren Bräutigam erst danach kennengelernt hatte, darüber stand nichts geschrieben. Jedenfalls war sie dem Tier verfallen, wie ich wörtlich vorlas.
Das Bild schaute ich mir ebenfalls genau an. So kannte ich sie. Harmlos aussehend in ihrem schlichten Kleid. Aber auch die anderen Frauen hatten nicht schlimm ausgesehen. Grausam war nur das, was man mit ihnen gemacht hatte.
Wir hatten unsere Informationen. Es waren trotzdem zu wenige. Es ging nicht daraus hervor, wie sich Teresa wohl verhalten würde, und deshalb war meine Frage eine völlig natürliche Reaktion.
»Wo können wir noch mehr über sie erfahren?«
Bill und Suko verdrehten die Augen. »Darüber haben wir gesprochen. Wir wissen es nicht.«
Ich gab nicht auf und fragte weiter: »Wer kennt sich mit Hexen aus?«
Es blieb für eine kurze Phase still, dann lachte Bill leise auf und meinte: »Jane Collins.«
»Quatsch.«
»Moment, John, Jane war mal eine Hexe.«
»Ja, war!«
Der Reporter gab nicht auf. »Denk daran, dass in ihr noch wenige latente Hexenkräfte schlummern.«
»Das weiß ich. Und?«
»Ich kann dir nichts Genaues sagen, John. Aber wäre es nicht möglich, dass Jane versuchen könnte, ihre Kräfte zu mobilisieren und so einen Kontakt zu Teresa herzustellen?«
Ich runzelte die Stirn. Der Vorschlag war da. Wenn ich ehrlich sein sollte, erschien er mir schon ein wenig abwegig. Es gab tatsächlich eine Zeit, da war Jane auf der anderen Seite zu finden gewesen. Ja, die Hölle hatte sie zu einer Hexe gemacht. Sie hatte dann gerettet werden können, aber tief in ihrem Innern schlummerten noch
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