1718 - Die Messerkatze
Dazwischen befand sich ein Weg, und an den Rückseiten der Häuser waren die Gehege angebracht worden, damit die Tiere Freilauf hatten. Da die Temperaturen gestiegen waren, konnten die Türen geöffnet werden, um die Tiere ins Freie zu entlassen.
Jetzt liefen sie unter freiem Himmel, freuten sich, was auch am Bellen der Hunde zu hören war, denn sie hatten ihren Spaß.
Rick Morelli wollte sich zuerst das Katzenhaus vornehmen. Er dachte daran, dass sich seine Kollegin Judy verspätet hatte, was bei ihr selten vorkam.
Morelli öffnete die Tür zum Katzenhaus. Da unter der Decke das Licht brannte, hatte er alles gut im Blick. Der Gang war leer. An der linken Seite befanden sich die Käfige für die Katzen.
Er selbst mochte das Wort Käfig nicht. Für ihn waren es Zimmer, die die Tiere bewohnten. Die Klappen, durch die die Katzen an der Rückseite ins Freigehege gelangten, standen jetzt offen. So kam es zu einem stetigen Huschen ins Freie und umgekehrt.
Und es gab das größte Katzenzimmer, durch das man allerdings nicht ins Freie gelangte. Es war mehr eine Landschaft, die jemand hier geschaffen hatte.
Es gab Hügel, auch ein paar Äste und Hindernisse, über die die Katzen klettern konnten. In den kleinen Häusern konnten sie sich verstecken, und Wasser war auch genügend vorhanden.
Auch diese für die Katzen angenehme Umgebung war durch eine vergitterte Tür zu erreichen, die allerdings einen freien Blick zuließ.
Den genoss auch Rick Morelli.
Dann aber stockte ihm der Atem.
Er konnte nicht fassen, was er da zu sehen bekam.
Die Katzen hatten Besuch herkommen, und zwar von einem Menschen. Julie Price war bei ihnen. Das war nicht mal unnormal, doch als Rick sah, wie seine Kollegin aussah, verschlug es ihm die Sprache …
***
Nie hatte er Julie Price in dieser Aufmachung gesehen. Sie war nicht nackt, aber sie wirkte beinahe so. Sie trug Stiefeletten und ihre Brüste wurden von einem BH aus Fell verdeckt. Hinzu kamen die Stulpen und die schwarze Halbmaske vor den Augen, die farblich im krassen Gegensatz zu den roten Haaren stand.
Auch nach einigen Sekunden zeigte Rick Morelli keine Reaktion. Die überließ er seiner Kollegin, denn sie verhielt sich seiner Meinung nach nicht normal. Sie bewegte sich halb nackt durch den großen Käfig und sie ging dabei nicht aufrecht, sondern lief auf Händen und Füßen, ohne einen Laut von sich zu geben.
Julie ahmte eine Katze nach, zumindest in ihren Bewegungen. Und die waren so geschmeidig, dass sie durchaus mit denen einer normalen Katze zu vergleichen waren.
Rick Morelli verstand die Welt nicht mehr. Er wollte etwas sagen und Julie ansprechen, doch die Stimme versagte ihm, und so konnte er nur staunend die Kollegin anstarren, die sich zwischen den Katzen bewegte, als wäre sie eine von ihnen. Manchmal schnappte sie sich ein Tier, küsste es und legte es dann auf ihren Rücken, von wo die Katze sofort verschwand und sich wieder zu ihren Artgenossen gesellte.
Er schüttelte den Kopf. So etwas hatte er noch nie gesehen, doch ein Lachen blieb ihm im Hals stecken.
Er wunderte sich nicht nur über das Verhalten seiner Kollegin, sondern auch über das der Katzen, die Julie aus dem Weg zu gehen schienen.
Neben einem grauen, schief liegenden Baumstumpf blieb Julie Price hocken. Sie schaute nach vorn, sie musste den Kollegen sehen, sah ihn auch, doch sie reagierte nicht darauf. Ihre Blicke trafen sich.
Jetzt bemerkte Rick die Veränderung in den Augen, die ganz anders schimmerten.
Er fasste sich ein Herz und sprach sie an.
»Bitte, Julie, was ist mit dir? Was hast du vor?«
Sie hob den Kopf und lachte. Es hörte sich an wie ein leises Fauchen, was Rick schon irritierte. Er gab sich trotzdem normal, grinste, nickte ihr zu und sagte: »Toll, dass du da bist. Der Chef ist schon gegangen, jetzt haben wir die Verantwortung übernommen.«
»Das weiß ich, Rick.«
»Gut.« Er hob verlegen die Schultern. »Ich denke, dass wir besprechen sollten, wie es in den nächsten Stunden weitergeht. Teilen wir den Job wieder auf? Du kümmerst dich um die Katzen, ich werde mir die Hunde vornehmen.«
Mit einer ruckartigen Bewegung stellte sich Julie hin.
Rick Morelli sah sie jetzt in ihrer vollen Größe. So hatte er ihren Körper noch nie anschauen dürfen. Es machte ihr nichts aus, und eigentlich hätte es ihn anmachen müssen, doch das war nicht der Fall.
Sein Misstrauen blieb, denn alles, was seine Kollegin tat, war nicht normal. Sie hatte sich sonst ihm gegenüber nie auf diese
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